Am 20. Januar 2022 sah Sabah Al-Ahmad ihren Sohn zum letzten Mal. An jenem Morgen hatten sich zwei Anhänger des IS vor dem Sinaa-Gefängnis in Hasaka in die Luft gesprengt. Mehrere Dschihadisten waren in das Gefängnis eingedrungen, in dem Hunderte mutmaßliche IS-Kämpfer inhaftiert sind, um ihre Kameraden zu befreien und die Kontrolle über die Stadt im Nordosten Syriens zu übernehmen. "Ahmad hatte an diesem Tag frei. Er hatte seinen Kopf auf meinen Schoß gelegt, und ich spielte mit seinen Haaren, als seine Freunde anriefen und sagten, er solle mit seiner Kamera zum Gefängnis kommen, um das Geschehen zu dokumentieren", erzählt die Mutter. "Ich habe ihm gesagt, er habe frei und solle zu Hause bleiben - aber er ließ sich nicht aufhalten."
Bartholomäus Laffert
freier Journalist, Wien
Reportage
Die Unverurteilten
Seit Jahren warten Tausende mutmaßliche Anhänger*innen des Islamischen Staats (IS) in Gefängnissen im Nordosten Syriens auf ihre Prozesse. Die könnten bald beginnen. Aus Rakka und Hasaka von Bartholomäus Laffert
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