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Mit Spielwitz gegen einen hungrigen Löwen

Hertha BSC geht am Sonntag (15:30 Uhr) als Tabellenletzter ins Duell beim FC Bayern München. Pal Dardai will keinen "Quatsch" erzählen - und macht sich dennoch leise Hoffnungen auf einen Punktgewinn. Von Anton Fahl

Die Themen der Woche

In den Tagen vor dem Auswärtsspiel beim FC Bayern München (Sonntag, 15:30 Uhr) ließ Pal Dardai seinen Worten Taten folgen. Nach der derben 2:4-Heimpleite gegen den SV Werder Bremen hatte der Hertha-Coach angekündigt, Tugenden wie Einsatz, Mentalität und Disziplin, die für ein Bestehen in der Bundesliga elementar sind, kompromisslos von seinen Spielern einzufordern. "Ich möchte von meiner Handschrift etwas sehen, bin aber kein Zauberer", so Dardai. Noch am Sonntag verwies er Mittelfeldspieler Ivan Sunjic öffentlichkeitswirksam des Trainingsplatzes. Am Dienstag teilte der Verein schließlich mit, dass der Kroate "aus disziplinarischen Gründen bis auf Weiteres suspendiert" sei.

Die Stimmung rund um den Schenckendorffplatz ist: angespannt. Die sportliche Lage spitzt sich für die Herthaner (18. Platz, 22 Punkte) - mit nur noch fünf ausstehenden Spielen - von Woche zu Woche weiter zu. Doch zumindest deutete sich unter der Woche an, wie der "Berliner Weg", der von den Verantwortlichen der "Alten Dame" zuletzt immer wieder heraufbeschworen wurde, aussehen kann. Gleich sechs Nachwuchsspieler aus Herthas Akademie durften sich im Profi-Training zeigen und beweisen.

So auch der 17-jährige Offensivspieler Ibrahim Maza, den Dardai schon bei seiner Rückkehr auf den Trainerposten namentlich hervorgehoben hatte. "Er wird bestimmt bei mir dabei sein. Ich habe keine Angst davor, Jugendspieler in wichtigen Situationen reinzuschmeißen." Perspektivisch könnte Maza ein wichtiger Baustein werden. Hertha BSC gab noch am Donnerstag bekannt, den "Berliner Jungen mit Herz und Käfigkickermentalität" langfristig an den Verein gebunden zu haben, wie Sportdirektor Benjamin Weber es formulierte.

Zum Angeben

Starten wir mit einem Mutmacher aus Berliner Sicht: Unter dem neuen Trainer Thomas Tuchel präsentierte sich der FC Bayern in letzter Zeit äußerst formschwach. Seit vier Pflichtspielen wartet der FCB nun schon auf einen Sieg. Länger waren die Münchner letztmals vor sechs Jahren unter Carlo Ancelotti (fünf Spiele) ohne einen "Dreier". Aber: Seit September 2014 gewann der FC Bayern in der Bundesliga jedes einzelne seiner 15 Duelle, wann immer die Münchner auf Teams trafen, die mit der "Roten Laterne" ins Spiel gingen.

Der Gegner

In der Vorwoche musste der FCB die Tabellenführung an Borussia Dortmund abgeben. Mit 59 Punkten belegen die Münchner "nur" noch den zweiten Platz, den Gewinn ihrer elften Deutschen Meisterschaft in Folge haben sie somit nicht mehr in der eigenen Hand. Außerdem ist Bayern zum ersten Mal seit elf Jahren zu einem derart späten Zeitpunkt der Saison nicht Tabellenführer der Bundesliga. Doch Dardai ist gewarnt: "Uns erwartet ein hungriger Löwe." Bayern habe zuletzt viel liegengelassen und werde alles dafür geben, Hertha zu schlagen, so der Hertha-Coach. "Ich schätze Herrn Tuchel sehr, er ist ein sehr guter Trainer. Wir müssen eng verteidigen, Bayerns individuelle Qualität ist riesig."

Das Personal

Die Personalnot im blau-weißen Lager wird immer größer. Neben dem suspendierten Ivan Sunjic werden Marc Oliver Kempf und Suat Serdar gelbgesperrt fehlen. Stevan Jovetic, Marton Dardai und Marco Richter können aufgrund muskulärer Probleme nicht mit in den Süden der Republik reisen. Kevin-Prince Boateng fällt mit Adduktorenbeschwerden aus. Die beiden U19-Spieler Pascal Klemens und Veit Stange werden dagegen im Spieltagskader auftauchen. Und Dardai dürfte erneut im 4-2-3-1-System auflaufen lassen. Für die Spielmacherposition ist Jean-Paul Boetius eine Option: "Er hat die Fähigkeit, den letzten Pass zu spielen", sagte Dardai auf der Spieltagspressekonferenz. Boetius spiele ähnlich kreativ wie Zecke damals, "mit Spielwitz".

So könnte Hertha beginnen: Christensen - Pekarik, Uremovic, Rogel, Plattenhardt - Tousart, Cigerci - Lukebakio, Boetius, Scherhant - Ngankam

Es fehlen: Kempf und Serdar (beide gelbgesperrt); Jovetic, Dardai und Richter (allesamt mit muskulären Problemen); Boateng (Adduktorenprobleme), Sunjic (suspendiert) und Nsona (Aufbautraining nach Knie-OP)

Die Prognose

Es ist dieser Tage wieder viel darüber gesprochen und geschrieben worden: Seit 1977 hat Hertha BSC in der Bundesliga nicht mehr beim FC Bayern gewonnen. Pal Dardai macht sich, auch gegen formschwache Münchner, keine Illusionen. "Ich will nicht irgendwelchen Quatsch erzählen. Als Spieler und Trainer habe ich es noch nie geschafft, dort zu gewinnen. Ich glaube, einen Punkt können wir zusammenkratzen, aber dafür will ich einige Sachen sehen." Auf gutes Gegenpressing, das Gewinnen zweiter Bälle und Standardsituationen werde es ankommen. "Wir haben eine komplette Einheit nur für Standards investiert."

Der rbb|24-Tipp: Es bleibt dabei: In der Münchner Allianz Arena gibt es für Hertha nichts Zählbares zu holen. Ersatzgeschwächte Berliner verlieren mit 1:5.

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