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Konstantin Steinitz sitzt im Café der Universität Erfurt und trinkt einen Malzkaffee mit Espresso. Der Masterstudent probiert gerne neue Dinge aus - auch im politischen Bereich.
Er war schon in so ziemlich jeder Partei: zuerst bei der SPD, dann bei den Liberalen, später auch neun Monate lang AfD-Mitglied. Vor drei Jahren hat er zugestimmt, AfD-Chef Alexander Gauland für eine Diskussion an die Uni zu holen. Linke Studierendengruppen störten die Veranstaltung - sie musste schließlich abgebrochen werden.
Steinitz meint, dass an jeder Universität der Diskurs über alle Inhalte und Positionen möglich sein muss. Er sagt: "Ich halte auch nicht viel davon, Ideen oder Überzeugungen, die in dieser Gesellschaft breit vertreten sind, von Symposien bewusst auszuschließen."
Trotzdem war Gauland im Nachhinein wohl der falsche Gesprächspartner gewesen, findet Steinitz. Er ist mittlerweile aus der AfD ausgetreten. Wie sich die Partei entwickelt hat, gefällt dem 30-Jährigen nicht.
In Thüringen sitzt die AfD mit über zehn Prozent der Stimmen im Landtag. Und genau dorthin geht der Kommunikationswissenschaftler Patrick Rössler mit seinen Studierenden. Sie analysieren die Redebeiträge der Partei, treffen sich mit AfD-Politikern. Rössler erklärt: "Die Tatsache, dass die AfD eine besonders hohe Anzahl an Stimmen in den ostdeutschen Bundesländern hat, ist letztendlich nur ein Ausfluss dieses stärkeren Diskurses, der hier geführt wird."
Das müsse unweigerlich dazu führen, dass man sich auch hierzulande intensiver mit diesen Themen befasse. Das, so denkt Rössler, gebietet auch die Verpflichtung zu einer Forschung, die den Menschen etwas bringt.
Das gilt für alle deutschen Bundesländer, findet Rössler. Dass Themen wie die AfD derzeit ein beliebter Forschungsgegenstand sind, überrascht den Leipziger Soziologen Holger Lengfeld nicht: "Rechtsradikalismus, Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus, das sind immer hippe Themen. Das liegt an der Wertewelt der Studierenden, die in der Regel weiter links ist als die der Mitte der Gesellschaft. Die jungen Leute machen sich einfach mehr Sorgen und möchten sich engagieren."
Lengfeld konnte im vergangenen Jahr mit einer Studie zeigen, dass AfD-Wähler aus allen Teilen der Gesellschaft stammen. Die Studie wurde viel in der Öffentlichkeit diskutiert. Einige Menschen hätten sich daraufhin bei Lengfeld beschwert: "Das sind aber Einzelfälle und Menschen, die das für groben Quatsch halten und behaupten, man hätte selber gar keine Ahnung, man würde ja nicht mal da leben, worüber man Aussagen trifft. Damit müssen wir leben." Die Wissenschaft habe die nicht die Aufgabe, zu entlarven, sondern aufzuklären, sagt Lengfeld.
Das sieht auch der Erfurter Politikwissenschaftler André Brodocz so. Einige seiner Kollegen seien sogar politisch aktiv, ein Widerspruch sei das nicht: "Manchmal ist es ja auch paradoxerweise so, wenn Sie eine gewisse politische Nähe zu einer Partei haben, dann können Sie natürlich durch eine gewisse Vertrautheit zu politischen Akteuren Zugang zu Hintergrundinformationen oder Akten bekommen, die sonst unter Verschluss blieben. In der Aufbereitung und in der Darstellung der Ergebnisse muss dann der Politikwissenschaftler wiederum diese Distanz wahren."
Einige Fragen in Bezug auf die AfD können die Wissenschaftler derzeit noch nicht untersuchen - dafür sei die Partei noch zu jung.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 11. Februar 2018 | 05:00 Uhr
Zuletzt aktualisiert: 11. Februar 2018, 07:20 Uhr