In Rothenburgsort versuchen Aufklärungsteams, Ängste vor den Corona-Vakzinen zu nehmen. Doch Gerüchte und Fake News sind hier nicht die einzigen Probleme.
Eine Impfung gegen Covid-19? "Nein, nein", raunt Aynur und senkt den Blick, als ginge es um etwas Anrüchiges. "Nein", sagt sie noch einmal - für sie komme das auf keinen Fall infrage. Wegen der Nebenwirkungen. "Woher weißt du denn, dass die so schlimm sind?", fragt Gabriele Wohltmann mit freundlicher Stimme. Aynur zupft ihr Kopftuch zurecht und erzählt, dass ihr Mann gerade frisch geimpft sei. "Nach der Spritze ging es ihm ganz schlecht, er hatte Fieber und starke Schmerzen."
Da lacht Wohltmann. "Aaach, die Männer! Die jammern doch immer sofort!" Die anderen Frauen in der Runde lachen mit, und sogar Aynur wirkt plötzlich entspannter.
Eigentlich hatte sich die kleine Runde Frauen auf dem Spielplatz im Traunspark in Rothenburgsort getroffen, um ihre Kinder beim Toben im Sandkasten zu beobachten und dabei Kürbiskerne zu knacken. Dann aber wurden sie von Gabriele Wohltmann unverhofft in ein Gespräch über Corona-Impfungen verwickelt. Wohltmann leitet die örtliche Elternschule. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen Derya Demirci und Ingrid Winzer zieht die Sozialpädagogin im Auftrag des Bezirks Mitte durch das Viertel, um zu reden: darüber, wie man sich vor dem Virus schützt, wo man sich testen lassen kann. Und sie will erklären, warum die so wichtig sind.
Seit vier Wochen schickt der Bezirk Corona-Aufklärungsteams durch Stadtteile, in denen die Infektionszahlen im vergangenen Jahr besonders hoch waren. Die Aktion ist Teil einer Informationsoffensive der Stadt, die im April gestartet ist. Eine Datenanalyse des hatte offengelegt, dass sich in ärmeren Vierteln wie Billstedt oder Rothenburgsort deutlich mehr Menschen infizieren als in den gut situierten Stadtteilen. Ein ähnliches Gefälle lässt sich in vielen Metropolen beobachten. Doch während etwa Berlin oder Bremen in benachteiligten Stadtteilen vorrangig impfen, verstärkt Hamburg die Aufklärung. Mit Flyern, mit Großplakaten vor Supermärkten, mit einem Corona-Infomobil - und neuerdings auch mit Gesprächen vor Ort.
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