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Wunderwirkstoff Hyaluron

Die körpereigene Substanz unterstützt die Bindegewebsfasern, lässt die Haut prall und straff aussehen und gilt deshalb als wirksamer Anti-Faltenwirkstoff. Auch die Naturkosmetik setzt die Substanz in Pflegelinien für die reife Haut ein. // Astrid Wahrenberg

Hyaluronsäure kommt von Natur aus in unserem Körper vor. Entdeckt wurde die Substanzbereits 1934, - im Glaskörper von Rinderaugen. Die gelartige, viskose Flüssigkeit besteht aus zucker­ähnlichen Verbindungen. Sie ist ein natürlicher Bestandteil der Haut, findet sich außerdem im Auge, im Gelenkknorpel sowie als Schmiermittel in den Gelenken. Zu den herausragenden Ei­gen­schaften gehört die enorme Wasserbindungsfähigkeit. Ein Gramm davon kann mehrere Liter Wasser binden.

In der Haut fungiert Hyaluronsäure als Feuchthaltesubstanz. Sie unterstützt die Bindegewebsfasern Elastin und Kollagen, die die Haut fest und elastisch halten. Leider nimmt der Hyaluronsäuregehalt mit zunehmendem Alter ab. In jugendlicher Haut liegt die Konzentration in der Haut bei 0,03 Prozent, mit 60 sinkt sie auf Werte um 0,015 Prozent. Daher wird die Haut trockener und faltiger.

Mittel gegen das Altern

Ende der 90er-Jahre entdeckte die ästhetische Medizin Hyaluronsäure als Wunderwaffe im Kampf gegen das Altern. Sie gehört zu den sogenannten Filler-Substanzen, mit denen zum Beispiel Lippenfalten unterspritzt und Ge­sichtspartien wie eingefallene Wangen aufgefüllt werden. Weil der Organismus die körpereigene Substanz mit der Zeit wieder abbaut, sind die Ergebnisse nicht dauerhaft. Auch von außen soll Hyaluronsäure der Hautalterung entgegenwirken. Regelmäßig angewendet, erscheint die Haut glatter und straffer, Fältchen werden aufgepolstert -­ jedenfalls solange man cremt.

Inzwischen gibt es aber nicht nur eine Hyaluronsäure. Weil die relativ großen Moleküle der nativen Hyaluronsäure die Hautbarriere nicht durchdringen können, haben Forscher sie in kleinere Stücke zerlegt. Sie wird als niedermolekulare Hyaluronsäure bezeichnet.

Neue Anti-Aging-Produkte kombinieren häufig beide Arten: Die klassische, hochmolekulare Hyaluronsäure bleibt auf der Haut und sorgt für einen feuchtigkeitsspendenden Film auf der Oberfläche. Die niedermolekulare Hyaluronsäure mit ihrer kleineren Molekülstruktur kann in die Haut einziehen und somit nachhaltiger gegen Falten wirken. Sie ist viel teurer als die hochmolekulare Variante.

Studie belegt Wirksamkeit

Die Wirksamkeit belegt eine wissenschaftlich anerkannte Studie an der Klinik für Dermatologie und Allergologie der Ludwig-Maximilians-Universität München. Demnach ließen sich an 76 Personen mit sichtbaren Augenfältchen nach acht-wöchiger Anwendung von Hyaluronsäure mit verschiedenen Molekulargewichten eine deutlich bessere Hautfeuchte und -elastizität sowie eine nachhaltige Glättung der Haut-oberfläche nachweisen.

Die kleineren Fragmente der niedermolekularen Hyaluronsäure bewirkten laut Studie zudem eine „signifikante Verringerung der Hautrauigkeit und eine nachhaltige Glättung des Haut-oberflächenreliefs". Die Leitlinie „Dermokosmetik gegen Hautalterung" der Gesellschaft für Dermopharmazie e.V. listet die niedermolekulare Hyaluronsäure in der Spitzengruppe der Anti-Aging-Substanzen.

