Anna E. Poth

freie Journalistin, Sankt Augustin

1 Abo und 0 Abonnenten
Artikel

Twitter voller Sterne

Ein Himmel voller Sterne ist etwas Wunderbares, doch Twitter voller Sterne ist für einige Menschen noch ein ganz neuer Anblick.

Auf Twitter wird diskutiert und debattiert. Wer auf Twitter viel unterwegs ist, bemerkt schnell, dass auch Medienhäuser, Verbände und Initiativen gendersensibel schreiben, viele aber weiterhin am generischen Maskulinum festhalten. Im Hinblick auf die neuesten Veränderungen und Diskussionen in konservativen Zeitungsverlagen wissen wir: Es tut sich einiges.

Gendern überregionale Redaktionen auf Twitter?

Wir haben uns gefragt: Wie sieht es in redaktionell geführten Twitter-Auftritten von überregionalen Medien aus? Gibt es dort Veränderungen? Um einen Eindruck zu gewinnen, haben wir Tweets von sechs bundesweiten Tages- und Wochenzeitungen sowie einer Zeitschrift analysiert. Wir wählten dabei eine Mischung von konservativen bis jungen Medien aus. Denn auch konservative Zeitungen, die schon seit 75 Jahren publizieren, können überraschen. Kurz um: Es wird häufiger gendersensibel geschrieben als wir dachten!

Die Untersuchung: Quantitative Inhaltsanalyse

Die Forschungsfragen unserer quantitativen Inhaltsanalyse: „Ist das generische Maskulinum auf Twitter so präsent wie in Online-Auftritten und Printausgaben? Wird auf Twitter mehr sprachliche Vielfalt ausprobiert?"

Unsere Kandidaten zur Analyse der Twitterfeeds und des Twitterverhaltens standen schnell fest: Zeitonline, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Süddeutsche Zeitung, taz, Der Spiegel und Der Freitag. Bei dieser Mischung ließ sich direkt vermuten, dass die taz als junges und alternatives Medium auf Twitter mit Genderzeichen schreiben könnte. Aber tut sie das wirklich ausschließlich?

In zwei verschiedenen Zeiträumen, jeweils für eine Woche, haben wir die Tweets nach ihren sprachlichen Merkmalen untersucht. Die ersten Tweets wurden im Juni 2020 (02.06-09.06.20) ausgewertet. Die zweite Analysephase startete am 03. August 2020 und endete am 10. August 2020.

Im Durchschnitt wurden in den Zeiträumen, je nach Medium, 130 bis 600 Tweets veröffentlicht. Dabei veröffentlichte Zeitonline die meisten Tweets. Eine eher entspannte Haltung auf Twitter hat die Wochenzeitung der Freitag mit 130 Tweets pro Woche.

Schnell fällt auf, dass die meisten Redaktionen im generischen Maskulinum schreiben. Doch positiv überrascht hat uns das häufige Verfassen von genderneutralen Tweets. Einen Tweet genderneutral zu formulieren ist ein guter Kompromiss, wenn die Genderzeichen in der Redaktion noch umstritten sind. Beispielsweise wird dann von Personen, Menschen oder Leuten gesprochen.

Welche Zeitungen twittern mit Genderzeichen?

Zeitonline, Frankfurter Allgemeine Zeitung und Süddeutsche Zeitung lehnen Gendersternchen und Co. in ihren redaktionellen Teilen für Print und Online ab. Das ist verständlich, denn sie halten sich an die amtlichen Rechtschreibregeln. Danach ist die Benutzung von Genderzeichen bisher nicht regelkonform. Auch ihre Social Media Teams halten sich daran. Bei den beobachteten Tweets konnten wir jedenfalls keine „Ausrutscher" in Form von Sternchen entdecken.

Genderzeichen nutzen nur zwei Zeitungen: taz und Der Freitag.

Die quantitative Inhaltsanalyse umfasste die üblichen Genderschreibweisen: Gendersternchen, Gender-Gap und Genderdoppelpunkt

Die taz hat im Verlauf der untersuchten Zeiträume 26 gegenderte Tweets verfasst. Unsere Aufstellung zeigt, wie unterschiedlich sie dabei Genderzeichen eingesetzt hat:

Zum Original