Nach zwei stilprägenden Alben und endlosen Tourplänen können Hundreds als Institution in der deutschen Musiklandschaft gelten. Mit dem nunmehr dritten Album Wilderness machen sich Eva und Philipp Milner jetzt auf in noch rauere, noisige Gefilde.
Bereits der Opener und Titelsong Wilderness verweigert sich jeglicher melodiösen Schmeichelei, stattdessen erfüllen wehklagender Gesang und schmerzerfüllte Synthesizerklänge das Lied. Die Wildnis ist bei Hundreds kein romantischer Zufluchtsort für gestresste, kapitalismuszerfressene Großstädter, sondern die pure Dystopie. Vorbei sind die poppig-kitschigen Momente des Vorgängeralbums Aftermath (Our Past, Ten Headed Beast, Circus) und die ergreifende Zurückhaltung des selbstbestitelten Debüts (Grab The Sunset, Fighter, Let's Write The Streets).
Vielmehr baut ein Großteil des neuen Albums auf das Fundament auf, das zuvor mit Rabbits On The Roof gegossen wurde: Düsternis, Dystopie, Unvermeidbarkeit und gähnende Leere dort, wo Zukunftsperspektiven sein sollten. Wilderness ist wirklich kein Stimmungsaufheller, aber trotz der besagten Popnummern auf Aftermath kommt das nicht unerwartet. Der Release von What Remains als erster Single zeichnete diese Klangfarbe deutlich vor: ephemere Backgroundvocals, apokalyptische Paukenschläge, ein desillusionierter Songtext („What remains is always nothing / We can never ever, ever understand"), Evas Gesang und nicht zuletzt die unorthodoxe Songstruktur.
Spotless schlägt mit seiner Doppelbödigkeit in dieselbe Kerbe: vordergründig fröhlich und erhebend, offenbart der Song in den Lyrics seine düstere Seite. Wer beherrscht hier wen? Ist die heile Welt nur eine Fassade? Das Musikvideo macht diese Fragen mit brennenden Blumen, herausgebrochenen Zähnen und Dornenkrone anschaulich. Auch die verträumte Stimmung von Black Sea erweist sich als Trugschluss und wird durch brachiale Synthesizersounds zerschnitten - angesichts des Songttitels aber auch nicht anders zu erwarten.
Beiweilen nutzt sich Hundreds' woodkid-eske Pauken-Trommel-Trompeten-Ästhetik etwas ab (Lily), Nummern wie Un-Unify mit seinem mitreißenden Beat oder das rhythmisch-elegische Wind In The Pines als Geschwister von Rabbits On The Roof stechen dadurch aber nur umso deutlicher hervor. Zum Schluss leitet Picking Pieces aus der zerbrochenen Welt heraus und es bleibt ein bittersüßer Nachgeschmack. Mit Wilderness ergänzen und erneuern die Geschwister Milner ihre Klangästhetik einmal mehr und zementieren so ihren Ruf als innovatives, vorausgehendes Musikteam.