Anke Pedersen

Freie Journalistin - Wirtschaft, Hotellerie, Reise, Mobilität, Sustainability , Kempen

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Atlantic Hotels Kurt Zech trotzt der Pandemie - und baut gleich mehrere neue Hotels

Münster

Münster Es war ein Tag ganz nach Kurt Zechs Geschmack. Zusammen mit zweien seiner Kinder und seinem langjährigen Kompagnon bei der Bremer Atlantic-Gruppe, dem Immobilienunternehmer Joachim Linnemann, war das Oberhaupt der Zech Group bei bestem Spätsommerwetter ins westfälische Münster aufgebrochen, um das neueste Flaggschiff des Unternehmens an den Start zu bringen: das Atlantic Hotel Münster, ein Vier-Sterne-Haus mit 224 Zimmern und Suiten in allerbester Innenstadtlage. Nach zwei Jahren Bauzeit „ein wundervolles Gefühl", sagt Zech.


Es war nicht seine einzige Hoteleröffnung in diesen Tagen. Wenige Stunden zuvor hatte der Geschäftsführer seiner Gruppe, Markus Griesenbeck, den Startschuss für das „unique by Atlantic Bremen" gegeben: ein Haus mit 97 Drei-Sterne-Zimmern inmitten des neuen Tabakquartiers im Süden der Hansestadt.


Für den Herbst ist die Eröffnung des zweiten „unique" in Kiel geplant. Derzeit im Bau beziehungsweise in Planung befinden sich zudem weitere Atlantic-Hotels in Heidelberg und Erfurt sowie ein Resort am Tegernsee.


Eine solche Investitionsoffensive inmitten der Pandemie? Dabei befinden sich Deutschlands Geschäftsreise- und Tagungshotellerie doch in einer nie da gewesenen Krise; laut Verband Deutsches Reisemanagement haben letztes Jahr 83,3 Prozent weniger Geschäftsreisen stattgefunden als noch 2019 - das bedeutet einen Rückgang der Übernachtungsausgaben von 15,6 Milliarden Euro 2019 auf 3,1 Milliarden 2020.


Und Besserung ist so bald nicht in Sicht: Moritz Dietl, geschäftsführender Partner der auf Hotellerie spezialisierten Beratungsgesellschaft Treugast, sieht die „Stadthotellerie vor massiven Problemen" und rechnet „in den meisten A-Standorten nicht vor 2024/2025 mit Erreichen des Vorkrisenniveaus".


Das weiß auch Markus Griesenbeck, doch er lässt sich davon nicht abschrecken. „Natürlich werden wir so schnell nicht das Vor-Corona-Niveau erreichen", sagt der Geschäftsführer der bislang 18 Häuser umfassenden Atlantic-Hotels-Gruppe, „aktuell haben wir 40 bis 50 Prozent eines normalen Jahres - immerhin." Der Hotelchef geht daher davon aus, „es wird eine Marktbereinigung geben".


Solide Eigenkapitalquote von 35 Prozent

Doch was treibt dann seinen Arbeitgeber, ausgerechnet in ein Business zu investieren, das sich in seiner schwersten Krise seit Bestehen der Bundesrepublik befindet?

„Wir stehen auch langfristig zu unseren Hotelinvestments", erklärt Kurt Zech mit der Unaufgeregtheit eines professionellen Buchhalters. Und als wäre auch dies eine Selbstverständlichkeit, fügt er hinzu: „Außerdem haben wir Zugang zu guten Grundstücken." „Wir", damit meint der Mann, der sich selbst - in aller Bescheidenheit - als „Bremer Kaufmann" bezeichnet, sein Familienunternehmen, die Zech Group.


1979 hatte Kurt die 1909 von Großvater Gustav Zech gegründete Firma von seinem Vater übernommen - der Legende nach mit drei Mitarbeitern. Beharrlich hat er sie aufgebaut zu einem bedeutenden Unternehmen für Bau, Projekt- und Hotelentwicklung. Heute hat der Mann, dem ein ausgeprägter Mut zum Risiko nachgesagt wird, mehr als 11.000 Mitarbeiter, eine Bilanzsumme von 1,84 Milliarden Euro und eine solide Eigenkapitalquote von 35 Prozent.


