Viktor: Mode und Kunst gehören für uns zusammen. Unsere Arbeiten sind sehr persönlich, fast wie Selbstporträts. Diese besondere Form des Ausdrucks unterscheidet uns von anderen Designern.
Rolf: Wir werden häufig gefragt, was wir eigentlich genau machen. Der Begriff „tragbare Kunst" trifft es sehr gut. Wir sind Modekünstler.
Viktor: Es ist ein sehr demokratischer Ansatz. Nur sehr wenige haben das Glück, an großen Modeschauen teilzunehmen. Und selbst wenn, bekommt man dort nur einen flüchtigen Eindruck von der Kollektion. Im Museum hat man ausreichend Zeit, sich Design und Handwerkskunst anzusehen.
Viktor: Meistens ist es das Konzept für die Inszenierung auf dem Laufsteg. Darauf aufbauend entwerfen wir Kleidungsstücke, denken über Models, Musik und Beleuchtung nach.
Manchmal seid Ihr selbst Teil der Show.Rolf: Ja, und ehrlich gesagt hassen wir es. Aber wenn es das Konzept erfordert, kleiden wir die Models selbst an. Danach sagen wir jedes Mal: Nie wieder! Es liegt uns einfach nicht, wir sind beide sehr introvertiert.
Viktor: Das klingt jetzt sehr vage, aber es ist das Leben im Allgemeinen. Es gibt keine bestimmte Inspirationsquelle, dafür aber Stimmungen. Zum 20jährigen Jubiläum gab es zum Beispiel eine Show, die von japanischen Zen-Gärten inspiriert wurde. Damit wollten Ruhe und Gelassenheit ausdrücken.
Rolf: In dieser Zeit haben wir Meditation und Yoga für uns entdeckt. Unser Alltag war hektisch und stressig. Die Show war Ausdruck unseres Bedürfnisses nach Entschleunigung.
Mit der Haute Couture-Kollektion "Wearable Art" setzt Ihr Euch 2015 spielerisch mit Mode und Kunst auseinander.Viktor: Ja, im Grunde steht sie stellvertretend für unser künstlerisches Konzept. Die Ausgangsfrage war eine ganz einfache: Ist es möglich, ein klassisches Wandgemälde als Kleid zu tragen? Das Ergebnis waren Kleider in Form von gerahmten Bildern, die angezogen oder als Skulpturen auf gehangen werden konnten. Tragbare Kunst mal ganz wörtlich genommen.
Rolf: Ja, und es geht uns wesentlich besser damit. Unsere Kollektionen sind viel schöner geworden. Bei Prêt-à-porter mit seinen ganzen Shows springt man von Deadline zu Deadline und hat kaum Zeit, über neue Konzepte nachzudenken.
Rolf: Natürlich ist der Verkauf wichtig und wir freuen uns, dass die Parfüms so erfolgreich sind.
Viktor: Und dennoch stehen sie nicht als Kommerzprodukte außerhalb unserer Kollektionen. Sie sind Teil unserer konzeptionellen Arbeit. Es ist erfreulich zu sehen, dass Kreativität auch kommerziell erfolgreich sein kann.
Rolf: Wir schließen uns ein, sitzen einander gegenüber an einem Tisch und fangen an zu reden. Wir reden so lange, bis eine Idee wieder und wieder auftaucht. Dann überlegen wir ob sie umsetzbar ist.
Rolf: Ja. Das Wort steht bei uns an erster Stelle, wir starten nicht mit Zeichnungen oder Skizzen. Erst wenn ein geschriebenes Konzept fertig ist, greifen wir zum Zeichenstift. Wir arbeiten sehr analytisch, es muss einen nachvollziehbaren Grund geben, weshalb wir eine Idee umsetzen möchten. Unser Ausgangspunkt ist die Idee, nicht das Design.
Rolf: Nie. Wenn wir nicht der gleichen Meinung sind stimmt irgendetwas nicht.
Victor: Schaffen wir es nicht den anderen zu überzeugen lassen wird die Idee verworfen.
Rolf: Es ist verrückt, aber bei der Konzeption der Ausstellung zusammenstellten sahen wir, dass es unsere charakteristischen Stilmittel schon in der ersten Modenschau im Jahr 1993 gab. Zum Beispiel die skulpturalen Formen oder die voluminösen Stoffschichten. Wir haben durchgehend eine Linie verfolgt.
Viktor: In jeder Saison haben wir eine Puppe produziert, die ein Stück aus der Kollektion, die gleiche Frisur und das gleiche Make-up trägt wie das Model auf dem Laufsteg. Eine Art Souvenir, um die Flüchtigkeit des Augenblicks einzufrieren.
Rolf: Der Bereich hinter der Bühne rückt zunehmend in den Vordergrund. Der magische Moment, in dem auf dem Laufsteg etwas Neues enthüllt wird, scheint seinen Reiz zu verlieren. Mit Social Media Kanälen wie Instagram wird so viel mehr Content benötigt, dass die Backstage-Geschichten immer interessanter werden.