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Was Graz in den letzten 10 Jahren bewegt hat | Futter

Nicht nur das Jahr 2019 neigt sich dem Ende zu, am 31. Dezember verabschieden wir uns auch von diesem Jahrzehnt. Was hat Graz in den letzten 10 Jahren bewegt? Wir haben uns für dich auf die Suche nach den kleinen und großen Momenten gemacht. 2010

#unibrennt: Die Studierendenproteste, die bereits im Herbst 2009 starteten, rissen auch 2010 nicht ab. Der Grund: Umsetzung des Bologna-Systems, budgetäre Probleme und der daraus folgende Mangel an Personal, Räumlichkeiten und Kursplätzen. Auch in Graz beteiligten sich die Studierenden aktiv an den Protesten, besetzten Hörsäle und demonstrierten. Unmittelbare Veränderungen erzielten die Studierenden aber nicht.

2011

Wir schreiben das Jahr 2011 und Graz bekommt Zuwachs im Bereich der Museen: Das Joanneumsviertel, das damals das Naturkundemuseum, die Neue Galerie Graz und die Steiermärkische Landesbibliothek beherbergt, wird Ende 2011 eröffnet.

2012

Auch eine tragische Entführung bewegte Graz: Der fünfjährige Oliver wurde direkt vor seinem Grazer Kindergarten entführt, als der Sorgerechtsstreit um ihn eskalierte und sein dänischer Vater ihn seiner Mutter entriss. Daraufhin flüchtete er mit ihm nach Dänemark, wo er das volle Sorgerecht hat. Die Mutter hat das Sorgerecht in Österreich. Noch im selben Jahr wurde Olivers Vater aufgrund schwerer Nötigung und Freiheitsentziehung in Graz verurteilt. Trotzdem lebt der heute 13-jährige Oliver immer noch in Dänemark, da sein Vater dort für ihn das volle Sorgerecht hat und sich weigert, das Land mit ihm zu verlassen.

2013

Wenn du im überfüllten Hörsaal mal wieder keinen Platz hast, deswegen wichtige Lehrveranstaltungen verpasst und dadurch deine Studienzeit verlängern musst, könntest du sogar die Republik Österreich klagen - und würdest womöglich Recht bekommen. Das hat nämlich ein ehemaliger Grazer Medizinstudent getan. Im Mai 2013 wurde ihm eine finanzielle Entschädigung zugestanden.

Der junge Arzt sollte nicht nur die Studiengebühren ersetzt bekommen, sondern auch Lebenserhaltungskosten und das Geld, das er verdient hätte, wenn er seinen Beruf früher ausgeübt hätte. Das löste eine Welle der Berichterstattungen über die österreichische Grenze hinweg aus und war von großem medialen Interesse.

2014

Pünktlich zum Semesterstart gab es 2014 gute Nachrichten für die Grazer Studenten: Mit dem AREA 5 wurde ein neues Bausatzlokal direkt am Jakominiplatz eröffnet. Die Lokale, in denen man mit Stift und Papier bewaffnet sein eigenes Gericht zusammenstellt, haben in Graz längst nicht nur in der Studentenszene Kultstatus erlangt.

2015

Mit Anfang 2015 mussten sich die Grazer von einem ihrer legendärsten Beisl verabschieden. Nachdem die Besitzerin der Frühbar, „Stadtmama" Beate Wagner im Juli 2014 verstorben war, musste das Lokal in der Griesgasse Ende Jänner schließen. Charakteristisch für das Beisl war, dass sich einfach jeder wohlfühlte. „Da ist der Herr Doktor oder der Student genauso hereingekommen wie der Sandler", sagte Beate Wagner selbst einmal in einem Interview.

Gute Nachrichten gab es 2015 für alle Großstadthipster, die auf instagramwürdige Locations stehen: Das Kunsthauscafé eröffnete im März 2015 und versorgt uns seitdem mit Frühstück, Brunch und Burgern bei Tag und hippen Gin Tonics bei Nacht.

Als „traurigsten Tag für Graz" bezeichnete Siegfried Nagl jenen 20. Juni im Jahr 2015, an dem ein Amokfahrer in Graz mit seinem SUV gezielt Menschen überfuhr und 3 Menschen tödlich verletzte. Unter den Opfern war auch ein 4-jähriger Bub. 36 weitere Menschen wurden verletzt.

