Anke Pedersen

Freie Journalistin - Wirtschaft, Hotellerie, Reise, Mobilität, Sustainability , Kempen

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Die Extrameile Service.

Interview: Thies Sponholz über Positionierung in einem gesättigten Markt

Über mangelnde Aufmerksamkeit kann sich Hamburgs neuestes Luxushotel nicht beklagen: Schlagzeilen garantieren nicht nur seine »skulpturale Architektur« und Besitzer Klaus-Michael Kühne. Gemeinsam mit dem The Fontenay werden 2017 auch die Elbphilharmonie und der G-20-Gipfel an den Start gehen. Doch: Was nutzt das auf einem längst gesättigten Markt?

Herr Sponholz, erreichen wir Sie gerade in Ihrem Voreröffnungsbüro? Ja, aber das ist eine Rotklinkervilla aus dem Jahr 1914 auf dem Areal des Alsterparks, ein früheres Verwaltungsgebäude und kein Container. Ich habe es hier also sehr gut getroffen.

Klingt nach einer prima Voraussetzung, um Deutschlands spektakulärste Hoteleröffnung vorzubereiten. Aber gerade in Hamburg müssen Sie sich natürlich ranhalten: Während Sie an der Außenalster residieren, thronen das Vier Jahreszeiten und das Atlantic direkt an der Binnenalster. Das Park Hyatt liegt an der Mönckebergstraße und das Louis C. Jacob an der Elbchaussee – Jost Deitmar ist ja gerade Hotelier des Jahres geworden. Wie wollen Sie sich da positionieren? Wir haben einen Standortvorteil. Wir sind ein City-Resort, ein Lakeside-­Luxury-Hotel. Vor uns liegen die Alstervorwiesen und umgeben sind wir vom weitläufigen Alsterpark – das ist eine außerordentliche Innenstadtlage, zu der noch die Großzügigkeit des Hauses und dessen einzigartiges Design kommen. Das Hotel ist rund – und ist zudem ohne Rückseite, auf diese Weise wird es überall von Licht durchflutet.

Ohne Rückseite? Alle Zimmer liegen außen und alle haben einen Balkon. Man schaut immer in die Bäume oder auf die Alster, nicht an die nächste Hauswand, eher ungewöhnlich für ein Stadthotel. Hinzu kommt die Individualität der Einrichtung. Bis auf die Trennwände in den Zimmern gibt es keine einzige gerade Wand, alle sind entweder konvex oder konkav. Das kann man an keine Schablone halten. Ebenso wenig wie unsere Features. Auf dem Dach liegt unsere Bar mit 320-Grad-Traumblick über die Alster, direkt daneben das tausend Quadratmeter große Spa mit einem zwanzig Meter langen In- und Outdoor-Pool. Allein von der Sauna aus hat man einen fantastischen Blick auf die Elbphilharmonie. Und ganz oben, im siebten Stock, liegt dann noch unser Gourmetrestaurant. Es ist ein wirklich großes Geschenk, da mitwirken zu können.

Ebenfalls auf dem Silbertablett bekommen Sie die Eröffnung der Elbphilharmonie serviert, Hamburgs neuem Wahrzeichen. Nach so vielen Jahren der Ankündigung zieht das natürlich alle Blicke auf die Stadt. Allerdings hat dort jetzt auch das Westin eröffnet, ebenfalls ein Fünf-Sterne-Hotel. Ich denke, dass wir gut nebeneinander leben können. Das Westin ist ja direkt am Hafen und gehört zum internationalen Starwood-Konzern. Noch haben sie sich auch nicht klassifizieren lassen. Dort wird es aufgrund des Hypes auch ziemlich wuselig zugehen, bei uns hingegen ist es eher distinguiert und ruhig. Einerseits. Andererseits werden unsere Gäste mit dem Chauffeur-Service in nur fünf Minuten direkt zum Jungfernstieg geshuttelt.

