Anke Werner

Journalistin Berlin/Leipzig

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Wenn Menschen zu Plüschtieren werden

In ihrer Freizeit tragen sie Teddyfell oder Federn - die "Furries". Das sind Menschen, die gerne für ein paar Stunden Affe, Elefant oder Wolf spielen. Diese Woche residieren sie in Berlin zur 20. Eurofurence, dem größten Treffen der Furry-Fans in Europa. Anke Werner hat die Furries getroffen und gefragt: Warum machen Sie das?

Sie nennen sich Tinka, Tefnut Nastula oder Berion: die Furries auf der Eurofurence. Über 2.000 Furries treffen sich im Berliner Estrel-Hotel mit Gleichgesinnten. Sie kommen aus über 40 Ländern zum Beispiel aus Russland, der Ukraine, Finnland, den USA und Großbritannien.

Die Zeichner, Kostümbauer, Puppenspieler, Musiker und Tierliebhaber tauschen sich aus über ihr skurriles Hobby, besuchen Workshops, gehen in die Furry-Disko und schauen bei japanischer Fursuit-Akrobatik zu. Der Höhepunkt bildet das unter Fans legendäre Puppenspiel der Eurofurence.

Zum Auftakt sind die Furries bei einem Umzug durchs Hotel gezogen und haben vor dem Hotel ein Gruppenfoto gemacht. Mit ihren ausladenden Schwänzen und riesigen Tatzen fiel einigen das Laufen schwer, zumal sie mit ihren großen Tierköpfen ein eher eingeschränktes Sichtfeld haben. Circa 700 Furries im Tierkostüm posierten vor dem Hotel. Viele Passanten blieben stehen und schauten belustigt zu und lauschten dem tierischen Geheul, das die Meute zwischendurch anstimmte.

Michael Graf vom Verein Eurofurence e.V. ist Lehrer für Geschichte und Englisch. Sein Furry-Charakter ist der Luchs. Der Schweizer liebt und bewundert die Eigenschaften von Katzen, sie seien "neugierig, unabhängig, vielleicht ein bisschen faul, elegant. Es verkörpert das was ich selber an mir gerne sehen würde oder was ich vielleicht auch bin." Und darum geht es eben auch: Die Leute gehen offener und unbefangener mit Menschen um. Ihr Fursuit gibt ihnen Selbstbewusstsein.

Verglichen mit Manga oder Science-Fiction haben "Furries", so Graf, nicht die Standard-Werke, auf die sie sich beziehen: "Bei Star Trek haben die Fans alle Episoden gesehen, sind Fans von der Serie. Bei Furry-Fandom ist das anders. Das sind Leute, die sich selber Tierfiguren jeglicher Art ausdenken." Sie zeichnen Bilder von ihren Figuren und nähen die Kostüme zum Teil auch selbst. Aber auch gewisse Filmfiguren sind sehr populär. Zum Beispiel Disneys "König der Löwen" oder der Waschbär aus dem aktuellen Animationsfilm "Guardians of the Galaxy."

Unter den Furries gibt es einige Tiere, die man in allen Farb-Variationen immer wieder findet: Füchse, Wölfe, große Katzen und Drachen. Die Furries sehen zwar verdammt flauschig aus in ihren Kostümen, aber unter der Maske kocht es. Sie schwitzen extrem unter ihrer zweiten tierischen Haut.

Damit sie nicht überhitzen, haben einige Kühlakkus oder Kühlwesten unter ihrem Kostüm andere haben elektrische Lüfter in ihren Kopf montiert. In der Fursuit-Lounge stehen mehrere Industrielüfter, die die Luft runterkühlen.

Vor 15 Jahren war die Eurofurence das letzte Mal in Berlin. Damals traf man sich im Jugenddorf am Müggelsee. Anwesend waren nur etwa 100 Teilnehmern. Im Vergleich zu heute eine eher kleine Schar.

Es ist wirklich erstaunlich, was für Hobbies Menschen so entwickeln. In einem Berliner Hotel treffen sich derzeit Begeisterte aus ganz Europa, die in Tierkostümen herumlaufen. Einmal ein Husky sein, eine gemeine Feldmaus oder ein Comic-Drachen - ein Einblick in die sagenhafte Welt der Furrys.

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