Anke Pedersen

Freie Journalistin - Wirtschaft, Hotellerie, Reise, Mobilität, Sustainability , Kempen

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Umweltbewusst auf Geschäftsreise: Das Ende der Öko-Ignoranz

Ab sofort ist das Thema Nachhaltigkeit im Geschäftsreisebereich nicht länger bloß Vehikel zur Förderung des eigenen Image und der Einsparung vermeidbarer Kosten. Nicht-Handeln kostet demnächst richtig Geld. Der Anfang vom Ende der Öko-Ignoranz.

DÜSSELDORF. Bisweilen geht die Kreativität ins Lächerliche. Wie bei der Airline China Southern, die ihre Passagiere bittet, noch vor Besteigen des Flugzeugs auf die Toilette zu gehen. Damit werde Gewicht gespart - also weniger umweltschädlicher Treibstoff verbraucht. Außerdem reduziere die geringere Benutzung der Flugzeugtoilette den Wasserverbrauch. So abstrus derlei auch klingen mag, so ist es doch Ausdruck des Dilemmas der Reisebranche im 21. JahrhundertUmweltbewusst auf Geschäftsreise gehen: Die Zeit der Lippenbekenntnisse ist vorbei die Debatte zwischen Klimawandel und Mobilitätsbedürfnissen. Wirklich in der Pflicht sahen sich Unternehmen und Geschäftsreisende bisher nicht, wie eine Studie von American Express belegt.

Danach gibt zwar jeder Zweite an, dass ihm die Umweltfreundlichkeit bei der Buchung einer Dienstreise "wichtig" bis "sehr wichtig" ist. Doch nur fünf Prozent der deutschen Geschäftsreisenden haben nach eigenen Angaben ihre persönlichen Reisegewohnheiten geändert, um umweltverantwortlicher zu handeln. Entlarvender noch: Laut Amex-Umfrage beschäftigen sich nur elf Prozent der Unternehmen mit umweltfreundlichen Gestaltungsmöglichkeiten im Travel Management.

Das Geschäftsreisebarometer 2008 des Business Travel-Anbieters Carlson Wagonlit Travel (CWT) bestätigt die Kluft zwischen Image-fördernden Bekenntnissen und tatsächlichem Handeln. "Trotz eines Trends zum Engagement in Sachen ökologischer Nachhaltigkeit arbeiten nur wenige Unternehmen konkret an der CO2-Reduzierung", heißt es. Ähnlich die Ergebnisse einer Befragung des CWT-Mitbewerbers Air Plus unter Reiseverantwortlichen in den wichtigsten Geschäftsreisemärkten in Europa vom April: Lediglich 13 Prozent kompensieren die im Zuge von Geschäftsreisen anfallenden Emissionen danach durch entsprechende Klimaschutzbeiträge. Die überwältigende Mehrheit plant dies erst für die Zukunft. Euphemistisches Fazit von Air Plus: "Unternehmen stehen noch am Anfang des Prozesses."

Es ist jedoch absehbar, dass mit diesem Laissez-faire nun Schluss ist. Denn ab sofort ist das Thema Nachhaltigkeit im Geschäftsreisebereich nicht länger Vehikel nur zur Förderung des eigenen Image und punktueller Einsparung vermeidbarer Kosten. Nicht-Handeln kostet demnächst richtig Geld. So werden beispielsweise Fluggesellschaften ab dem Jahr 2012 gesetzlich zu Emissionsabgaben verpflichtet. Unternehmen, die den auf Reisen getätigten Schadstoffausstoß nicht schon heute via Emissionshandel oder im Rahmen von Klimaschutzprojekten neutralisieren - oder Konzepte für die Nutzung alternativer Transportmittel aufgesetzt haben - kann die staatliche Festlegung auf "Clean Development Mechanism" für Flugreisen damit teuer zu stehen kommen.

Ebenso wie Öko-Ignoranz als solche: Unternehmen, die heute auf den Umweltschutz pfeifen, können bereits morgen abgeschrieben sein, warnt etwa Jörg Schiffmann. "Viele Partner in der Industrie, vor allem in Skandinavien, sind bereits selbst zertifiziert und arbeiten zum Großteil nur noch mit Partnern, die ihrerseits zertifiziert sind", weiß der Deutschland-Chef des Hotelanbieters Rezidor, der größten Bettenkette in Europa. Und sei es "nur" die Buchung von Zimmern in ausschließlich Öko-zertifizierten Hotels.

Vor diesem Hintergrund zeigen die Vertreter der wichtigsten Leistungsanbieter im Business Travel - Hotellerie, Bahn, Airlines, Mietwagenfirmen - bereits seit geraumer Zeit tiefgrün Flagge. Nicht nur haben sich viele von ihnen zu ökologisch und sozial nachhaltigen Unternehmensstrategien verpflichtet. Auch investieren sie Milliarden-Beträge in die Entwicklung neuer Technologien und Strategien, respektive deren Umsetzung und Anschaffung. Jetzt liegt der Ball im Feld der Unternehmen und ihrer Travel Manager.

Das Angebot ist da. Einen Überblick über die aktuelle Vielfalt der auf Nachhaltigkeit ausgelegten Produkte und Dienstleistungen für Unternehmen zeigt die 5. Business Travel Show (BTS) am 24./ 25. September in Düsseldorf, deren 140 Aussteller sich maßgeblich den Aspekten Klimaschutz, Umwelt, Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung auf Geschäftsreisen verpflichtet haben ( www.businesstravelshow.de).

Grünes Reisen bedeute, so der VDR in seinem neuen "Wegweiser Nachhaltigkeit", "Umwelteinflüsse zu verstehen und die negativen Auswirkungen von Reiseaktivitäten einzudämmen, indem ausgewählte Reisen reduziert und umweltfreundliche Leistungsträger genutzt werden". Oder, wie der Chef von BCD Travel Stefan Vorndran als Unternehmensmotto ausgegeben hat: "Taking care of the next generation!"

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