Kein tierisches Produkt

Ursprünglich hat man Hyaluronsäure aus Rinderaugen, Hahnenkämmen, Nabelschnüren und Gelenkflüssigkeit von Hühnern isoliert. Das birgt Risiken, weil mögliche Rückstände von tierischem Eiweiß allergische Reaktionen auslösen können. Tierische Hyaluronsäure ist nach Einschätzung des Chemikers Dr. Henry Haeusler, dessen Unternehmen die Naturkosmetik-Branche mit Hyaluronsäure beliefert, vom Markt verschwunden.

Stattdessen kommt eine biotechnologisch hergestellte Hyaluronsäure (INCI Sodium Hyaluronate) zum Einsatz. Bei dem industriellen Verfahren werden Mikroorganismen, z.B. bestimmte Hefestämme, deren Zellhülle Hyaluron enthält, in einem Fermenter unter kontrollierten Bedingungen vermehrt. Als Nährmedium kommen meist Weizeneiweiße und Zucker oder Rübenmelasse zum Einsatz. Die Biomasse wird anschließend gefiltert, gereinigt und zu einem Pulver getrocknet. Das Verfahren ist für zertifizierte Naturkosmetik erlaubt. Hyaluronsäure wird auch in der Medizineingesetzt (siehe Info-Kasten).

Verwirrende Auslobung

Einige Naturkosmetik-Hersteller und Beautyportale sprechen von veganer oder pflanzlicher Hyaluronsäure, andere von Bio-Hyaluronsäure. Wenn nach einer Abgrenzung zu konventioneller Kosmetik gesucht wird, fällt manchmal auch der Begriff synthetische Herstellung. „Hyaluronsäure wird heute biotechnologisch gewonnen - ob für Naturkosmetik oder konventionelle Kosmetik, da gibt es keine Unterschiede", sagt Chemiker Dr. Henry Haeusler.

Auch eine Bio-Hyaluronsäure gibt es seines Wissens nicht, „dazu müsste das Nährmedium Bio-Weizen und Bio-Zucker sein und das ist teuer." Naturkosmetik bewährt sich bei Produkten mit Hyaluronsäure mit etwas anderem: dem Verzicht auf bedenkliche Inhaltsstoffe wie chemisch-synthetische Konservierungsstoffe und Emulgatoren, die die Haut reizen können.

Botanische Hyaluronsäure

Einen anderen Ursprung als der weit verbreitete biotechnologisch hergestellte Anti-Aging-Wirkstoff hat Hyaluronsäure aus dem asiatischen Heil- und Speisepilz Tremella fuciformis (Zitterpilz oder Silberohr), die als botanische Hyaluronsäure bezeichnet wird. Der chemische Aufbau des Pilzextrakts ähnelt dem der nativen Hyaluronsäure. „Ob er allerdings wirklich genauso gut wirkt, ist nicht belegt, dazu gibt es bislang keine Studien", sagt Dr. Haeusler.

Info: Auch in Medizin beliebt

Vor der Karriere als Kosmetikrohstoff interessierte sich schon die Medizin für Hyaluronsäure. In den 70ern injizierten Mediziner die Substanz in Gelenke von Rennpferden mit Arthrose und später in menschliche Kniegelenke mit diesen Verschleißerscheinungen. Als natürliches Schmiermittel soll Hyaluronsäure die Gleitfähigkeit der Gelenke unterstützen, sodass sie bei Bewegung weniger schmerzen. Das hilft aber wohl nur in einem frühen Stadium und die Ursache - der Verlust an Gelenkknorpel - lässt sich damit nicht heilen.

Hyaluronsäure hat noch weitere medizinische Anwendungsgebiete, zum Beispiel begünstigt sie Wundheilungsprozesse. Als Zutat in Augentropfen („künstliche Tränen"), Lutschtabletten und Nasensprays unterstützt sie die Befeuchtung der Schleimhäute.

Es gibt auch Hyaluronsäure in Kapselform zum Einnehmen. Das Nahrungsergänzungsmittel soll gut für Haut und Haare sein. Jedoch gibt es dazu laut Verbraucherzentrale kaum Studien. „Ob Hyaluronsäure die Verdauung im Magen-Darm-Trakt und die Passage durch die Leber übersteht und bis zu den Falten in der Haut gelangt, ist äußerst zweifelhaft", schreibt die Organisation auf ihrem Portal Klartext Nahrungsergänzung.

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