Junge Klimaaktivisten sehen schwarz, wenn es um ihre Zukunft geht. Oxford-Statistiker Max Roser sieht dennoch Fortschritte.
Ein Interview von Benedikt Herber
Max Roser, geboren in der Kleinstadt Kirchheimbolanden in Rheinland-Pfalz, forscht am wirtschaftswissenschaftlichen Institut der britischen Eliteuniversität Oxford. Auf seiner Internetseite "Our World in Data", die er seit 2011 betreibt, stellt er die großen Entwicklungen der Menschheit statistisch dar: Überbevölkerung, Armut, Klimawandel. Die Daten zeigen: So schlecht, wie viele annehmen, steht es um uns nicht.
SPIEGEL: Herr Roser, in Ihrem Projekt "Our World in Data" beschäftigen Sie sich statistisch mit den großen Entwicklungen der Weltgeschichte. Greta Thunberg fragt "How can you dare?" Haben es die Älteren vermasselt?
Roser: In vielen Dingen hat Greta recht: Gegen viele Probleme der Welt könnten wir sehr viel mehr tun - bei der globalen Armut, bei vermeidbaren Krankheiten, an denen immer noch viel zu viele Kinder sterben, beim Klimawandel. Es hilft aber nicht, die ältere Generation für alle Probleme verantwortlich zu machen und zu übersehen, dass sie auch viel erreicht hat. Dass sich viel in die richtige Richtung entwickelt hat, zeigen die Daten deutlich.
SPIEGEL: Wie kamen Sie auf die Idee, Unmengen an Daten zu sammeln und zu bündeln, um eine möglichst lückenfreie Übersicht über den Zustand und die Entwicklung der Welt zu geben?
Roser: Ich sah all die Probleme - den Hunger, die Armut, die Zerstörung der Natur. Man resigniert als junger Mensch, wenn man darüber nachdenkt. Erst später im Studium ist mir klar geworden, welche Fortschritte in den letzten Jahrzehnten in fast allen Feldern gemacht wurden: in der Medizin, der Bildung, der Armutsbekämpfung. Das zeigt, dass wir als Menschheit zu Lösungen imstande sind. Sehr viele Leute denken dennoch, dass globale Probleme eher wachsen oder stagnieren. In einer Studie aus dem Jahre 2016 wussten nur acht Prozent der Deutschen, dass der Anteil der Weltbevölkerung in Armut in den letzten drei Jahrzehnten zurückgegangen ist. Mehr als die Hälfte dachten, sie hätte zugenommen. Ich glaube, das hindert uns, den Menschen, die immer noch in Armut leben, zu helfen. Als mir das klar wurde, habe ich mir zum Ziel gesetzt, beide Seiten darzustellen: die Fortschritte, aber auch die Herausforderungen, die wir noch vor uns haben.
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