Bardo Faust

Journalist, Autor, Referent, Nieder-Olm

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Zeitmanagement in Restaurants Tisch-Reservierung: Gastronomen geben die Zeit vor

Von Bardo Faust


"Eine Tischreservierung für 19.30 Uhr? Geht nicht - aber für 18.30 Uhr": Solche Sätze bekommen Gäste immer häufiger zu hören. Das heißt nicht, dass sie in einer Stunde ihr Essen runterschlingen müssen. Mit Zeitmanagement versuchen Restaurants, eine gute Auslastung zu erreichen.

Ein schöner Abend mit Partner oder Freunden, die Laune ist prima - genau der richtige Moment, um das Leben zu feiern. Am besten im Lieblingsrestaurant um die Ecke. Doch da ist die Reservierung schwierig, der gewünschte Termin nicht möglich. "Aber eine Stunde früher geht's noch", heißt es am Telefon. Na gut, dann heißt es nach dem Essen eben schnell weiterziehen. Doch das ist gar nicht nötig. Aus einer Stunde werden locker zwei, von nachfolgenden Gästen, die auf ihren Tisch pochen würden, keine Spur. Also wäre der Tisch um 19.30 Uhr doch auch frei gewesen ...

Risiko minimieren

Die Gastronomen planen mittlerweile genauer, wollen das Risiko eines leeren Tisches minimieren: "Die Sensibilisierung bei Reservierungen ist in den letzten Jahren größer geworden", sagt Renate Mitulla. Die Geschäftsführerin des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga in Niedersachsen sieht den Grund dafür vor allem in fehlenden Stornierungsregelungen für Restaurants.

Wenn ein Gast reserviert, aber nicht kommt, geht das bisher voll zu Lasten des Gastronomen - was dann ein Problem ist, wenn es an Laufkundschaft fehlt und der Tisch den ganzen Abend leer bleibt. Einige Sterne-Restaurants wollen deshalb Storno-Gebühren verlangen, wenn Gäste einen Tisch reservieren, aber nicht kommen. Andere setzen auf frühe Kundschaft. Es könne durchaus sein, dass ein Tisch zum Beispiel für 18.30 Uhr reserviert wird, nicht aber für 19.30 Uhr, sagt Mitulla: "Dann hat der Unternehmer noch größere Chancen, den Platz anderweitig zu vergeben."

Genaue Planung nötig

Christoph Rombach vom Wein-Restaurant Laurenz in der Mainzer Neustadt kennt das Problem: "Der Eindruck, dass die Restaurants bei ihren Reservierungen genauer planen müssen, stimmt", sagt er. In manchen Häusern gebe es zum Beispiel vorgegebene Blocks, in denen sich die Reservierungen bewegen müssen. Immerhin sei der Kostendruck heutzutage so hoch, dass eine gute Auslastung wichtig sei. Zu viele leere Tische am Abend könnten sich Restaurants in guter Lage mit hohen Mieten gar nicht leisten.

Im Laurenz sind die Plätze abends recht schnell besetzt - mit acht Tischen ist das Restaurant relativ klein. Ein gutes Zeitmanagement ist dennoch wichtig, schließlich will Rombach auch noch Platz für Laufkundschaft haben, um potenzielle Gäste nicht zu verprellen. Er spiele daher auch mit dem Gedanken, künftig nur noch 70 bis 75 Prozent der Tische für die Reservierung freizugeben, sagt er.

Kein digitales Buchungssystem

Weitere Links zum Thema Wichtig ist ihm der persönliche Kontakt zum Kunden. Reservierungen werden persönlich und per Telefon entgegengenommen. Ein digitales Buchungssystem gibt es im Laurenz nicht: "Man kann dann mit den Leuten reden und zum Beispiel fragen, ob man auf eventuell freie Plätze am Tisch noch jemand dazusetzen darf, wenn es nötig wird." Für Rombach ein klarer Vorteil der klassischen Methode.

Diese sieht Dehoga-Frau Renate Mitulla aber an Bedeutung verlieren. Zwar werde derzeit noch in den meisten Häusern das Telefon favorisiert: "Aber das wird sich in nächster Zeit rasant ändern und die Reservierung über die neuen Medien, insbesondere Internet wird verstärkt zunehmen", glaubt sie. Vorteil dabei: Auch noch kurzfristig können Plätze beworben und reserviert werden. Gut für spontane Gäste, die nicht ewig vorplanen wollen - auch bei größeren Gruppen. Schlecht aber für die Kalkulation der Wirte, meint Verbandsvertreterin Mitulla.

Zweimal am Abend belegt

Ist ein Tisch schließlich reserviert und besetzt, kann der Gast im Laurenz so lange bleiben wie er will. Auch wenn er längst aufgegessen hat. In manch anderen Häusern wird es dagegen lieber gesehen, wenn der Gast nicht so lange bleibt: Vor allem in Top-Lagen mit hohen Mietkosten müssen die Tische häufig mindestens zweimal am Abend belegt sein, sagt Ulrich N. Brandl, Gastronom aus dem bayerischen Wald und Präsident des Dehoga Bayern.

Als Faustregel, wie lange ein Platz pro Gast belegt sein sollte, nennt er etwa eineinhalb Stunden: "Aber das hängt auch ganz speziell von der Art des Restaurants und dem Anlass ab." Das sieht auch Renate Mitulla so: "Ein Schnellrestaurant ist immer daran interessiert, mehrfach zu besetzen, ein Restaurant der gehobenen Art ist eher daran interessiert, dass sich die Gäste Zeit lassen und in Ruhe essen."


Online reservieren

Was bei Hotelbuchungen schon längst üblich ist, setzt sich für Restaurants erst so nach und nach durch: Buchungen übers Internet. Bookatable, Opentable, Lunchtime oder Quandoo heißen die gängigen Portale. Gäste können sich hier über Restaurants informieren, prüfen, ob zum gewünschten Zeitpunkt noch Plätze frei sind und diese verbindlich reservieren. Die Kosten trägt der Gastronom.


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