Anke Pedersen

Freie Journalistin - Wirtschaft, Hotellerie, Reise, Mobilität, Sustainability , Kempen

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Dorint nun wieder!

Dorint? War da mal was? Immerhin ist es mehr als 15 Jahre her, dass der einstige Liebling deutscher Geschäfts- und Tagungsreisender erst unter dem Dach von Accor und danach ganz von der Bildfläche verschwunden ist – einzelner Reanimierungsversuche zum Trotz. Doch plötzlich tut sich wieder was, ist sogar von Expansion die Rede. Wie das, Jörg T. Böckeler?


Herr Böckeler, im November 2017 wurde bekannt, dass Sie ab Januar die Position des COO bei den Dorint Hotels & Resorts übernehmen würden. Erst wenige Wochen zuvor hatte das Unternehmen seine Sanierungsphase für abgeschlossen und Karl-Heinz Pawlizki zum neuen CEO erklärt. Kurz darauf wurde aus der »Neuen« wieder die Dorint GmbH, und aus dem Area General Manager Intercontinental Sydney Böckeler der Co-Geschäftsführer Böckeler. Warum, um Himmels willen, haben Sie Down Under verlassen? Glauben Sie wirklich, dass Dorint diesmal eine echte Überlebenschance hat? 
(herzhaftes Lachen) Für mich ist die Berufung eine Once-in-a-Lifetime-Opportunity. Zwischen unserem Eigentümer Dirk Iserlohe, unserem Aufsichtsratsvorsitzenden Martin Smura, meinem Mitgeschäftsführer Karl-Heinz Pawlizki und mir existiert ein ganz enger Schulterschluss. Gefragt ist ein hohes Maß an Unternehmertum, und das erzeugt eine enorme Dynamik. Das ist eine einmalige Herausforderung, wenn man, wie ich jetzt, aus einer Matrix-getriebenen Company, IHG PCL, kommt. 


Vor genau zehn Jahren, im Sommer 2008, hatte ich ein Gespräch mit der damaligen Geschäftsführerin Elke Schade. Im Jahr zuvor hatte sich das in Neue Dorint umbenannte Unternehmen 41 Häuser von Accor zurückgeholt, und Schade sprach vom Projekt »Phoenix«: Nach kompromissloser Neuorganisation, Neupositionierung und Modernisierung sollte ­Dorint schon sehr bald zurück zu alter Stärke gelangen. 
Wann war das? 2008? Kurz darauf kam der Finanzcrash, danach ging alles den Bach runter. Nach Elke Schade kam dann aber die Generation, die Dorint wirklich saniert hat, Dirk Iserlohe und Co. 


Zugegeben. Dem »Handelsblatt« erklärte Dirk Iserlohe erst kürzlich, dass die neue Dachgesellschaft Honestis AG inzwischen mit genügend Kapital ausgestattet sei, um die Dorint GmbH nach ihrem Totalumbau wieder auf die Sonnenseite zu führen, Expansion inklusive. Dennoch sieht es so aus, als würden alte Fehler wiederholt werden: Obwohl der Ausflug in die Luxushotellerie unter Alfred Weis damals ganz entscheidend zum Untergang der im Drei- und Vier-Sterne-Segment etablierten Dorint Hotels beigetragen hatte, wollen sie jetzt wieder »in Luxus« machen. Der Nassauer Hof bei Dorint? Ernsthaft?

Der Aufsichtsrat und die Geschäftsführung haben gemeinsam die Dorint-Strategie 2020 aufgesetzt – dazu gehört eine balancierte Wachstumsstrategie. Diese Strategie beinhaltet unsere Unternehmenskultur, in deren Zentrum unsere Mitarbeiter stehen, unsere Gäste und deren Zufriedenheit sowie die betriebswirtschaftliche Situation und die damit verbundene Zufriedenheit unserer Shareholder. 

Unser Ziel ist klar: 2018 sollen fünfzig Hotels geöffnet respektive gezeichnet sein. Zu unserem sechzigsten Geburtstag 2019 sollen es sechzig Häuser sein. Visionäres Ziel ist es, das Portfolio bis 2020 auf achtzig Hotels aufzustocken. Dies soll geschehen mithilfe von Markendiversifizierung und ­strategischem Wachstum. Das strategische Wachstum soll unter der Dachmarke Dorint mit genau solchen Businesshotels und Resorts vorangetrieben werden, die zu unserer Kernmarke passen: vier Sterne, Full Service. Die Auswahl, welches Hotel dazu passt, treffen wir je nach Standort und Größe der Häuser. Wir erreichen Tagungsgäste unter der Woche und Familien und Individualreisende am Wochenende.


Auf welche Standorte setzen Sie? Die Standorte wählen wir nach wirtschaftlicher Dynamik aus, guter Zugänglichkeit, also Infrastruktur, sowie einer Attraktivität, mit der wir unter der Woche Tagungsgäste und am Wochenende Familien und Individualreisende erreichen können. Kurzum: Diese Standorte sind wirtschaftliche Hubs mit einem hohen Freizeitwert. Parallel dazu muss das Geschäftsmodell dahinter stimmen, die Konditionen für eine Pacht. Mit dieser Strategie wollen wir bis 2020 der führende Full-Service-Anbieter unter den Tagungshotels in Deutschland werden. 


