Die Depression ist vorbei. Nachdem Turnover auf ihrem letzten Album die Klaviatur zwischen gepflegter Melancholie und suizidalen Tendenzen so ausgiebig bespielten, dass man mitunter geneigt war, den Krankenwagen zu rufen, sind auf „Good Nature" Ruhe und Entspannung eingekehrt.
„Cut my brain into hemispheres/ I wanna smash my face till it's nothing but ears /I wanna paint my dream with a little red stain tonight" - die Zeilen aus „Take My Head" klingen besorgniserregend. 2015 markierte der Song den vorläufigen emotionalen Tiefpunkt der kalifornischen Band. Mit einem Mix aus verträumten Erzählungen von LSD-Trips und Unsicherheiten, ausführlichen Selbstbetrachtungen und Angst vor und Trauer über Verlust zeichnete Turnovers zweites Album „Peripheral Vision" düstere Geschichten in technicolor-gefärbten Indie Rock und Dream Pop. Zwei Jahre später ist auf „Good Nature" von Selbstzweifeln und Lebensüberdruss nichts mehr zu hören. Das eröffnende „Super Natural" ist unnachgiebig auf Dur gekämmt und wirkt durch den Pastellfilter wie aus der Zeit gefallen.
Angesichts der Schwere des vorhergegangenen Albums mit dessen Leadsingle „New Scream" möchte man Danny Dempsey, Austin und Casey Getz deshalb auch in erster Linie zum überstandenen Tal gratulieren. Direkt darauf folgt allerdings die Frage, wie viel der Faszination von Turnovers Musik von der sorgsam kultivierten Tristesse herrührte. Frustrationen über Liebe, Gesellschaft und vorgezeichnete Biografien sind auf „Good Nature" einem Akzeptieren der Umstände gewichen: „Take what you've got, give it away, nothing belonged to you anyways in the first place" („All That I Ever Was"). So einfach kann es sein. Ob es das in der Praxis dann auch wirklich ist, sei mal dahingestellt, aber fest steht: Turnover können auch Optimismus.
Auffällig ist nicht zuletzt die daraus resultierende, einheitlichere Klangfarbe. „Peripheral Vision" hielt von bittersüß bis depressiv viele Nuancen bereit, die einen fesselnden Spannungsbogen ergaben und das Album fast automatisch auf Dauerschleife einrasten ließen. „Good Nature" ist deutlich eindimensionaler geraten, tiefenentspannte Zufriedenheit lässt nur ein bestimmtes Maß an Varianz zu. Auch haftet derart gut gelaunter Musik schnell der Makel der Belanglosigkeit an. Letzteres trifft jedoch auf den neuen Turnover-Sound nicht zu, denn dafür versteht es Austin Getz viel zu gut, seine Gefühle in jeden Ton eines Songs zu transportieren. Die unmittelbare Sogwirkung der letzten Platte vermag „Good Nature" aber erst nach deutlich mehr Anläufen zu entfalten. Trotzdem: Auch gut gelaunt und zufrieden kann sich das allemal hören lassen.
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