Annika Kremer

Freie Journalistin, Rheinberg

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Artikel

Was ist Kinderpornografie?

Das Thema Kinderpornografie ist derzeit wieder verstärkt Gegenstand öffentlicher Diskussionen. Gerade die Edathy-Affäre bewegte die Gemüter und gab sogar Anstoß zu einer Verschärfung entsprechender Gesetze. Was jedoch hat es mit Kinderpornografie auf sich und vor allem wie kann sie sinnvoll bekämpft werden? Darüber, dass Kinder vor Missbrauch und Ausbeutung geschützt werden müssen, ist sich wohl die überwiegende Mehrheit der Menschen einig. Wie das jedoch im Internet-Zeitalter praktisch umzusetzen ist, darüber gehen die Meinungen auseinander.

Definition

Bei Kinderpornografie handelt es sich um Bilder oder Videos nackter, häufig in sexueller Pose oder bei sexuellen Handlungen dargestellter Kinder oder Jugendlicher. Menschen, die sich aufgrund abweichender sexueller Vorlieben zu Kindern hingezogen fühlen, sogenannte Pädophile, konsumieren dieses Material, um sich sexuell anzuregen. In Deutschland wie auch in den meisten Ländern sind die Herstellung, der Besitz und die Weitergabe von Kinderpornografie strafbar.

Die Edathy-Affäre

Seit Januar 2014 wird wegen des Besitzes von kinderpornografischen Fotos und Videos gegen Sebastian Edathy ermittelt. Der SPD-Politiker wird verdächtigt, zahlreiche Bilder posierender Kinder gekauft und gesammelt zu haben. Der Fall erregte großes mediales Aufsehen und führte zur Niederlegung von Edathys Bundestags-Mandat.

Wie die Nachrichtenagentur AFP berichtet, soll Edathy ab dem 23. Februar 2015 der Prozess gemacht werden. Im Höchstfall drohen ihm im Falle einer Verurteilung zwei Jahre Haft.

Gesetzesverschärfung

Im Zuge der Edathy-Affäre kam es schnell zu Diskussionen über eine Verschärfung der deutschen Gesetze gegen Kinderpornografie und Missbrauch. Am 14.11.2014 wurde diese vom Bundestag beschlossen. Demnach macht sich künftig strafbar, wer Kinder und Jugendliche nackt fotografiert oder filmt, um die Bilder zu verkaufen oder in Tauschbörsen einzustellen. Damit wird eine bisherige rechtliche Grauzone weitgehend aufgehoben. Nach bisherigem Gesetzesstand war es schwer zu beurteilen, ob Bilder, die nackte Kinder oder Jugendliche zeigen, aber nicht explizit sexueller Natur sind, als Kinderpornografie einzustufen sind oder nicht. Darüber besteht nun kein Zweifel mehr: auch sogenannte Posing-Bilder und andere Nacktfotos dürfen nicht mehr verbreitet werden.

Ein anfangs diskutierter noch strengerer Gesetzesentwurf, der auch das unbefugte Fotografieren nackter Kinder ohne Absicht einer Weiterverbreitung unter Strafe gestellt hätte, wurde allerdings verworfen, da eine Kriminalisierung auch an sich harmloser Handlungen befürchtet wurde.

Kritik anderer Art kommt unter anderem vom Deutschen Kinderschutzbund. Dieser kritisierte zu Beginn der Debatte in einer Pressemitteilung, im Zuge der öffentlichen und politischen, vor allem auf die strafrechtlichen Aspekte der Thematik konzentrierten Diskussionen über das Thema kämen „die Würde und der Schutz von Kindern [...] zu kurz". „Hinter jedem Bild steht ein Kind mit seinem Schicksal", erinnerte Paula Honkanen-Schoberth, Bundesgeschäftsführerin des Deutschen Kinderschutzbundes. Der Verein weist außerdem darauf hin, dass Strafen allein die Täter häufig nicht abschrecken und daher als Antwort auf das Problem nicht ausreichen.