Genau dorthin, wo viele Ihrer Mitbewerber warten. Das Vier Jahreszeiten ist einfach ein Traditionshaus hier in Hamburg, viele aus meiner Generation haben dort ihre Ausbildung gemacht. Das Park Hyatt macht ebenfalls einen hervorragenden Job, und auch das Louis C. Jacob ist Konkurrenz. Da darf man nicht sagen, dass die das alle nicht können. Wir alle ziehen die oberen fünf Prozent der Gäste an, und die überschneiden sich. Wir alle fischen in einem Teich. Allerdings betreiben wir The Fontenay selbst, als unabhängiges Individualhotel, losgelöst von irgendeiner Company.


Macht dies eine klare Positionierung nicht umso schwieriger? Ich glaube, dass gerade in der jetzigen Zeit die Erfolgschancen für individuelle Hotels niemals größer waren. Gäste wählen viel eher Hotels, die nicht zu den großen Ketten gehören, und suchen individuelle Erlebnisse. Wir sind aber auch Mitglied bei den Leading Hotels of the World. Aber darauf allein kann man sich natürlich auch nicht verlassen, ebenfalls nicht auf die OTA. Die Gäste müssen ein tolles Team vorfinden und wir den entsprechenden Service abliefern – die Extrameile gehen. Kürzlich war ich auf Schloss Elmau – die sind wirklich nah an der Perfektion. Und genau das ist für mich die einzige Maßgabe für den Erfolg.

Wie wollen Sie Gäste in Ihr Haus holen? Hamburg hat sich über Jahre sehr stark über Shopping und Musicals definiert, die Hansestadt steht aber auch für tolle Museen, coole Galerien, moderne Architektur, klassische Musik und großartige Gastronomie. Dafür möchten wir Gäste gewinnen. Der Geschäftsreisende kommt ohnehin nach Hamburg, der internationale Leisure-Gast bisher nicht. Und ich meine nicht die Dänen oder Schweizer, sondern die US- oder Südamerikaner et cetera. Für diese Klientel wollen wir die Chance des Neuen für uns nutzen.

Die Südamerikaner? Glauben Sie wirklich, dass die extra nach Hamburg reisen? United Airlines verbindet Hamburg direkt mit New York. Hier können wir uns als attraktives Gateway positionieren. Vor allem die US- und Südamerikaner verbinden Hamburg gern mit einem Trip in den Norden. Aus diesem Grund sind wir dabei, eine Art Allianz mit gleichgesinnten Häusern in Kopenhagen, Amsterdam und auch Berlin zu schließen. In Kopenhagen zum Beispiel mit dem Hotel d’Angleterre, ebenfalls ein Leading Hotel.

Das dürfte nicht so einfach werden, nachdem Hamburg sich lange über Musicals definiert hat. Von allen Städten in Deutschland hat Hamburg die höchste Belegung, wir sind also zufrieden mit der Auslastung. Aber die Raten sind im Keller. Unser Ziel lautet: Rate vor Belegung. Aber dafür muss die Stadt noch viel Arbeit im Ausland leisten, insbesondere in Übersee. Neue Märkte muss man sich aufbauen. Das ist unsere große Chance.

Moment: Rate vor Belegung? Was haben Sie da im Auge? Wir wollen über 300 Euro Durchschnittsrate schaffen, das ist unser Ziel. Es wird keine Sonderraten zur Eröffnung geben. Mit 350 Euro Rackrate fangen wir an.

Ähnlich ist damals auch Rocco Forte gestartet, dessen Berliner Haus Sie lange geleitet haben. Er wollte die höchsten Raten in Deutschland realisieren – und ist gescheitert. Wie ist Ihr Plan? Der Hotelmarkt in Berlin und Hamburg ist sehr unterschiedlich. Seit fast zwanzig Jahren hat kein Luxushotel im Fünf-Sterne-superior-Segment mehr in Hamburg eröffnet und wir denken, dass wir uns mit diesem einzigartigen Projekt sehr von anderen Häusern unterscheiden und gute Voraussetzungen haben, uns in diesem Preisbereich zu positionieren. Wir haben eine allein stehende Property mit einem Besitzer, der nicht auf eine hohe Belegung drängelt, sondern auf hohe Raten. Auf Mallorca hat Klaus-Michael Kühne ja bereits ein Haus, das Castell Son Claret, wo ich ebenfalls Geschäftsführer bin. Da bekommen wir das auch hin.

