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Übergewinnsteuer in Spanien: Mit links zur Übergewinnsteuer

Deutschland debattiert noch, macht schon mal: Wer von der Krise profitiert, soll mehr zahlen. Während hierzulande die FDP eine Übergewinnsteuer blockiert, wird Spanien so seine Bürgerinnen und Bürger, die unter der Inflation leiden, entlasten. "Wir fordern die Großunternehmen auf, es den Verbrauchern gleichzutun, die die Hauptlast der Krise tragen, und dafür zu sorgen, dass diese Situation nicht zu Boni für ihre Topmanager führt oder ihre Gewinne mästet", so der spanische Regierungschef Pedro Sánchez Ende Juli, als er die "Steuer für Banken und Energieunternehmen" vorstellte.

Im Wesentlichen setzt Spanien um, was in Deutschland SPD, Grüne und Linkspartei fordern. Energieunternehmen und Banken sollen auf einen Teil ihrer Gewinne Extrasteuern zahlen. Besonders Energieunternehmen würden aufgrund gestiegener Rohstoffpreise von der Krise profitieren. Sie würden sogenannte Windfall-Profits erzielen - also Gewinne, die aus der Marktlage entstehen und nicht durch eigene Innovation oder Investitionen zu begründen sind.

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Die linke Regierung in Spanien will konkret 4,8 Prozent zusätzliche Steuern auf Nettozinsgewinne und Kundengebühren von Banken erheben, die pro Jahr mehr als 800 Millionen Euro Umsatz machen. Außerdem sollen Energieunternehmen 1,2 Prozent ihres Gesamtumsatzes zusätzlich abführen, wenn ihr Umsatz eine Milliarde Euro im Jahr überschreitet. Die Steuer ist zunächst auf zwei Jahre angelegt. Die Regierung hofft, in diesem Zeitraum rund sieben Milliarden Euro zusätzlich einzunehmen.

Damit ist Spanien in Europa nicht allein, mehrere Länder haben eine Variante der Übergewinnsteuer eingeführt, unter anderem Italien und Großbritannien. Deutschland gehört nicht dazu. Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner lehnt sie ab. Eine solche Steuer sei mit dem Steuerrecht nicht vereinbar. Auch die CDU hat Zweifel, ob sich etwa rechtssicher abgrenzen ließe, was nun ein Übergewinn ist.

Ähnlich argumentieren die betroffenen Unternehmen in Spanien. So bezeichnete der Geschäftsführer des spanischen Erdölunternehmens Repsol, Josu Jon Imaz, die Zusatzsteuer als "willkürliche Maßnahme", die man "mit allen Mitteln bekämpfen" werde. Die spanische Bankenvereinigung AEB und der Sparkassenverband CECA erklärten in einer gemeinsamen Pressemitteilung, dass die Übergewinnsteuer Auswirkungen auf die Kredit- und Risikoentscheidungen der Banken habe. Außerdem schwäche sie ihre Wettbewerbsfähigkeit im europäischen Raum.

José Antonio Álvarez, der Chef der größten spanischen Bank Santander, kündigte an, dass die Bank durch die angekündigte Steuer 50 Milliarden Euro weniger an Krediten vergeben könne. Darunter würden vorerst Aktionäre und die Gesamtwirtschaft leiden.

Experten fürchten indes, dass die Steuer auf die Kunden umgelegt werden könnte. Mónica Melle, Dozentin für Wirtschaft an der Universität Complutense, sagte in einem Fernsehinterview, dass etwa Gebühren für Bargeldabhebungen oder Scheckeinzahlungen steigen könnten. Zwar droht die Regierung in ihrem Gesetzesentwurf mit Strafzahlungen für Unternehmen, die die Steuer auf Verbraucher umlegen. Allerdings wird der Kontrollmechanismus, mit dem sich das feststellen ließe, als unzureichend kritisiert. Spanien braucht das Geld.

Inflation von rund zehn Prozent

Die Übergewinnsteuer soll zum Teil die Entlastungsmaßnahmen finanzieren, die Spanien bereits eingeführt oder beschlossen hat, wie Tanksubventionen, Mietbeihilfen und mehr staatliche Kredite. So will das Land vor allem gegen die hohe Inflation vorgehen. Im Juni stieg sie im Vergleich zum Vorjahresmonat auf rund zehn Prozent.

Darüber hinaus wurden die Mehrwertsteuer auf Strom innerhalb von zwei Jahren im Juni zum zweiten Mal gesenkt, staatliche Hilfen für Studierende und Schüler um 100 Euro erhöht und Anfang August kam im Zuge eines Energiesparpaketes die Subvention für den öffentlichen Nahverkehr hinzu: Für Vielfahrer ist der Nahverkehr zwischen September und Dezember umsonst. Gratismentalität muss sich hier niemand unterstellen lassen, dafür eine Bedingung erfüllen: mehr als 16 Fahrten mit Bus oder Metro in diesen vier Monaten. Hinzu kommen Rabatte auf Regional- und Fernzüge von bis zu 50 Prozent.

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