Sexting und Co. verschärfen das Problem

Viele Jugendliche sind heutzutage stark elektronisch vernetzt und kommunizieren dementsprechend auch mit ihren Freunden und Bekannten gerne per SMS und Internet. Da verwundert es nicht, dass die heutige Teenager-Generation elektronische Kommunikationsmittel auch bei der Erforschung ihrer erwachenden Sexualität nutzt. Jugendliche schicken sich beispielsweise im Rahmen des sogenannten Sexting gegenseitig sexuell explizite Fotos. Dies wird nicht nur als sexuell anregend wahrgenommen, sondern von vielen Jugendlichen auch als Beweis von Liebe und Treue angesehen. Neben SMS werden dazu auch Online-Dienste, unter anderem der Foto-Austausch-Dienst Snapchat, gerne verwendet.

In Bezug auf die Kinderpornografie-Problematik wirft dieses Kommunikationsverhalten der Jugendlichen allerdings Probleme auf. Eines davon ist die bereits angesprochene potenzielle Kriminalisierung jugendlicher „Sexter", die allerdings durch die Entschärfung des Gesetzesentwurfs weniger wahrscheinlich erscheint.

Problematischer ist die Tatsache, dass sich tatsächlich viele Straftäter auf diesem Wege mit Bildern zum eigenen Konsum oder zur Weiterverbreitung versorgen. Viele Bilder landen - sei es aus Rache, aus technischem Unverstand oder schlichter Unachtsamkeit - öffentlich im Internet. Sind sie einmal dort zu finden, lassen sie sich kaum noch kontrollieren oder löschen. Nicht ausreichende Datenschutz-Features vieler Dienste verschärfen dieses Problem.

Wie aber kann man Jugendliche schützen, ohne sie über Gebühr in ihrer Kommunikation und dem Entdecken ihrer Sexualität einzuschränken? Eine Patentlösung gibt es nicht. Ein sinnvoller erster Schritt ist zweifellos eine gute Medienerziehung von Kindern und Jugendlichen, die sie sensibilisiert und Möglichkeiten zum Selbstschutz aufzeigt. Daneben wäre es zweifellos hilfreich und daher dringend zu fordern, bei entsprechenden Apps und Online-Angeboten mehr auf IT-Sicherheit und Datenschutz zu achten - gerade, wenn diese typischerweise von Minderjährigen genutzt werden.

Straftaten sind schwer zu verfolgen

Ein weiteres Problem bei der Bekämpfung von Kinderpornografie ist die Tatsache, dass diese - wie praktisch alle online begangenen Straftaten - nur äußerst schwer zurückzuverfolgen ist. Zwar lässt sich der Besitz entsprechender Medien durch eine IT-forensische Untersuchung des Computers gut nachweisen. Geht es jedoch um die Weiterverbreitung der Medien, stoßen die Ermittler häufig auf technische Schwierigkeiten. Das Internet bietet viele Möglichkeiten zur anonymen Kommunikation. So bleiben viele Anbieter von Kinderpornografie trotz der Strafbarkeit ihres Handelns unbehelligt. Auch hierfür gibt es noch keine überzeugende generelle Lösung - jedenfalls keine, die den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit genügt und nicht in extremem Ausmaß auch die Rechte unbescholtener Internet-Nutzer einschränkt. Bessere Erfolge erzielten glücklicherweise in den letzten Jahren Bemühungen, kinderpornografische Inhalte zu löschen und so wenigstens eine weitere Verbreitung zu unterbinden.

Das traurige Thema Kinderpornografie wird in den nächsten Jahren die Gesellschaft zweifellos noch erheblich beschäftigen. Das Internet bietet Menschen mit entsprechenden Neigungen - und denjenigen, die von diesen Neigungen finanziell profitieren - umfangreiche neue Möglichkeiten. Darauf zu reagieren, ist eine große und komplexe Herausforderung, der wir uns jedoch zum Schutz der Kinder entschlossen stellen müssen.

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