Jüdisches Museum Berlin GEHORSAM: Eine Installation von Saskia Boddeke & Peter Greenaway! Der Mord am Sohn aus Gehorsam, ein starkes Bibel-Stück, Gott oder Vaterliebe, Gehorsam oder Aufbegehren?
Ein Blog-Beitrag von Freitag-Community-Mitglied Annette van den Bergh
" Der britische Filmemacher Peter Greenaway und die Multimedia-Künstlerin Saskia Boddeke begreifen die Opferung Isaaks als menschliches Drama.
Was ist stärker: das Gebot Gottes oder die Liebe des Vaters?
Und wie verortet sich das moderne Subjekt im Spannungsfeld von Gehorsam und Vertrauen?"
Ich gehe hin und schau mir das an!
Was wird diese Installation in 15 Räumen mit mir anstellen? Nicht nur der Name Peter Greenaway reizt, nein, vorrangig lockt mich das (eigentlich ungeheuerliche) Thema!
Um den Bibel-Text wissend, beschäftigt mich die Frage:
"Bin ich Isaak oder bin ich Abraham?
Eigenartige Zeiten sind das, in denen wir leben. Und eigenartige Zeiten sind das gewesen, in denen wir lebten. Beides wird uns, den Besuchern, beim Besuch der virtuosen Ausstellung " Gehorsam" im J üdischen Museum Berlin gleichermaßen bewusst. Bevor wir in der altbiblischen MenschenWelt, kuratiert von Peter Greenaway & Saskia Boddeke, landen dürfen, müssen wir uns in der Abflughalle vor den Ticket-Schaltern einer eingehenden Sicherheitskontrolle unterziehen: Leibesvisitation und Handgepäckskontrolle, alles technisch auf dem aktuellen Stand eines Hochsicherheits-Airports. Das Ticket, hinein in neue Erfahrungswelten, dagegen ist rasch ergattert. Kein allzu großer Andrang, obwohl doch "Sensations-Ausstellung"! Der "Flug" ist kurz, nur eine Wendeltreppe lang. Die Landung, im Dunkel des 1. von 15 Zimmern, lässt dann das Herz doch ein wenig flattern, so nah dran an Peter Greenaway, da kann Einem doch schummrig werden. Und dann noch das Thema: Abrahams Versuchung, der Sohn als Opfer, der geliebte Sohn, wohlgemerkt! Ein Video zeigt zur Einstimmung Abraham, Engel und Isaak, sich gegenseitig bedingend, miteinander ringend. Wir atmen durch und gehen weiter...! (Wir wissen: Der rettende Hammel wird irgendwann kommen...!)
Doch zuerst einmal kommt nach der Dunkelheit Finsternis. Schwarze Vorhänge aus dickem Filz sind zu bezwingen, um jeweils in den kommenden Raum vorzudringen. "Ich bin Isaak" schallt uns mehrstimmig entgegen. Und: "Ich bin Ismael"! Wir stehen vor einer riesigen Leinwand und blicken in unschuldige, traurige, schüchterne oder kecke Augenpaare von Kindern und Jugendlichen aus aller Herren Länder. Ihr Mund bekennt: Ich bin...! Uns dämmert im Dämmerlicht: In Abrahams Haut hätten wir nicht stecken wollen...! (Wo ist er denn nun, der rettende Hammel...?)
Christentum, Judentum und Islam, sie alle verbindet diese Geschichte um Abrahams Gottesgehorsam, der wiederum Isaak´s Gehorsam impliziert und im Christentum durch die Opferung Christi am Kreuz seinen Höhepunkt erlebt. Viele Interpretationen und Lesarten werden immer wieder versucht. Ist das ein eifersüchtiger Gott, der grausam gegen die Vaterliebe konkurriert? Ist Abraham ein Gehorsamer oder schlicht ein Vertrauender? Geht es nicht auch, in der Tiefe der Geschichte, um die große Frage der Theodizee? Peter Greenaway und Saskia Boddeke verhandeln in ihrer Ausstellung nicht die Geschichte und die Beziehung von Gott und Mensch, sondern schildern das Ganze als emotionales Drama, das im Menschen lebt und immer lebendig sein wird. So wie die Religionen, Gott, Satan und der Engel allesamt als MenschenGemachtes, dennoch dunkel und auch geheimnisvoll, wie des Menschen Abgründe eben sind, hier zu einem sinnlich und hochemotional aufgeladenen Erlebnispark werden. "Ich bin ein Engel", raunt uns Jemand zu und wir folgen ihm in den "weißen Raum", den Engel-Raum. Weiße Federn an den Wänden, verwirren ein ausgestopfter, verrenkt liegender Schwan und gerungene Hände, verzweifelt im Gebet um Hilfe rufend, auf dass ein Engel herniederschwebe. Ein, zwei, drei klitzekleine rote Flecken, ist das etwa Blut???, sind zwischen den Federn zu erkennen und wir fliehen zu Satan! Vielleicht ist er da, der Hammel? Satan ist ein rothaariger Transvestit, er schneidet Grimassen und rezitiert seine Wut und wir versinken in Erinnerung. Erinnerung an Peter Greenaway und seine Filme, alles ist gut, kurze Erholung nur, Satan gibt uns den Hammel, für 5 Minuten!
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