Birk Grüling

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SZ Kinderseite: Da fehlt doch was

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Und auf was könntest du verzichten? Zehen? Fingernägel? Zunge? Oder bräuchten wir eher einen dritten Arm? Illustration: Pat Thomas

Von Birk Grüling

Hirnlose Quallen

Quallen leben schon seit 600 Millionen Jahren im Meer. Und das, obwohl sie weder Herz noch Hirn besitzen. Auch Blut haben sie keins. Ihr Körper besteht aus zwei hauchdünnen Schichten: Außen sitzen Sinnesorgane, innen Magen und Darm. Ihre Beute fangen sie mit Fangarmen, in denen sich Beutetiere verheddern und zusätzlich durch Gift am Wegschwimmen gehindert werden. Einige Quallen sind so giftig, dass sie sogar einen Menschen töten könnten. Andere sind nahezu unsterblich oder können sich bei Nahrungsmangel teilweise sogar selbst verdauen. Wer braucht bei solchen Superkräften schon ein Gehirn?

Augenlose Spinnen

Eine Schönheit ist die Riesenkrabbenspinnenart, die in einer Höhle in Laos entdeckt wurde, nicht gerade: Farblos weiß ist ihr Körper, dazu haarig und mit sechs Zentimeter Länge auch noch größer als die meisten Spinnen aus unserem Garten. Trotzdem sorgt die Spinne unter Forschenden für große Begeisterung: Sie hat nämlich nicht wie die meisten Spinnen viele Augen, sondern gar keine. Die braucht sie in den dunklen Höhlen auch nicht. Maulwürfe oder Grottenolme sind schließlich auch fast blind.

Mundlose Würmer

Auf den ersten Blick sieht der Riesenröhrenwurm nicht mal aus wie ein Tier. In etwa 2500 Meter Tiefe, ganz unten im Meer steckt er in weißen Röhren, bleibt immer am gleichen Ort und hält lange, blutrote Tentakel in die Strömung. Damit fängt der Wurm aber weder Fische noch Krebse. Er hat nämlich weder Mund noch Verdauungsorgane. Dafür leben in seinem Körper besonders viele Bakterien. Die Winzlinge und der Wurm helfen sich gegenseitig: Er filtert mit seinen Tentakeln Chemikalien aus dem Wasser, und sie machen daraus Nahrung für sich und ihre Wurm-Behausung.

Nasenlose Wale

Wale haben keine richtige Nase. Sie atmen durch ihre Blaslöcher, die oben auf dem Kopf sitzen. Das ist praktisch. So muss nicht das ganze Tier zum Atmen auftauchen, sondern nur ein kleiner Teil. Fast könnte man sagen: Nur mit der Nasenspitze. Beim Tauchen sind die Blaslöcher verschlossen, damit kein Wasser reinläuft. Riechen können Wale nicht. Aber im Meer stinkt es vermutlich ohnehin. Bisschen faulig, muffig, ölig, fischig - Richtung: nasser Hund. Dafür können sie mit der Zunge das Meerwasser geschmacklich erkunden und spüren ihre Beute mit Hilfe von Schallwellen auf.

Zahnlose Ameisenbären

Ein Ameisenbärenleben hätte sicherlich ein paar Nachteile. Man sähe etwas merkwürdig aus, würde nicht viel älter als 14 und - wie der Name verrät - man würde den ganzen Tag Ameisen und Termiten essen müssen. Immerhin: Als Ameisenbär müsst man auch nie wieder Zähne putzen. Schließlich muss man, um Ameisen und Termiten zu verspeisen, nicht viel kauen. Deshalb haben Ameisenbären überhaupt keine Zähne. Mit ihren kräftigen Krallen knacken sie stattdessen die Bauten der Insekten und stecken dann ihre Zunge hinein. Die Ameisen bleiben an ihrem klebrigen Speichel hängen und werden im Mund abgestreift. Gematscht wird das Essen dann von einem Magenpförtner. Immerhin verputzt ein ausgewachsener Ameisenbär bis zu 35 000 Ameisen und Termiten pro Tag.

Ohrlose Schlangen

Eine Schlange mit großen Ohren, wie sie eine Fledermaus oder ein Hund haben? Sähe komisch aus. Tatsächlich hören Schlangen auf klassischem Weg nicht besonders gut. Stattdessen nehmen sie mit ihrem Unterkiefer selbst kleinste Erschütterungen im Boden wahr, sogar die Richtung der Bewegungen spüren sie genau. Der Trick: Die zwei Hälften ihres Unterkiefers sind nicht miteinander verbunden. Kommt eine mögliche Mahlzeit von rechts, spürt die rechte Kieferhälfte die Schritte eher als die linke. Und los!

Pelzlose Nacktmulle

Nacktmulle haben faltige Haut und schiefe Zähne, winzige Augen und kleine Ohren. Ein Fell haben sie nicht - schließlich heißen sie nicht umsonst Nacktmulle. Brauchen sie aber auch gar nicht. Die Nager leben unterirdisch, und zwar unter den Halbwüsten Ostafrikas. Der harte Boden dort ist warm. Unter dichtem Fell würden sie beim Graben nur die ganze Zeit schwitzen. Was ihre Hässlichkeit fast vergessen lässt: Nacktmulle sind Superhelden. Sie altern kaum, sind gegen viele Krankheiten immun, spüren keinen Schmerz und können bis zu 18 Minuten die Luft anhalten.

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