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Wie es weiterging – in Münsters Kitas

Wir haben es im RUMS-Brief vom 16. August geschrieben: Den Kitas in Münster fehlt Personal. Drei Monate später hat sich die Situation nicht verbessert – im Gegenteil. Immer mehr Erzieher:innen kündigen, weil die Belastung zu hoch ist. Und die Prognosen sind noch schlechter: Eine neue Studie der Bertelsmann Stiftung rechnet im Jahr 2023 mit rund 384.000 fehlenden Kita-Plätzen, weil das Personal knapp ist.

Die Erzieher:innen leiden

Kirsten Bücker-Enking ist seit vielen Jahren mit Herz Leiterin einer Kita in Elternträgerschaft in Hiltrup. In ihrer Kita gibt es drei Gruppen, in denen sich zehn Fachkräfte um knapp 50 Kinder kümmern: acht in Teilzeit, zwei in Vollzeit. Ab Januar arbeitet nur noch eine Fachkraft in Vollzeit. In letzter Zeit falle fast jede Woche jemand krankheitsbedingt aus, sagt Kirsten Bücker-Enking. Und Urlaub komme noch hinzu. Dadurch steige die Belastung für die übrigen Fachkräfte. Wie sie die halten soll, weiß Kirsten Bücker-Enking nicht: „Kaum einer geht noch gern zur Arbeit, weil man nicht weiß, welche Katastrophe als Nächstes kommt.“

In der Kita unter den Eichen in Mecklenbeck sieht es noch nicht ganz so schlimm aus. Dort „geht es so gerade noch“, sagt uns Erzieherin Monika Badde. Es gebe zwar keinen Tag mehr, an dem alle Fachkräfte anwesend sind, aber die Kita könnte noch planmäßig öffnen.

Die Eltern leiden

Wenn zu viel Personal ausfällt und die übrigen Fachkräfte die Betreuung der Kinder nicht mehr gewährleisten können, kommt es zu Schließtagen – trotz Rechtsanspruch auf Betreuung. In der Kita Schatzkiste in Gremmendorf fehlen sechs Erzieher:innen außerplanmäßig, drei weitere haben gekündigt. Deshalb hat die Kita in den letzten vier Wochen jedem Kind fünf Schließtage zugelost. Weitere sollen hinzukommen, sagt uns Katharina Stegemann, die ihre beiden Söhne in die Kita Schatzkiste schickt. Termine untereinander zu tauschen, ist erlaubt, aber auch nötig, wenn Geschwisterkinder teilweise unterschiedliche Schließtage bekommen. Dieser Zustand sei schon für berufstätige Eltern eine Zumutung. Aber alleinerziehende Berufstätige müssten irgendwann um ihren Job bangen, wenn sie wegen ihres Kindes so oft fehlten, sagt Katharina Stegemann. Den für die Betreuung gezahlten Elternbeitrag erhält sie übrigens nicht zurück.

Die Kinder leiden

Ach ja, da sind ja auch noch die Kinder. Die sind natürlich auch direkt betroffen. Wenn in der Kita in Hiltrup wieder ungeplant Personal ausfällt, müssen Gruppen zusammengelegt werden, sagt Kirsten Bücker-Enking. Aber auch dann könnten die restlichen Fachkräfte die Kinder nicht mehr so betreuen, wie sie eigentlich wollten. Sie bräuchte eigentlich zwei weitere Vollzeitkräfte. Und auch wenn die Kita unter den Eichen in Mecklenbeck den Alltag noch einigermaßen stemmen kann, die gesetzlich geregelten pädagogischen Aufgaben und die Bildungsarbeit der Fachkräfte blieben schon jetzt auf der Strecke und das bereite Erzieherin Monika Badde Sorgen.

Und die Politik?

Münsters Ratsbündnis hat am Dienstag die Ergebnisse der Etatverhandlungen vorgestellt. Dabei berücksichtigten sie auch den Personalmangel in den Kitas. Leon Herbstmann von den Grünen hat mit uns über zwei Maßnahmen zur Entlastung der Fachkräfte gesprochen: 

Erstens soll es ein jährliches Supervisionsangebot für die Einrichtungen geben. Das soll das Teamgefühl stärken, die Fachkräfte ermutigen, offen über die Engpässe zu sprechen, und sie an ihre Einrichtungen binden. 

Zweitens, und hier handelt es sich um die teurere Maßnahme, soll das Jugendamt eine Koordinierungsstelle „Fachkräfte“ einstellen, die zwischen allen Betroffenen koordiniert, Betreuungsangebot und -nachfrage überwacht sowie in Schulen und bei Quereinsteiger:innen für das Berufsfeld der Erzieher:innen wirbt. Außerdem soll sie prüfen, ob nach den städtischen Kitas auch freie Träger ausländische Fachkräfte anwerben können. 

Am 1. Dezember entscheidet der Ausschuss für Kinder, Jugendliche und Familien darüber. Erst dann liegen genaue Details vor. (ast)


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