Wir wollen über 300 Euro Durchschnittsrate schaffen, das ist unser Ziel.

Das sind aber nur vierzig Zimmer auf einer Ferieninsel. Welche Klientel soll diese Rate für 131 Zimmer in Deutschland realisieren? Hamburg hat ein Verhältnis von Geschäfts- und Leisure-Reisenden von sechzig zu vierzig Prozent. Wir wollen das für uns umdrehen. Für das Corporate-­Geschäft zielen wir ganz explizit auf die Vorstands-, Partner- und MD-Ebene. Für sie ist The Fontenay ideal für Board- und Strategiemeetings oder Produktpräsentationen. Daneben werden wir stark im Kultursektor involviert sein und viel im Bereich Verkauf, Marketing und PR unternehmen.

Was meinen Sie mit Kultur? Museen? Hamburgs viele Galerien und Museen, ja, aber wir haben auch eine Kooperation mit der Elbphilharmonie. Darüber hinaus ist das Hotel selbst ja eine Art Kunstwerk. Es ist ein skulpturales Gebäude aus drei ineinander verlaufenden Kreisen, das stark an ein Museum erinnert. Wir wollen Individualgäste gewinnen, die Hamburg als Stadt an sich erleben wollen. Und zusätzlich zum kulturellen gibt es ja auch ein breites kulinarisches Angebot. Wir haben viele Sternerestaurants, daneben aber auch die alternative Szene wie Tim Mälzers Bullerei an der Schanze.

Welches kulinarische Angebot planen Sie? Den Chef für unser Gourmet­restaurant suchen wir noch. Für unser Gartenrestaurant mit Terrasse zur Alster mit einem All-Day-Dining-Konzept haben wir Stefan Wilke gewinnen können, einen Wohlfahrt-Schüler, der viele Jahre auf der MS »Europa« gearbeitet hat. Hier möchten wir nordisch-leichte Küche anbieten.

Apropos: Das Fontenay wird ein echtes Superlativhotel. Aber jeder weiß auch, dass der Logistikmilliardär Klaus-Michael Kühne dahintersteht. Soll heißen: Alle Welt wird lästern, dass der Job ganz einfach ist, wenn man nicht aufs Geld achten muss. Oh, das ist ein Irrtum. Bei Herrn Kühne habe ich keine Narrenfreiheit. Budgettreue geht über alles, da hat er sehr klare Vorstellungen. Klaus-Michael Kühne ist keiner, der nach dem Gießkannenprinzip Geschenke verteilt. Er ist Kaufmann, Zahlen sind ein großes Thema bei ihm und er möchte wissen, wie und wo seine Investitionen ein- und umgesetzt werden.

An Lage, Gebäude und Einrichtung hat Herr Kühne jedenfalls nicht gespart. Sie selbst beziffern die Investitionssumme auf 100 Millionen Euro. Das ist korrekt. Die Stühle sind beispielsweise Designklassiker von Eero Saarinen von Knoll International, die Sofasitzecke wurde speziell für The Fontenay gefertigt, Betten und Matratzen in 2,10 Meter Länge von Schramm, Dekoobjekte von Jacob Jensen und das Echtholzparkett vom italienischen Hersteller Margaritelli – so etwas bekommt man nicht von der Stange.

In ihrem sehr reduzierten, aber gemütlichen Stil erinnert die Einrichtung ein wenig an die 1950er-Jahre. Der Architekt, der Hamburger Jan Störmer, hat gesagt, dass in diesem Hotel die Möbel Rücksicht auf die Architektur nehmen müssen. Überall stehen die Perspektiven, der Blick ins Grüne, die organische Struktur im Vordergrund – ein Modern Classic. Darauf basierend wurde das Interior Design mit sehr vielen schönen Dingen ausgewählt.

Und wie wird das Verhältnis von Zimmern zu Mitarbeitern aussehen? Ich rechne mit 220 bis 250 Mitarbeitern. Und: Wir planen einen 24-Stunden-Check-in und -out.

Das wäre wirklich die Extrameile Service. Herr Sponholz, wir danken Ihnen für das Gespräch.

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