Von: Bernd Thomas
Stand: 20.03.2023
Hinlegen und einschlafen - kinderleicht? Von wegen: Manche schlafen nicht ein, andere nicht durch, viele liegen wach und grübeln. Beim Klassiker Schnarchen nerven meist männliche Krachmacher ihre Partnerin. Schlecht für beide, denn viele Schnarcher schlafen nicht gesund. Hierzulande hat rund jeder zehnte Ein- oder Durschlafprobleme. Wieviel Schlaf brauchen wir, welchen Einfluss haben Lebensstil, wechselnde Arbeitszeiten, Erkrankungen und unsere innere Uhr? - Die gute Nachricht gleich vorweg: Schlafen können wir alle wieder lernen.
Schlaf ist überlebenswichtig, Schlafmangel macht krank, dumm und tatsächlich auch dick. Denn Schlafen ist alles andere als nur passives Energiesparen. Während unser Tagesbewusstsein Pause macht und wir träumen, ist in unserem Körper so einiges los. Wir durchlaufen mehrere Schlafphasen in vier bis sechs Zyklen: um uns zu erholen, zu wachsen, wieder gesund und leistungsfähig zu werden - und, das stimmt tatsächlich, wir lernen im Schlaf. Die Abläufe sind perfekt aufeinander abgestimmt. Wenn alles funktioniert, wachen wir frisch und erholt auf.
Nicht nur zu wenig, auch zu viel Schlaf kann ungesund sein, wie Schlafmedizinerin Dr. Sandra Brenner weiß. Sie leitet das Schlaflabor im Lakumed Krankenhaus Landshut Achdorf:
... Qualität unseres Schlafes:
Mit Eulen werden in der Chronobiologie Menschen bezeichnet, die spät aufstehen und spät schlafen gehen.
Gesteuert wird unser Schlafbedürfnis durch unsere innere Uhr. Die gibt es in jeder Körperzelle. Wird es abends dunkel, produziert unser Körper das Schlafhormon Melatonin. Die Folge: Wir werden müde, unser Schlafdruck, wie Mediziner sagen, steigt. Wann wir aber zu Bett gehen und auch gut einschlafen, hängt davon ab, welcher Chronotyp wir sind. Es gibt zum Beispiel die so genannten "Lerchen", echte Frühaufsteher. Nachtschwärmer sind die "Eulen". Außerdem gibt es noch "Tauben". Welcher der Typen wir sind, kann sich im Laufe des Lebens durchaus ändern. Wissenschaftlich außer Frage steht, dass der Chronotyp Auswirkungen auf unser Schlafbedürfnis und -verhalten und damit auch auf unsere Gesundheit hat. Das größte Problem dabei: Unsere Gesellschaft funktioniert nach streng vorgegebenen Zeitplänen. Es bleibt wenig Raum für individuelle Unterschiede. Das spüren fast alle bei der Zeitumstellung von Winter- auf Sommerzeit oder umgekehrt. Im Alltag leiden darunter vor allem Jugendliche und viele, die in Wechsel- oder Nachtschichten arbeiten. Die Folge ist der soziale Jetlag. Länger gegen den eigenen Rhythmus zu leben, birgt gesundheitliche Risiken. Krankheiten wie Diabetes oder auch eine Demenz werden dadurch begünstigt. Besonders wechselnde Schichten und Arbeitszeiten sind eine ernste Herausforderung für unseren Körper und auf Dauer nicht gesund. Besser funktioniert ein fester Rhythmus.
Wie organisieren Menschen ihr Leben, die täglich früh rausmüssen? Gesundheit! Reporter Fero Andersen trifft um 4 Uhr früh den Radiowecker von Bayern 1, Marcus Fahn. Seine Sendung beginnt jeden Wochentag um 5 Uhr.
Trambahnfahrerin Bernadtette Betzler arbeitet vorwiegend nachts und schläft bis mittags. Was kann sie tun, um möglichst gut zu schlafen? Psychologin Daniela Seidel, die die Schlafschule des Max-Planck-Instituts entwickelt hat, besucht sie gemeinsam mit Gesundheit! Reporter Fero Andersen. Tipps zur Schlafhygiene.