Dass Kurt Zech an „gute Grundstücke" kommt, an Filetstücke wie jetzt in Münster, dürfte ganz erheblich zu seinem Erfolg beitragen. Das neue Haus liegt in allerbester Innenstadtlage zwischen Bahnhof und Fußgängerzone, nur wenige Meter entfernt von der das Zentrum umrundenden Promenade, Münsters heimlicher Fahrradautobahn.


Das gilt auch für die anderen Standorte. Das Gelände der historischen Zigarettenfabrik im neuen Bremer Tabakquartier wird gerahmt von Gastronomie, Sport- und Kulturangeboten sowie Wohn- und Arbeitsräumen. Und gegenüber dem für 2022 angekündigten Atlantic Heidelberg entsteht gleichzeitig ein städtisches Kongresszentrum.

Hotelname ist als Marke nicht schützbar

Kein Wunder also, dass Kurt Zech die Frage zur Expansion der 2001 gegründeten Hotelgesellschaft so beantwortet: „Was uns auszeichnet: Wir sind opportunitätsgetrieben, Liegenschaften in attraktiven Lagen schauen wir uns immer an." Als Beispiel nennt er das Hotel der Gruppe in Kiel, das direkt an der Kieler Förde prangt.


Auch bei Projekten, die er nicht selbst realisiert, achtet Zech peinlichst genau auf die Lage: Das Luxushotel „Louis", das er im September 2020 übernommen hat, ist eine Perle direkt am Münchener Viktualienmarkt; die seit 2015 zur Gruppe gehörenden ehemaligen Columbia Hotels in Travemünde und Wilhelmshaven sind wahre Sahnestücke direkt an Nord- und Ostsee, und das gilt auch für den im Jahr 2018 zur Familie gekommenen Kieler Yachtclub.


Dennoch ist die Gruppe bislang noch recht unbekannt, den Norden mal ausgenommen. Das ist der Preis für die Sache mit der „Opportunität": Ein gemeinsames Corporate Design existiert hier nicht. „Unsere Planungsrunden beginnen immer mit dem Standort", sagt Christian Olufemi, der mit dem Architekturbüro Olufemi Moser seit zwölf Jahren für die Gruppe arbeitet, „immer mit einem leeren Blatt Papier und relativ viel Spielraum".

Vor allem aber: niemals ohne Kurt Zech persönlich. „Hotel ist ein sehr emotionales Thema", sagt er, „etwas, wo man sehr kreativ tätig sein kann. Ich nehme mir die Zeit aus Spaß an der Freud, und Planungsrunde um Planungsrunde werden wir immer besser."


Kurt Zech setze große Ziele, bestätigt Markus Griesenbeck die Liebe des Chefs zu seinen Hotels. „Der Anspruch ist immer, das erste Haus am Platz zu sein." Bedauerlicherweise lasse sich mit dem Namen „Atlantic" nicht wirklich punkten. Zwar wecke er die Sehnsucht nach Reisen, sei aber nicht unverwechselbar: Der Name sei eine sogenannte Etablissementbezeichnung - und damit keine Marke, die man schützen kann.


Standorte mit viel Potenzial

Ein Blick auf die Hotelkrise zeigt, dass ein guter Standort allein noch kein Überlebensgarant ist. Doch Treugast-Berater Moritz Dietl merkt an: „Jemand wie Zech investiert in die Immobilie, in die Steine, die kann man im schlimmsten Fall umnutzen. Bei Betreibern, die eine Pacht an Dritte bezahlen müssen, sieht das anders aus."


Außerdem investiere Zech in B- und C-Städte mit viel freizeittouristischem Potenzial. „Das erlaubt einen gesunden Business-Mix, da Sie in diesen Städten auch starke Mittelständler haben, die eine stabile Hotelnachfrage produzieren", sagt Dietl. Sie seien in vielen Fällen viel weniger von der Krise betroffen und erholten sich auch schneller wieder.


Markus Lewe, Oberbürgermeister der mittelstandsgeprägten Stadt Münster, scheint diesen Optimismus zu teilen. Am Ende seiner Willkommensrede auf das neue Hotel hebt er sein Glas gen Zech und Familie und schmettert ein westfälisch-herzliches: „Glück auf, Atlantic!"


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