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Benno Stieber

Journalist, Karlsruhe

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Reportage

Läckerläckerläcker

Willi Pfannenschwarz ist der Herr des Müsli

Mit Frühstücksflocken zu provozieren, das muss man erst mal schaffen. Für Willi Pfannenschwarz, Chef der Firma Seitenbacher, ist das kein Problem. Daheim im Keller produziert er grob zusammengezimmerte Spots, unterlegt sie mit harten Gitarrenriffs und preist „Bergsteigermüsli“, „Kakao-Düsis“ und den „Feel-Good-Mix“ an. Selbst vor dem wenig werbewirksamen Wort „Verdauung“ schreckt er nicht zurück. Am Ende setzt er in seiner schwäbischen Mundart ein genüssliches „Läckerläckerläcker“ obendrauf, und wieder ist einer dieser Spots fertig, die Werber und Radiohörer zur Verzweiflung bringen.

Mit dieser, nun ja, Marketingstrategie hat Pfannenschwarz sein Müsli bundesweit bekannt gemacht. Hinter der hohen Stirn wallen lange schwarze Haare, er ist der Rocker unter Deutschlands Mittelständlern. Hausgemachte Produkte, bodenständige Unternehmensführung, selbst die Maschinen programmiert der Chef selbst. Vor allem an den selbst produzierten Werbespots, die er in der Analog-Ära gerne mal mit dem eigenen Hubschrauber an die Radiosender lieferte, hängt sein Herz: „Am Mischpult kann ich alles vergessen.“


Es war Anfang der Achtziger, als sich Pfannenschwarz, Sohn einer Müllerdynastie im schwäbischen Waldenbuch, trotz hoffnungsvoller Ansätze gegen eine Karriere als Rockmusiker entschied und beschloss, die Menschheit zum Vollkorn zu bekehren. Abseits aller Ökoideologie mischte Pfannenschwarz nach Schweizer Vorbild seine ersten Frühstücksflocken und nannte sie nach dem heimischen Seitenbach, an dem die Mühle seines Vaters stand. „Die Idee war, ein Müsli zu machen, in dem alles drin ist, auch wenn man sich sonst von nichts anderem ernährt“, erinnert er sich. Doch der Verkauf lief anfangs schleppend. Die Leute auf dem Land kannten Vollkorn nur als Tierfutter, und die Ökoszene mixte sich ihren Frühstücksbrei damals lieber selbst. Da Pfannenschwarz sich eine professionelle Kampagne nicht leisten konnte, nahm er einen Kredit auf und buchte selbst Sendezeiten. Für den ersten Werbespot flötete damals eine seiner Töchter „läckerläckerläcker“ ins Mikrofon.


Heute ist Seitenbacher das bekannteste Müsli in Deutschland. Pfannenschwarzs Unternehmen gehört zu den fünf großen Herstellern von Frühstücksflocken. Den Marktanteil seiner teuren Mischungen schätzen Experten aber auf unter 10 Prozent. „Für einen nationalen Anbieter im Lebensmittelgeschäft sind wir eigentlich ein ganz kleines Licht“, sagt Willi Pfannenschwarz.


Mit den großen Handelsketten verhandelt er trotzdem hart. Als 2008 die Preise für Getreide stark anzogen, sah sich Seitenbacher gezwungen, ebenfalls mehr zu verlangen. Doch eine der großen Supermarktketten wollte dies nicht akzeptieren. „Wir standen vor der Alternative, die Preise nicht zu erhöhen und damit in den nächsten Monaten pleitezugehen, oder die Lieferung einzustellen“, erinnert sich Pfannenschwarz. Seitenbacher ging das volle Risiko ein, obwohl er auf Dauer nicht auf diesen Kunden hätte verzichten können. Wieder einmal zahlte sich die Beliebtheit der Marke aus. Nach einigen Wochen akzeptierte die Supermarktkette die Preiserhöhung per Fax. Zu viele Kunden hatten Pfannenschwarzs Produkte in den Regalen vermisst.


Längst macht Seitenbacher an seinem heutigen Sitz in Buchen im Odenwald mehr als nur Müsli aller Art. Vor zwei Jahren hat Pfannenschwarz eine Ölmühle gekauft und Sonnenblumen- und Kürbiskernöl ins Sortiment aufgenommen. In den USA kümmert sich sein Sohn Harry um den Vertrieb von Eiweiß-Riegeln und Protein-Nudeln für Fitnessanhänger. „Harry P.“ ist dabei gleichzeitig Werbefigur und Namensgeber. Die Produkte werden aus Buchen per Container in die USA verschifft. Die USA sind für Pfannenschwarz der ideale Testmarkt für seine Gesundheitsprodukte: „Anders, als in Europa viele glauben, ist der amerikanische Verbraucher der aufgeklärteste und kritischste der Welt.“

Auch seine Zwillingstöchter Sarah und Liza mischen inzwischen im Unternehmen mit. Eine im Einkauf, die andere gestaltet als Grafikdesignerin das Erscheinungsbild der Marke neu. Die Etiketten auf den Ölflaschen sind bereits edler und moderner als der hausbackene Schriftzug, den man bisher kannte.


Willi Pfannenschwarz wird dieses Jahr 60 und führt seine drei erwachsenen Kinder Schritt für Schritt an die Geschäfts­leitung heran. Bedeutet das auch das baldige Ende der nervigen Werbung? Die wichtigsten Entscheidungen treffe er noch immer selbst, sagt Pfannenschwarz. Seine Spots gehören definitiv dazu. 



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Erstellt am 16.08.2013
Bearbeitet am 23.09.2013

Quelle
http://www.cicero.de/kapital/muesli...

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Alle Rechte vorbehalten
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wirtschaft mittelstand lebensmittelproduktion
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