Trotz der Empfehlung der Ständigen Impfkommission fehlt vielen Eltern das Vertrauen in die Sicherheit der Impfung. Das hat die Politik selbst zu verschulden, sie hat die Stiko demontiert und damit das Vertrauen in sie unterminiert. Für die Zukunft muss gelten: Die Politik sollte sich hüten, Druck auf die Wissenschaft auszuüben, kommentiert Antea Obinja.
Berlin. Eigentlich gab es an dem Vorgang wenig zu kritisieren: Nach Prüfung der Studien und Abwägung der Risiken hat die Ständige Impfkommission (Stiko) vor knapp zwei Wochen empfohlen, Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Dafür ist die Kommission aus Wissenschaftlern und Ärzten da, es ist gewissermaßen ihr Job.
Doch dem war die Politik zuvorgekommen. Anstatt die Empfehlung abzuwarten, hatten die Gesundheitsminister von Bund und Ländern bereits Anfang August beschlossen, allen Kindern und Jugendlichen ab zwölf Jahren eine Impfung zu ermöglichen. Damit stellten sie öffentlichkeitswirksam die Autorität der Stiko infrage.
Und nicht nur das: Auch Angriffe wie der des SPD-Gesundheitspolitikers Karl Lauterbach, der der Stiko vorwarf, sich „verrannt" zu haben, und ihr eine „Außenseiterposition" attestierte, haben das Vertrauen der Menschen in die Kompetenz der Kommission nicht gerade gestärkt.
Das Ergebnis zeigt sich jetzt: Viele Eltern sind skeptisch, was die Sicherheit der Impfung angeht. Hätte die Stiko ihre Empfehlung auch ohne Druck der Politik ausgesprochen? Manche zweifeln daran. Auch wenn die Kommission selbst deutlich gemacht hat, dass sie unabhängige Entscheidungen trifft, bleibt ein Rest an Unsicherheit.
Das könnte die Impfkampagne bei Kindern massiv gefährden. Und: Es wäre vermeidbar gewesen. Anstatt für kluge Hygienekonzepte und ausreichend Luftfilter in Schulen und Kitas zu sorgen, hat die Politik die Glaubwürdigkeit der wichtigsten Experten und Expertinnen im Kampf gegen das Virus unterminiert. Und das mitten in einer Pandemie. Den Scherbenhaufen, den sie damit hinterlassen hat, müssen die Kinder- und Jugendärzte nun in den Praxen zusammenkehren.
Die Lehre für die Zukunft ist eindeutig: Politiker sollten Wissenschaftler ihren Job machen lassen. Und vor allem sollten sie sich hüten, Druck auszuüben.
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