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Hacks/Hackers: Innovations-Inkubator für Medienmacher

Hacks/Hackers Connect: eine Konferenz, die Journalisten, Programmier, Designer und Geldgeber vernetzt.

Verlage tun sich oft schwer mit Innovationen. Das will das Medien-Netzwerk Hacks/Hackers ändern: Journalisten und Entwickler tüfteln hier neue Produktideen aus. In Berlin gibt es dazu eine ganz besondere Premiere.


Hacker dringen ins Bundestagsnetz ein, Hacker legen TV-Sender lahm lahm. In den Nachrichten wird der Begriff "Hacker" oft in einem kriminellen Zusammenhang gebraucht. Doch es gibt auch viele positive Beispiele, wo Hacker ihre Programmierkenntnisse produktiv einsetzen, etwa beim Open-Data-Projekt "Code for Germany". Und dann gibt es da noch Hacks/Hackers. Hacks/Hackers? Dahinter steckt ein Netzwerk, das Journalisten (Hacks, englisch für "Schreiberling") und Entwickler (Hackers) zusammenbringt. Auch Designer und andere kreative Berufe sind willkommen, denn Hacks/Hackers lebt stark vom interdisziplinären Ansatz. "Wir leben in einer Zeit der Medienrevolution. Geschichten werden heute mit Code erzählt und nicht mit Tinte und Papier. Deswegen müssen wir das Geschichtenerzählen neu denken: Im Web, mobil, auf Uhren oder was auch immer sonst kommt", sagt Burt Herman, der Hacks/Hackers Ende 2009 zusammen mit Aron Pilhofer (damals New York Times, jetzt beim Guardian) gegründet hat.

Inzwischen gibt es mehrere Dutzend Hacks/Hackers-"Chapter" über alle Kontinente verteilt. Der Innovationsanspruch ist überall der gleiche: "Rebooting journalism" lautet der selbstbewusste Untertitel des Netzwerks. Nachdem Hacks/Hackers (abgekürzt HH) keine Firma ist, entstehen bei den Treffen in der Regel zwar keine neuen Produkte. Wohl aber werden Produktideen vorgestellt, verfeinert und außerhalb des HH-Rahmens zur Marktreife weiter entwickelt. So war es mit dem Social-Media-Storytelling-Tool Storify, das Herman ebenfalls mitentwickelt hat, so war es bei Tame, der Suchmaschine für Twitter, die bei den Berliner Hacks/Hackers-Treffen vorgestellt wurde. Hacks/Hackers-Treffen sind also als Innovations-Inkubator gedacht.

Hacks/Hackers-Connect: Debüt in Berlin

Projekte pitchen ist auch ein wesentlicher Bestandteil der ersten Hacks/Hackers-Connect-Konferenz, die am 26. und 27. Juni in Berlin stattfindet. Inspiration gibt es in vier Impulsvorträgen, u.a. von Burt Herman und NZZ-Online-Chefredakteurin Antia Zielina. Am zweiten Tag haben die Teilnehmer Zeit, Projektideen zu skizzieren und sich von einem Mentorenteam, dem viele Entwicklungsredakteure angehören, Anregungen zur Weiterentwicklung zu holen. Wer bislang noch alleine mit seiner journalistischen Innovations-Idee ist, kann in einem eigens dafür gedachten "Co-founder speed dating" eventuell einen Partner finden. Als Special Guest kommt am 27. Juni Rob Wijnberg, der Gründer und Chefredakteur des niederländischen Online-Magazins De Correspondent, das beim Crowdfunding innerhalb einer Woche mehr als eine Million Euro zusammenbrachte. Hacks/Hackers-Connect fand so großen Anklang, dass es innerhalb weniger Tage ausgebucht war. Jetzt haben die Veranstalter noch mal einige weitere Plätze zu vergeben, in sechs Kategorien für Journalisten, Software-Entwickler, Designer, Produktmanager, Unternehmer und Investoren. Hacks/Hackers Connect-Events wird es demnächst auch in London, New York und San Francisco geben, weitere Städte sind geplant.

Dass das allererste Hacks/Hackers-Connect in Berlin stattfindet, ist auch eine Anerkennung für die Arbeit der Berliner Gruppe, die im Juni 2012 als erste Außenstelle in Deutschland an den Start ging und inzwischen mit mehr als 1200 Mitglieder eines der größten HH-Chapter außerhalb der USA ist. Jeden Monat gibt es an wechselnden Orten ein Treffen, bei dem Medienmacher und Entwickler einen Einblick in ihre Arbeit geben. "Wir erzählen das Making-Of unserer Projekte und welche technischen Herausforderungen wir dabei hatten", sagt Sascha Venohr, Leiter der Datenjournalismus-Abteilung bei ZEIT Online und einer der Organisatoren von HH Berlin. Dort kommen in der Regel mehr Hacker als Journalisten zu den Treffen, weswegen man auch tiefer in technische Details einsteigen kann.

Schnittmengen mit Datenjournalismus und Open Data

In Hamburg ist die Mischung etwas anders: "Wir haben etwa 1/3 Entwickler, 1/3 Journalisten und 1/3 Menschen, die sich dazwischen bewegen", sagt Jenni Schwanenberg, die Hacks/Hackers Hamburg (kurz: HHHH) im Herbst 2014 zusammen mit Meinolf Ellers von dpa-infocom gegründet hat. Die beiden hatten damals auf dem Scoopcamp 2014 Burt Herman getroffen und waren von der Idee begeistert, "ein solches Treffen auch in Hamburg zu machen." Die HHHH-Treffen haben ein dreistufiges Format: Zuerst dürfen sich die Teilnehmer über Dinge aufregen, die sie im Medienbusiness stören. "Als Gegengewicht sollte es aber auch immer etwas motivierendes geben, wo Menschen zeigen was sie für coole Projekte gemacht haben", erklärt Schwanenberg. Daran schließt sich eine Diskussion an, die immer wieder dazu führt, dass sich "Menschen mit ähnlichen Vorstellungen treffen und über das Meetup hinaus vernetzten können." Auch in Hamburg wird in den Treffen nicht konkret programmiert, aber es gibt zum Beispiel inhaltliche und personelle Schnittmengen zu Code for Hamburg und dem Hamburger Datenjournalismus-Stammtisch. Schwanenberg hat schon eine konkrete Kooperation im Auge: "Vor allem mit Code for Hamburg werden wir auch gemeinsame Meetups machen, um unseren Vortragscharakter und den Hackathon-Charakter von Code for Germany mehr zu verbinden."

Jüngstes Mitglied der deutschen Hacks/Hackers-Familie ist die Münchner Gruppe, die im April 2015 gegründet wurde und eng mit den Münchner Datenjournalismus-Stammtisch ddjmonaco zusammenarbeitet. Hacks/Hackers München will neben Voträgen und Diskussionen auch "Hands-On"-Veranstaltungen bieten, zum Beispiel mit einer Crytoparty zum Thema Verschlüsselung für Journalisten in Zusammenarbeit mit dem ChaosComputerClub München.

Disclaimer: Bernd Oswald ist einer der sechs Gründer von Hacks/Hackers München.
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