Ganz Graz stand unter Schock, trauerte um die Toten und Verletzten. Viele legten Blumen in der Herrengasse nieder. Acht Tage nach der Amokfahrt gab es einen Gedenkmarsch, an dem Tausende teilnahmen. Der Täter wurde zu lebenslänglicher Haft verurteilt, nachdem es Uneinigkeiten über seine Zurechnungsfähigkeit gegeben hatte. „Bei einem solchen Verbrechen kann es nichts anderes geben als lebenslang", sagte der vorsitzende Richter und bezeichnete die Tat als „geplanten Massenmord".

2016

Nachdem das Kultlokal Kottulinsky 2014 dichtmachte, folgte 2016 für alle Feierwütigen die Erleichterung: Das Kottu öffnete seine Pforten wieder regelmäßig. In den beiden Jahren zuvor gab es nur Einzelveranstaltungen, für die sich die Lokalchefs eigens die Genehmigung der Stadt Graz holen mussten. Seit 2016 heißt es aber wieder: Happy Partying!

2017

Der Startschuss für den Bau eines der umstrittensten Grazer Projekte, das Murkraftwerk, fiel im Jänner 2017. Bereits in den Jahren zuvor hatte es starke Proteste gegen das Vorhaben gegeben. Gegner kritisierten die geplanten Rodungen und die Bedrohung des Lebensraums von Tieren. „Die Mur soll ewig fließen, laut, stark und wild" war die Forderung der Aktivisten. Die Bürgerinitiative Rettet die Mur sammelte Unterschriften für eine Volksbefragung, die im September 2016 mit ausreichend Unterschriften eingereicht wurde. Der Gemeinderat wies die Forderungen jedoch zurück. Im Oktober 2019 wurde das umstrittene Kraftwerk, das 80 Gigawattstunden im Jahr produzieren soll, eröffnet.

2018

Ein schweres Unwetter verursachte im Juni 2018 schwerwiegende Schäden in Graz und forderte sogar ein Todesopfer: Ein Passant wurde im Stadtpark von einem Baum e rschlagen. Der Stadtpark und der Schlossberg wurden daraufhin gesperrt, Chaos und Verspätungen dominierten die öffentlichen Verkehrsmittel. Die Folgen des Unwetters waren noch Wochen danach zu spüren: Am Glacis herrschte Verkehrschaos, weil der Radweg ohne Ersatzlösung gesperrt worden war und Radfahrer gezwungen waren, auf die vierspurige Straße oder den Gehsteig auszuweichen. In den sozialen Medien herrschte darüber großer Unmut.

2019

Doch keine Plabutschgondel: Das Projekt, das für viele Diskussionen sorgte, wurde im September 2019 abgesagt. Ursprünglich war eine Gondel geplant, die von Eggenberg über den Plabutsch zum Thalersee führen sollte; 140.000 Fahrgäste wollte man damit jährlich anlocken.

Das Geld, das für den Bau vorgesehen war - 30 Millionen Euro - werde man in den Klimaschutz investieren, hieß es von der Stadt. Bei den Gegnern der Plabutschgondel herrschte Erleichterung: SPÖ, Grüne und KPÖ betonten, dass es die richtige Entscheidung gewesen sei, das Projekt zu streichen.

Als hätten in diesem Jahrzehnt noch nicht genug Grazer Lokale zusperren müssen. 2019 traf es auch das Blendend: Im August 2019 verkündeten die Betreiber auf Facebook: „Wir sperren nicht mehr auf". Seit 2008 zählte das Blendend zu den beliebtesten Grazer Adressen, besonders wenn es um Brunch ging. Die ehemaligen Besucher und Besucherinnen bedankten sich in mehr als hundert Kommentaren für die schönen Stunden, die sie im Blendend verbracht hatten.

Und auch für 2019 und das ganze Jahrzehnt heißt es: Bussi und baba. Aber kein Grund, traurig zu sein: So wie wir unser Graz kennen, wird es uns auch im nächsten Jahrzehnt mit einzigartigen Momenten versorgen, die wir nie vergessen werden.

Außerdem auf Futter: Die 2010er in zehn Songs
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