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Heldin wider Willen

Für ihren Einsatz auf Lesbos drohen der Rettungsschwimmerin Sara Mardini 25 Jahre Haft. Ihr Fall wirft ein Schlaglicht auf die Kriminalisierung humanitärer Hilfe in der EU.


Als am Morgen des 21. August 2018 am Flughafen von Lesbos die Handschellen klicken, ahnen die Polizeibeamten nicht, mit wem sie es zu tun haben. ­Sara ­Mardini, zu diesem Zeitpunkt 23 Jahre alt, sieht aus wie eine gewöhnliche Studentin: Kapuzenpullover, Nasenpiercing, latent genervter Gesichtsausdruck. Nach ihrem Einsatz für die lokale Hilfsorganisation Emergency Response Centre International (ERCI) will sie den Rückflug nach Berlin antreten, um ihr Studium an der Bard Universität wiederaufzunehmen.


Am Gate wird sie von Polizisten umstellt, einer von ihnen zeigt ihr ein Schriftdokument - vermutlich ein Haftbefehl. „Ich konnte es nicht lesen", erzählt ­Mardini im Gespräch mit dem ARTE Magazin, „es war auf Griechisch". Der Polizist habe ihr versichert, sie müsse nur ein paar Fragen beantworten, dann dürfe sie in ihren Flieger steigen. Es kommt anders: ­Mardini wird verhaftet und ins Hochsicherheitsgefängnis Korydallos bei Athen gebracht. Die griechische Justiz wirft ihr die Beteiligung an einer „kriminellen Vereinigung" vor. Mitangeklagt sind 23 humanitäre Helfer von ERCI, darunter der deutsch-irische Rettungsschwimmer Seán ­Binder, der mit ­Mardini inhaftiert wird. Nach 107 Tagen werden sie auf Kaution entlassen. Es folgt ein Strafverfahren, das mittlerweile fast fünf Jahre andauert - und längst auch die Politik beschäftigt: Es handle sich um den „größten Fall der Kriminalisierung von Solidarität in Europa", heißt es in einem Bericht des Europäischen Parlaments (.....)



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