Märchen, Zeichentrick, Buchverfilmungen: Die Auswahl an Kinderfilmen ist groß. Deutsche Produktionen mit realistischen Inhalten sind allerdings eher selten. Wolfgang Börnsen ist kultur- und medienpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und setzt sich für eine bessere Förderung deutscher Kinderfilme ein. mitmischen-Autorin Annegret erzählt er im Interview, was er gerne auf Bildschirm und Leinwand sehen würde.
Herr Börnsen, warum haben es deutsche Kinderfilme so schwer, dass der Bundestag sich für Ihre Förderung einsetzen muss?
Kinderfilme haben in Deutschland zwar ein großes Publikum, aber die Quotenbringer beziehen sich durchweg auf Märchen, Sagen und andere fantastische Geschichten. Und das ist unserer Meinung nach zu wenig, denn das ist nicht die Wirklichkeit, in der die heutigen Kinder leben.
Wir wollen diese märchenhaften Stoffe nicht ausgrenzen, nein! Aber die Aufgabe der Politik ist es auch, darauf aufmerksam zu machen, dass das reale Umfeld von Kindern viel stärker in Filmen verarbeitet werden muss. Deswegen plädieren wir dafür - da sind sich alle Fraktionen im Deutschen Bundestag einig - dass solche Stoffe zunehmend Eingang in den deutschen Kinderfilm finden. Auch ich persönlich als Familienvater und Großvater würde mir das wünschen.
Zum Beispiel die Filmreihe "Vorstadtkrokodile" und einige dänische Filme. In unserem Nachbarland gibt es wunderbare Beispiele für gelungene Kinderfilmproduktionen. Diesbezüglich sind die Dänen gemeinsam mit den Niederländern führend in Europa. Diese Länder knüpfen an eine Entwicklung an, die einmal in Tschechien begonnen hat: Die Filmschaffenden setzen sich wirklich intensiv mit dem Leben der Kinder auseinander.
Was wir in Deutschland brauchen sind Leute, die den Nerv der Kinder treffen können. Wir brauchen keine Produktionen, die sich ein Kreativer allein in seinen vier Wänden ausgedacht hat, sondern Filme, in denen ein ganzes Team einen Stoff zu einer Geschichte weiterentwickelt. Zusammenarbeit mit Kindergartengruppen, mit Eltern, Erziehern, Sozialpädagogen - das ist die Zukunft! Wer mit einem solchen Drehbuch an die Filmförderanstalten herantritt, wird sehen, dass diese heute mehr als je zuvor bereit sind, solche Stoffe auch umzusetzen.
Zum einen gibt es erhebliche Auflagen, beispielsweise durch die Beschränkung der Drehstunden für Kinder. Die dürfen ja im Rahmen des Arbeitsschutzes nicht so viel arbeiten wie erwachsene Schauspieler. Zum anderen sind gerade Kinderfilme mit sogenannten "originären" Stoffen, also Geschichten aus dem realen Alltag der Kinder, schwieriger und risikoreicher zu produzieren. Wenn man einen Märchenstoff neu verfilmt, dann weiß man: Das läuft. Bei echten Geschichten aus der Lebensumwelt der Kinder, zum Beispiel über Konflikte in der Schule, ist nicht klar, ob der Film wirklich ein Erfolg wird. Und dieses Risiko scheut eben so mancher Produzent.
Die Filmförderungsanstalt in Berlin und die Förderanstalten der Länder tragen bereits jetzt dazu bei, dass gute Stoffe ausgewählt und mitgefördert werden. Momentan fehlen allerdings noch geeignete Förderanträge von Produktionen, mit Stoffen die sich an der Umwelt der Kinder orientieren. Schwierig ist auch, dass wir in vielen Bereichen noch keine Infrastruktur für einen solchen realen Kinderfilm haben. Glücklicherweise verbessert das Filmförderungsgesetz die Situation jetzt durch mehr Förderungsmöglichkeiten für den Kinderfilm. Das Fernsehen, zum Beispiel in Gestalt des MDR und des Kika, ist zunehmend bereit, originäre Kinderfilme mitzugestalten und -finanzieren. Das sind gute erste Schritte, um diese Art von Kinderfilm in Deutschland populär werden zu lassen.
Ja, das ist tatsächlich so. Aber wir erwarten uns durch die Unterstützung des Fernsehens, dass auch die Kinoszene und die Filmschaffenden in Deutschland insgesamt einsehen, dass es sich lohnt, sich mit solchen Stoffen für Kinderfilme auseinander zu setzen. Die Kinder von heute sind schließlich das Publikum von morgen.
Erstens sollten Kinderfilme in jeder Hinsicht Mut machen. Und sie sollen die Persönlichkeit eines Kindes stärken, aber ohne lediglich eine heile Welt zu verkaufen. Dafür müssen sie beides zeigen: Die Wirklichkeit, aber auch welche Perspektiven es gibt. Und drittens sollen sie möglichst Lösungen anbieten, die nichts mit Gewalt zu tun haben, sondern mit Kommunikation und Verständnis.
Nein, ich glaube das sind grundlegende Forderungen und Notwendigkeiten. Wenn wir Filme produzieren, dann produzieren wir die in einer Demokratie für junge Demokraten. Und diesen Hintergrund sollten auch die Filmschaffenden immer im Auge behalten.
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