Schon bei seinen jüngsten Liveauftritten wurde klar, dass sich bei Honig einiges getan hat. Stand der Düsseldorfer früher noch allein auf weiter Flur mit seiner Gitarre und seinen Gefühlen, mischen mittlerweile vier weitere Musiker in seiner Band mit. Dem Sound von Honigs drittem Album ist das erwartungsgemäß deutlich anzumerken: Es hört auf den vielsagenden Namen „It's Not A Hummingbird, It's Your Father's Ghost" und wartet tatsächlich mit weit mehr auf als schlichtem Singer/Songwriter-Pop.
Und doch beginnt es akustisch mit dem schnuckeligen Eröffnungsstück „Leave Me Now". Ukelele-artige Begleitung und Stefan Honigs für sich stehende, unverkennbare Stimme lassen kurz aufmerken - wo bleibt nun der angekündigte, neue Bandsound? Er folgt direkt bei „Dear Liar", auf ganzer Linie. Ein alles andere als vorsichtiges Schielen Richtung Pop und Pathos ist unverkennbar, Letzteres sicher keine Neuheit im Honigkosmos, der raumgreifende Sound der neuen Songs aber schon. „Lemon Law" ist eine astreine Folkpop-Nummer, die es sich bestens in der Mighty-Oaks-Of-Mice-And-Men-Ecke bequem macht, „Wooo-Ohhhhh-Ohhhhh" singt die Band und alle singen mit. So viel „Hey" und „Ohhhh" war man von Honig bisher nicht gewohnt, sondern eher Musik, die Begleitung für die Texte war und nicht umgekehrt. Trotzdem ist die Single, genau wie man es von Honig erwarten konnte, mehr als Hype-Einheitsbrei.
Der gewohnte Sound folgt dann aber auf dem Fuße. „Overboard" erinnert vom Anfang her an eine Akustikversion von Band Of Horses' „Funeral", aber statt Rock kommen nur zarte Gitarrenzupferei, ein Banjo und etwas Schlagzeug dazu. „What is it everyone thinks they are", fragt sich Honig und warnt: „The waves that you're running from are catching up." Die Fragen und der Tonus gehen hier wieder in gewohnte Gefilde, wie schon bei „Empty Orchestra" wird der eher düstere Albumtitel zum Programm gemacht. Aber auf „It's Not A Hummingbird, It's Your Father's Ghost" sind auch hellere Momente zu finden, so zum Beispiel „Peaches", das mit Xylophon und Gitarrenriffs die Sentimentalitäten kurz überspielt. Zum Schluss überrascht dann plötzlich eine Art Reprise von „Overboard", die leicht deplatziert und kitschig wirkt.
Wovon Honig als Band aber immer noch in erster Linie leben, ist die Stimme ihres Frontmanns. Beim wirklich schönen „Feathers" singt er kratzig vom Herzschmerz und konstatiert: „I learned from this mess." Auch der zweiten Folkpop-Nummer „Golden Circle" gibt Honig seine eigene Note, ansonsten klingt sie mit ihren Banjosounds und Bassdrum-Beats nach der gerade abebbenden Hypewelle etwas abgehalftert.
Die ruhigen Songs versöhnen aber mit diesen Ausflügen in die Cheesiness. Manchmal ist weniger einfach mehr, das hat das Vorgängerwerk eindrucksvoll bewiesen. Der Zehnminüter „We Are Alone In This Together" wird am Schluss des Albums so richtig noisig und aufgekratzt, gönnt sich nach sechseinhalb Minuten eine lange Pause und endet dann mit sehr schlichen dreißig Sekunden. „It all ends, it's all well, you're all hushed, but ýour face tells, you're worn out and thin streched on a hospital's warm bed", singt Honig da und schließt ein weiteres Musikkapitel. Ein paar Gefühle bleiben, aber hey: Hauptsache, er singt und schreibt, denn genau das kann Stefan Honig wirklich ausgezeichnet.