Sie soll sich bereithalten, hat Bright ihr gesagt, es gehe bald los. Sobald sich der Wind legt. Sobald er die Soldaten bestochen hat, sobald neue Schlauchboote da sind. Morgen, nächste Woche, spätestens übernächste.
Da hat Pat gepackt. Eine Liste mit Telefonnummern, eine frische Bluse, Unterwäsche, eine Hose und einen 20-Euro-Schein, alles in eine Plastiktüte und braunes Klebeband darum, gegen das Wasser. Das Päckchen liegt jetzt auf ihrem Bett, neben ihrer Bibel und ihrem Mobiltelefon, in einer kleinen Pension in der Altstadt von Tanger. Oft, wenn sie ihr Bündel anschaut, dann kribbelt es in ihrem Bauch vor lauter Freude. Patricia Omorigie (Name geändert) aus Nigeria möchte nach Deutschland; im Juli setzte sie nach Spanien über.
Natürlich fürchtet sie sich vor dem Wasser. Sie kann nicht schwimmen. Sie kennt viele, die ertrunken sind. Aber sie kann nur diese Route bezahlen, die Fahrt über die Straße von Gibraltar. Und sie will endlich ankommen in Europa, sie will zu ihrem Bruder nach Stuttgart. Seit zwei Jahren ist Pat unterwegs. "Mein Leben liegt in Gottes Hand", sagt sie.
Morgens kniet sie vor ihrem Bett und betet, zusammen mit Charles, ihrem Freund. Sie kommt aus einer ehrbaren Familie, ihr Großvater war Richter, doch jetzt ist sie umgeben von Kriminellen, Mördern, Erpressern, Mädchenhändlern. Pat ist auf diese Typen angewiesen, aber sie verachtet sie. Sie betet.
Die Odyssee von Patricia Omorigie, 27 Jahre alt, begann im Januar 2001. Zweimal wurde sie verraten, einmal ist sie fast verdurstet, sie wurde festgenommen, sie hat sich den Fuß gebrochen. "This road is bloody", sagt Pat, diese Route ist durchtränkt mit Blut.
Sie kennt Nigerianer, die von anderen Nigerianern gefoltert wurden, weil sie ihre Schulden nicht bezahlen konnten. Eine ihrer Freundinnen wurde vor einem halben Jahr entführt, 7000 Euro sollen ihre Eltern für sie zahlen.