Birk Grüling

Wissenschaft für kleine und große Leser:innen, Buchholz

Keine Abos und 16 Abonnenten
Artikel

SZ–Kinder: Erdbeben Krrrks!

Bis 9.000 Erdbeben gibt es pro Tag auf der Welt. Sie dauern nur wenige Minuten, manchmal auch nur Sekunden. Viele dieser Beben spüren wir gar nicht. Die schwersten von ihnen können aber ganze Städte zerstören. Doch wie entstehen sie eigentlich und warum kann man sie nicht voraussagen? 



Von Birk Grüling

Plattenaufbau

Jeden Tag gibt es etwa 9 000 Erdbeben auf der Welt. Die meisten davon sind so schwach, dass sie niemand spürt. Dass die Erde so oft bebt, liegt an ihrer Oberfläche: Die Erdkruste besteht aus acht großen und vielen kleinen Platten. Weil sie ständig in Bewegung sind, reiben diese Platten aneinander. Manchmal verkeilen und verklemmen sie sich dabei, dann baut sich Spannung auf. Wird die zu groß, reißen sie mit Karacho wieder auseinander - und bei diesem Ruck bebt die Erde. Oft ist dann die Rede vom Epizentrum des Erdbebens. So nennt man den Punkt an der Erdoberfläche, der genau über dem Erdbebenherd liegt.

Die Stärke von Erdbeben wird mithilfe eines Seismografen gemessen. Dieses Gerät besteht aus einem festen Gewicht, einer beweglichen Halterung und einer Papierrolle. Darauf werden Linien gezeichnet. Ist die Linie gerade, ist alles ruhig. Bei der kleinsten Bewegung aber wird sie zackig - dafür reicht es schon, in dem Raum, in dem das Gerät steht, auf und ab zu springen. Für die Stärke von Erdbeben gibt es eine Skala mit zwölf Stufen. Ausgedacht hat sie sich der Forscher Charles Richter vor fast 100 Jahren. Bei Stärke zwei oder drei spürt man nur ein leichtes Ruckeln unter den Füßen, von sieben oder acht an handelt es sich schon um sehr starke Beben. Das heftigste je gemessene Erdbeben wurde in Chile aufgezeichnet und hatte eine Stärke von 9,5.

Schütteldom

In Deutschland gibt es nur sehr selten spürbare Erdbeben. Und selbst die sind meist harmlos: Als 1992 bei Köln die Erde bebte, fiel im Dom ein Bild von der Wand, Häuserwände rissen und Dachziegel fielen auf Autos. Wir haben das Glück, mitten auf einer sehr großen Erdplatte zu leben. Dort ist es ruhig und sicher. Am Rande zweier Platten bebt die Erde deutlich häufiger und heftiger. Deshalb gibt es die meisten Erdbeben in China, Japan, Indonesien, der Türkei und in Iran.

Rätselraten

Könnte man Erdbeben genauso genau wie das Wetter vorhersagen, wäre die Welt sicherer. Leider wissen Forschende nur, wo die Erdbebengefahr besonders hoch ist - aber nicht, ob es das nächste Mal in 20 Minuten oder in 20 Jahren bebt. Zwar gibt es zum Beispiel in Mexiko, den USA oder Japan Frühwarnsysteme - aber auch die schenken den Menschen nur ein paar Sekunden Zeit, um sich in Sicherheit zu bringen.

Katastrophensinn

Tiere scheinen es besser zu können. Vögel und Ziegen werden vor Vulkanausbrüchen unruhig, Schlangen erwachen aus dem Winterschlaf, wenn ein Erdbeben droht. Elefanten fliehen vor großen Flutwellen. Forschende beobachten deshalb Tiere, die an Orten mit besonders vielen Erdbeben leben - zum Beispiel mithilfe von Satelliten und Sendern, die ihre Bewegungen aufzeichnen. Mit etwas Glück könnte das in Zukunft dabei helfen, früher vor Erdbeben zu warnen.

Bebenregeln

Feueralarm wird an deutschen Schulen regelmäßig geübt. In den USA oder Japan gibt es für Schülerinnen und Schüler zusätzlich Erdbebenalarm: Im Ernstfall kann man sich zum Beispiel unter einem Tisch in Sicherheit bringen oder in einen Türrahmen stellen. Erst wenn das Beben vorbei ist, sollte man das Gebäude verlassen. Tabu sind Treppenhäuser, Fahrstühle, Brücken oder Tunnel - weil sie besonders schnell einstürzen. Wer gerade draußen ist, sollte nicht in ein Gebäude fliehen. In Japan gibt es zudem Erdbeben-Simulatoren. Das sind Sessel, in denen man sich festschnallen und Beben aus der Geschichte des Landes nachspüren kann. Ganz schön ruckelig fühlt sich das an, ein bisschen wie Rodeo auf einem mechanischen Bullen. Und ein bisschen unheimlich ist es auch - zumal auch das große Beben von 2011 simuliert werden kann, das zum Atomunfall in Fukushima geführt hat.

Hüpfburgen für Häuser? Gibt es: Unter manchen japanischen Häusern gibt es Luftkissen. Bebt die Erde, pumpen sie sich schnell auf. Das Haus wird angehoben und bewegt sich mit dem Beben, die Wände können nicht einstürzen. Ein Museum in Neuseeland wiederum steht auf knapp 150 Gummisockeln. Auch sie bewegen sich bei einem Erdbeben einfach mit und schützen so das Gebäude. Der höchste Wolkenkratzer Mexikos wird von Stahlträgern gesichert, die 40 Meter tief in die Erde ragen. Umkippen oder Einstürzen ist da fast ausgeschlossen. Und in Taiwans Hauptstadt Taipeh wurde ein mehr als 500 Meter hohes Gebäude gebaut, in dem eine riesige, goldglänzende, tonnenschwere Kugel hängt. Bei einem Erdbeben soll sie hin und her pendeln und so sämtliche Bewegungen der Erde ausgleichen. Fies: Die Erde bebt oft in Ländern, in denen die Menschen zu arm sind, um ihre Häuser sicher genug zu bauen. Oder in denen der Staat kein Geld für ordentlichen Erdbebenschutz ausgeben will. Dadurch sterben oft noch mehr Menschen. So war es auch bei dem großen Erdbeben in Syrien und der Türkei Anfang Februar. Viele Menschen in der Türkei sind nun so wütend, dass nach dem echten Erdbeben ein politisches folgen könnte: Am Sonntag in zwei Wochen sind dort Wahlen und das Beben hat kräftig an den Umfragewerten von Präsident Recep Tayyip Erdoğan gerüttelt. Stürzt seine Macht in sich zusammen?

Zum Original