Birk Grüling

Wissenschaft für kleine und große Leser:innen, Buchholz

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Zoo - ja oder nein?

Wir Deutschen lieben unsere Zoos und Tierparks. 700 Stück gibt es hierzulande, über 40 Millionen Besucher verzeichnen sie pro Jahr. Volker Homes leitet den Verband der Zoologischen Gärten e.V. (VdZ) und vertritt damit die größten des Landes. "Zoos dienen längst nicht nur der Unterhaltung, sondern leisten einen wichtigen Beitrag in Sachen Artenschutz, Forschung und Umweltbildung", sagt er.

Gitterstäbe als Schutzraum?

Tatsächlich sind viele Tierarten in freier Natur vom Aussterben bedroht, ein Schutzraum wie im Zoo erscheint sinnvoll. Das entsprechende Zuchtprogramm in Europa umfasst mehr als 285 Arten. Ziel ist eine gesunde Population, die irgendwann vielleicht sogar ausgewildert werden könnte. Bei ein paar Tieren hat das schon geklappt, bei dem europäischen Wisent zum Beispiel, dem Przewalski-Pferd oder dem Breitmaulnashorn.

Unter den 3000 Tieren, die Tierparks und Zoos jährlich auswildern, sind allerdings heimische Arten wie der Feldhamster oder die europäische Sumpfschildkröte. Sicher ist ihr Erhalt wichtig, allerdings sterben pro Tag bis zu 150 Tier- und Pflanzenarten aus. Zoos werden dieses Artensterben kaum aufhalten können. Artenschutz muss vor Ort stattfinden. Homes verweist auf die finanzielle Unterstützung für Schutzprogramme. Acht Millionen Euro spenden die 70 VdZ-Mitglieder pro Jahr - verhältnismäßig wenig, wenn man die Kosten für die Bekämpfung von Wilderei und Umweltverschmutzung bedenkt.

Zoo für Kinder: Zeitvertreib oder Aufklärung?

Doch viele Parks versuchen, Aufmerksamkeit für die Probleme zu schaffen. Bei Fütterungen und auf Infotafeln erfährt man nicht nur etwas über den Lebensraum, sondern auch über die Gründe für das Artensterben. Wie viel davon bei den Besuchern ankommt, weiß niemand. Die Verweildauer vor einem Gehege liegt jedenfalls bei unter einer Minute. Wer im Zoo also etwas lernen möchte, muss selbst aktiv werden, mit seinen Kindern sprechen und sich mithilfe von Büchern oder Naturdokumentationen informieren. Eine zweite Option wäre der Besuch einer Zooschule, die einen Blick hinter die Kulisse gewährt und vor allem Kindern Wissen über die Tiere vermittelt.

Wie reflektiert die Zoos dabei mit ihrer eigenen Rolle umgehen, lässt sich schwer sagen. Grund zum kritischen Blick gibt es aber genug. Zugegeben, die Zeiten von gekachelten Käfigen sind vorbei, heute will man lebensraumnah sein. Gleichzeitig versuchen die meisten Parks, immer möglichst viele Arten zu zeigen - und das bei begrenzten Flächen.

Zoos verbessern sich, trotzdem ist nicht alles rosig

Auch in den VdZ-Zoos gibt es immer wieder Skandale. 2017 zeigten Bilder aus dem Erlebniszoo Hannover, wie Tierpfleger junge Elefanten mit Haken schlugen, wenn sie Kunststücke nicht richtig aufführten. "Zoos entwickeln sich weiter und verbessern sich ständig", sagt Homes, "Wir wissen heute immer mehr über das Verhalten der Tiere und greifen das auch bei der Gestaltung von Gehegen und Beschäftigungen auf."

Dass längst nicht alle Tiere in den Parks gut und artgerecht gehalten werden, bestreitet auch sein Verband nicht. Für prominente Kritiker wie den Meeresbiologen und Tierfotografen Robert Marc Lehmann ist genau dieses neue Wissen zum Wesen der Tiere ein entscheidender Grund für die Ablehnung. Immerhin wisse man heute so viel mehr über das komplexe Wesen und die Gefühle von Tieren wie Schimpansen, Elefanten oder Eisbären, aber auch von Fischen und anderen Meeresbewohnern. Dieses Wissen erlaube es aus seiner Sicht nicht, diese Tiere gegen ihren Willen einzusperren. Der Naturschützer: "Der Sinn von Zoos lässt sich für mich auf eine ethisch-moralische Frage herunterbrechen: Ist es in Ordnung, Tiere einzusperren?" Die Antwort darauf überlassen wir an dieser Stelle euch.

Sollte man in den Zoo gehen?

Für viele Familien sind Ausflüge in den Zoo ein Highlight: Immerhin leben dort Tiere, die man vor der eigenen Haustür nicht beobachten kann. Das Problem: Selbst Kleinkinder verstehen, dass eingesperrt zu sein doch auch für Elefanten und Giraffen irgendwie blöd sein muss. Wir haben Eltern gefragt, ob es noch zeitgemäß ist, das zu unterstützen.

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