Bis dahin ist nicht mehr viel Zeit. Womit wollen Sie sich von anderen Tagungsanbietern abheben? Wir setzen auf Schnelligkeit und Individualität in der Absprache, modernste Tagungstechnik und eine zuverlässige Ausführung ohne ungewollte Überraschungen. Darüber hinaus haben wir mit einem Partnerunternehmen eine digitale »White Label«-Lösung zur Vereinfachung der Buchung entwickelt – zeitgemäß und abgestimmt auf den Bucher unserer Zeit. Mit Freude holen wir auch die lokalen Nuancen in unsere Hotels. Lassen Sie mich ein Beispiel für unser schönes Köln geben: Ab der Session 2018/2019 wird das Dorint in Köln die neue Hofburg für das Kölner Dreigestirn sein. Erreicht haben wir das, indem wir dem Festkomitee Kölner Karneval angeboten haben, das Kölner Brauchtum in alle Dorint-Hotels in Deutschland zu tragen, indem wir eine »Kölsche Ecke« einrichten und dort auch Werbung für die Stadt Köln machen.  


Ist das nicht ein bisschen viel Köln?  Unsere Heimat ist Köln: Wir sind ein kölsches mittelständisches Unternehmen und eine deutsche Marke. Wenn man einen Ausländer fragt, was ihm zu Deutschland einfällt, kommt fast immer: Oktoberfest, Kölner Dom und deutsche Automarken. In dieser Reihenfolge. Das machen wir uns zunutze. Wir sind ein deutsches Unternehmen, das den deutschen Mittelstand und seine Werte repräsentiert.

 

Klarer Fokus: Sechzig Häuser bis zum sechzigsten Dorint-Geburtstag (2019)


Zurück zu Ihrer Wachstumsstrategie. Es gibt eine Ausnahme von unserer Konzentration auf Wirtschaftszentren: Wir bekennen uns dazu, dass wir auch Resorts können, Häuser also, in denen Gäste einen hohen Erholungswert genießen können, zwischen sieben und vierzehn Tagen bleiben und dort Spa, Gastronomie und die Region genießen.


Wie im Söl’ring Hof Sylt? Ja, das ist ein großartiges Beispiel für ein tolles Resort mit einer einzigartigen Kulinarik unter der Leitung von Johannes King. Aber warten Sie es ab! Expandieren wollen wir auch im Rahmen von Franchise- und Managementverträgen. Die Marke Dorint hat eine hohe Attraktivität für Hoteleigentümer, insbesondere im Tagungssegment. Diesen bieten wir eine Franchise-Partnerschaft an, wir vergeben also die Dorint-Marke in einem Lizenzvertrag.


Wie genau soll das aussehen? Wir bieten den Hoteleigen

tümern das operative Grundgerüst mit den Dorint-Standards, die unsere Marke definieren, und wir übernehmen die Vermarktung, also alles von der Distribution über Revenue Management bis hin zum gezielten Kampagnenmarketing. Zusätzlich dürfen unsere Eigentümer ganz individuelle Module dazubestellen; wir bieten Technik- und Planungsdienstleistungen, unterstützen im Personalwesen oder in der Buchhaltung. Und natürlich analysieren wir für den Eigentümer sein Geschäftsmodell und stehen beratend und unterstützend zur Seite.

 

Jörg T. Böckeler, COO bei Dorint: Full Service in der Tagungshotellerie


Ganz ohne OTA? Nicht allein, nein. Allerdings existiert derzeit ein regelrechtes Marken-Sodom-und-Gomorrha, daraus ergibt sich die Stärke von Dorint.com. Und damit komme ich zur geplanten Markendiversifizierung. Wir wollen eine Marke etablieren, mit der wir auch fünf Sterne yielden können. Dafür planen wir die Hommage Luxury Collection: eine Dachmarke für echte Hotelpersönlichkeiten, Häuser, die eine eigene Geschichte erzählen. Bis jetzt zählen dazu das Parkhotel Bremen, das Maison Messmer, der Söl’ring Hof und der Nassauer Hof. Diese Art von Hotelpersönlichkeiten wollen wir künftig konservieren und weiter nach vorn bringen, und die Hommage ist die Dachmarke dafür. 


Wie sollen die Häuser denn buchbar sein? Unter Hommage.com? Ja, wir werden für diese Hotels eine eigene Website kreieren und werden die Hommage Luxury Collection für den Zusammenschluss nutzen. Die genannten Häuser sind teils Mitglied sowohl bei der Selektion Deutscher Luxushotels als auch bei den Leading Hotels of the World. Dieses ist besonders relevant für den US-amerikanischen Markt. Wir planen den Livegang auf dem ILTM (International Luxury Travel Market) im Dezember in Cannes. Parallel aber bereiten wir uns erst einmal auf unser sechzigjähriges Jubiläum 2019 vor. Da planen wir Großes!

 

Herr Böckeler, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

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