Anna E. Poth

freie Journalistin, Sankt Augustin

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Die optimale Rückkehr ans Seil Teil 2

Wie uns die Sportphysiotherapie gezielt helfen kann

Für einen erfolgreichen Neustart darf die Expertise aus der Sportphysiotherapie nicht fehlen. Für euch habe ich mit Sabine Rohleder gesprochen. Sie arbeitet mit Spitzensportlerinnen und Sportlern zusammen und betreut unter anderem die deutsche Fußballnationalmannschaft der Frauen.

Seit zehn Jahren führt Sabine Rohleder ihre Praxis für Sportphysiotherapie in der Kölner Südstadt. Bereits während ihres Sportstudiums an der Deutschen Sporthochschule Köln hat sie als Physiotherapeutin am Olympiastützpunkt Rheinland gearbeitet. Durch ihre Arbeit am Stützpunkt hat sie die Ausbildung zur DOSB Sportphysiotherapeutin machen können.

Besonders an der Arbeit reizt sie, die große Motivation der Betroffenen wieder fit zu werden und in den Sport wieder einsteigen zu können. Die diversen Anforderungsprofile je nach Sportart lassen ihre Arbeit nie langweilig werden. Auch die Dankbarkeit der Sportlerinnen und Sportler hat für sie eine besondere Bedeutung.

Wie lang sollte die erste Trainingseinheit sein?

Allgemein rate ich dazu, nicht länger als 20 Minuten zu klettern. Insgesamt sollte das Training mit Aufwärmen und Mobilisieren nicht länger als 45 Minuten dauern.

Falls möglich ist der Weg mit dem Rad in die Halle immer besser als mit dem Auto. Es ist wichtig nicht im letzten Schwierigkeitsgrad anzufangen, sondern mit leichten Routen und großen Griffen einzusteigen.

Wer es direkt übertreibt, hat am nächsten Tag Schmerzen und denkt, dass das Klettern noch gar nicht geht. Doch die Belastung war für das erste Mal zu viel und eigentlich geht es doch wieder.

Welche Mobilisierungsübungen sind zu empfehlen beispielsweise bei Schulter oder Fuß - und Sprunggelenksverletzungen?

Für die Schulter ist es immer gut kräftigende Übungen zu machen und auch klassisch die Arme zu kreisen. Oft wird die stabilisierende Muskulatur um das Schulterblatt vergessen. Doch, die ist ein ganz zentraler Punkt. Wenn wir unsere Ellenbogen anwinkeln und die Schulterblätter nach hinten ziehen, kräftigen wir die Muskulatur um die Brustwirbelsäule.

Beim Fuß und Sprunggelenk passiert das Mobilisieren fast schon automatisch, indem wir den Fuß belasten und uns bewegen. Dazu können wir mit Einbeinständen oder beispielsweise der Knee-to-wall Übung das Gelenk kräftigen und etwas fordern.

Wäre es sinnvoll vor oder nach dem Sport mit Wärme zu behandeln?

Wärme ist sicher ein gutes Tool. Vor allem nach der Belastung ist sie gut, um die Muskulatur zu entspannen. Im Vorfeld oder gerade beim Klettern kann eine leichte Wärmesalbe bei Schulter- oder Rückenproblemen helfen. Nach dem Training sind auch Faszienrollen sehr hilfreich.

Der Schmerz und die Schmerzgrenze sind sehr individuell. Gibt es einen Richtwert, an dem sich die Patienten orientieren können?

In der Behandlung nutzen wir immer die Skala null bis zehn. Je nach Schmerzart würde ich sagen, dass unter fünf noch tolerierbar ist. Doch die Schmerzarten sind verschieden. Wenn wir einen ziehenden Schmerz in der Bewegung bei drei oder fünf haben und der nach dem Kletterzug weg ist, ist die Belastung machbar. Wenn er bleibt oder die Schmerzen brennend, stechend, oder dumpf sind, sollte man die Belastung verringern oder noch mit dem Wiedereinstieg warten.

Wenn Du im Leistungssport bist, verdienst du Geld mit deinem Sport. Bei Leuten, die es als Hobby machen, ist es immer klug sich zu fragen: Ist es mir das wert, wenn ich jetzt zu früh anfange und noch länger mit Schmerzen rumlaufe? Auch kann es durch verfrühten Ehrgeiz passieren, dass man die Sportart dann gar nicht mehr so gut ausüben kann und sich Schäden manifestieren.

Ab wann ist in der Regel eine Steigerung der Belastung möglich?

Eine Steigerung ist normalerweise erst möglich, wenn man schmerzfrei ist. Ein anderer Richtwert ist die Regenerationszeit nach dem Training. Wenn ich trainiere und mein Körper und besonders meine abheilenden Verletzungen sich schneller erholen als noch vor zwei oder drei Wochen, kann ich die Belastung etwas steigern. Generell empfehle ich mit kürzeren Trainingseinheiten zu starten.

Klettersport oder Bergsport sind sehr intensive Sportarten. Wäre es empfehlenswert nach längerer Trainingspause oder begleitend zum Wiedereinstieg Sportarten wie Schwimmen oder Yoga auszuüben?

Ein Ausgleich zur Sportart ist immer gut. Ob Yoga, Joggen oder Schwimmen - das sind alle mögliche Ausgleichssportarten. Dennoch sollte hier auch nicht übertrieben werden. Zum Klettern braucht man viel Mobilisierung und Kraft. Bei Knie- oder Gelenkproblemen ist Schwimmen eine gute Sache, um auf eine schonende Weise Kondition zu bekommen.

Wichtig sind für den Klettersport das dynamische Dehnen und Mobilisieren. Zu Beginn ist hier auch klar: Wenn ich 2-mal in die Kletterhalle gehe, mache ich 3-mal einen weiteren Ausgleichssport.

Im ersten Teil sprach ich mit dem Sportpsychologen Dr. Kai Engbert. Für einen perfekten Neustart geben wir euch Tipps und Übungen an die Hand. Das Interview findet ihr hier.

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