Schlafstörungen, die länger als zwei oder drei Wochen bestehen, sollten vom Hausarzt abgeklärt werden. Häufig treten bei Schlafstörungen zwei Beschwerdebilder auf. Die einen betreffen die Probleme in der Nacht und den Schlaf selbst:
Aber Schlafstörungen haben auch erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität am Tag:
Schlaftabletten helfen, können aber gefährlich sein. Schätzungen zufolge sind über eine Million Menschen in Deutschland abhängig von Schlafmedikamenten. Dr. Sandra Nischwitz, Neurologin und Schlafmedizinerin im Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München, erklärt, wann Medikamente sinnvoll und warum manche so gefährlich sind.
Schlafmedizin braucht Zeit und Geduld. Die Ursachen von Schlafstörungen abzuklären, ist nicht immer einfach. In die Schlafmedizin hinein spielen verschiedene medizinische Fachrichtungen: Es gibt organische Ursachen, wie Herz-, Kreislauf- und Lungenprobleme, neurologische Faktoren oder ungünstige anatomische Gegebenheiten im Rachenraum. Daneben gibt es viele psychische und psychiatrische Erkrankungen, die mit Schlafstörungen einhergehen. Auch Therapien brauchen Zeit, um effektiv und nachhaltig zu wirken. Je früher Probleme erkannt werden, desto besser. Viele unterschätzen zu Beginn die Situation und ihre Folgen.
"Schlaf ist ein erlerntes Verhalten. Wir können durch spezifische Strategien alle wieder einen gesunden Schlaf erlernen."
In der Schlafschule im Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München, entwickelt von der Psychologin Daniela Seidel, lernen Menschen mit psychischen und psychiatrischen Erkrankungen, ihre Schlafstörungen zu überwinden. Vier Wochen lang führen die Teilnehmer ein Schlaftagebuch. Außerdem bekommen sie in den vier Kursterminen fundierte Informationen über physiologische Zusammenhänge, Schlafregeln und -hygiene, die Faktoren, die zu Schlafstörungen führen und durch welches Verhalten sie vermieden werden können. Auch mit populären Schlafmythen wird aufgeräumt. So entlastet es viele Teilnehmer, wenn sie erfahren, dass beispielsweise mehrmaliges Aufwachen in der Nacht eigentlich vollkommen normal und nichts Beunruhigendes ist. Selbst gesunde Schläfer wachen bis zu 27 Mal pro Nacht auf, schlafen aber schnell wieder ein, ohne sich am nächsten Morgen daran zu erinnern. Die Schlafqualität wird dadurch nicht beeinträchtigt. Durchhalten lohnt sich. Psychotherapie und Verhaltensänderungen bei Schlafproblemen sind die Therapie der ersten Wahl und zeigen oft schon nach wenigen Wochen deutliche Erfolge - ganz ohne ernste Risiken und Nebenwirkungen.
Schnarchen - Nicht nur laut und lästig für den Partner, auch für den Schnarcher selbst kann das gefährlich sein: Wenn nach den lauten, störenden Schnarchgeräuschen plötzlich unheimliche Stille eintritt - durch Atemaussetzer oder eine Schlafapnoe, wie Mediziner die Erkrankung nennen. Die Aussetzer können länger als eine Minute andauern. Das bedeutet Stress für den Körper. Bei mehr als dreißig Aussetzern pro Stunde sollte eine Therapie erfolgen. Risiken und gesundheitliche Auswirkungen sind beträchtlich: Atemaussetzer zerstückeln den Schlaf. Selten oder nie wird die wichtige Tiefschlafphase erreicht, Erholung ist kaum möglich. Patienten fühlen sich dadurch tagsüber müde und zerschlagen. Auch die Risiken für Bluthochdruck, Herzinfarkt und Schlaganfall steigen deutlich an.
Therapie und effektive Hilfe für viele Patienten: Schlafen mit einer Atemmaske. Die sorgt für einen Überdruck im Rachenraum. Die gefährlichen Atemaussetzer werden verhindert und damit auch Risiken und Gefahren für die Gesundheit. Vielen Patienten erscheint die Therapie mit der Maske wie ein kleines Wunder: Sie wachen meist nach der ersten Nacht erholt und mit frischen Kräften auf. Für Patienten, die nicht mit einer Maske zurechtkommen oder an einer besonders schweren Atemapnoe leiden, gibt es außerdem die Möglichkeit, einen Zungenschrittmacher zu implantieren. Auch damit lassen sich Atemaussetzer und ihre gefährlichen Risiken verhindern.
Sie sind als Medikament zugelassen und können vom Arzt verschrieben werden: Schlaf-Apps zur Therapie bei Schlafstörungen. Wie sinnvoll sind sie?