Mit der Leinwandvariante der drei Staffeln umfassenden Crime-Noir-Serie „Veronica Mars" schaffte es nach „Stromberg - Der Film" in diesem Jahr bereits das zweite, von Fans (mit)finanzierte Kinoprojekt in die hiesigen Lichtspielhäuser. Ein drittes wird folgen, wenn in wenigen Wochen Zach Braffs „Wish I Was Here" in die Kinos kommen wird, doch bis dahin widmet sich IOFP einmal mehr dem Heimkino. Im Falle des „Veronica Mars"-Films ist dies auch bitter nötig, denn trotz einer recht großen Fangemeinde blieb die Anzahl der Filmkopien deutschlandweit in einem übersichtlichen Rahmen. Nicht einmal die 100.000-Besucher-Marke konnte der filmgewordene Jugendkrimitraum knacken, doch angesichts des ungemein charmanten Fan-Service, den Serienschöpfer Rob Thomas den Liebhabern des vielzitierten Formats und Mitfinanciers hier bietet, ist diese Tatsache fast ein wenig traurig. All jene, die ihre Detektivheldin auf der großen Leinwand versäumten, können Veronicas erstes Spielfilmabenteuer nun zuhause erleben.
Ihre Zeit als Amateurdetektivin in Neptune/Kalifornien hat Veronica Mars ( Kristen Bell) hinter sich gelassen und steht nun kurz davor, ihr Studium an der juristischen Fakultät abzuschließen. Sie bewirbt sich schon bei noblen Anwaltskanzleien, da erhält sie einen Anruf von ihrem Ex-Freund Logan ( Jason Dohring), der wegen Mordes angeklagt wird. Veronica fährt zurück nach Neptune und hilft Logan, einen Anwalt zu finden. Doch als sie den Eindruck hat, dass in Logans Fall nicht alles mit rechten Dingen zugeht, zieht es sie zurück in ein Leben, mit dem sie doch eigentlich abgeschlossen hatte.
Als Nicht-Fan der Serie, die in den Jahren 2004 bis 2007 über die internationalen Fernsehschirme flimmerte und deren Serienboxen auch nach der Ausstrahlung alles andere als ein Ladenhüter wurden, kommt der 107-minütige Streifen vermutlich wie die Doppelfolge eines typischen US-Crime-Formats daher. Die Versatzstücke dieser berechenbaren Unterhaltung sind gegeben. Der „Fall der Woche" erweist sich als ein Verwirrspiel aus Intrigen und Bösartigkeiten, die weit in die Jugendzeiten der Verstrickten hineinreichen. Ein Motiv besitzt so ziemlich jeder, anders könnte das klassische Whodunnit-Prinzip kaum greifen, doch in diesem Fall ist auch die nach wie vor bildhübsche Hauptaktrice Kristen Bell (lieh zuletzt Anna aus „Die Eiskönigin" ihre Stimme) nicht davor gefeit, in ihrer eigenen Vergangenheit kramen zu müssen, um dem Täter auf die Schliche zu kommen. Vor diesem Hintergrund ist es ungemein charmant, mit den beliebten Serienfiguren zu hantieren. Nahezu im Minutentakt finden sich Anspielungen auf den Serienklassiker wieder. Dass das größte Sehvergnügen so für all jene aufkommt, die sich schon vorab zu den „Veronica Mars"-Fans zählen konnten, ist offenkundig, doch auch ohne Vorwissen und fangegebenen Backround kann „Veronica Mars" auf eigenen Beinen stehen.
Der Cast um Kristen Bell und Jason Dohring („Deep Impact") versprüht das Lebensgefühl all derer, die sich schon einmal dem Freud und Leid eines Klassentreffens hingeben durften. Die Wiedersehensfreude der Darsteller springt alsbald auch auf das Publikum über - und wer nicht weiß, was all die Charaktere miteinander verbindet, der lässt sich einfach von der ungezwungenen Spielfreude ihrer anstecken. Auch die Cameo-Auftritte zwei großer Hollywoodstars dürften sogar denen Vergnügen bereiten, die „Veronica Mars" nicht als das Stelldichein liebgewonnener Figuren empfinden: Fan-Service für Anti-Fans.
Stilsicher manövriert sich die Geschichte vor an Film-Noir erinnernder Kulisse durch die Settings vergangener Zeiten. Dass gewisse Thematiken wie Korruption und die ansteigende Verbrechensrate dabei nur stiefmütterlich behandelt werden können, ist schade, war angesichts der eigentlichen Produktionsausrichtung aber wohl unvermeidlich. So erweist sich „Veronica Mars" erwartungsgemäß als Schmankerl für Fans, gleichsam als spannende Variation gängiger Genre-Mechanismen. Ob Fan oder nicht: Wir freuen uns einfach nur, welche Projekte Fanherzen und moderne Medien heutzutage möglich machen!
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