HB DÜSSELDORF. Und kleine Annehmlichkeiten kosten immer gleich: die Wasserflasche aus der Minibar ebenso wie das Sandwich auf dem Zimmer, das Aufbügeln eines Hemdes ebenso wie das Nachrichten-Magazin. Von notwendigen Annehmlichkeiten ganz zu schweigen: Frühstück? 20 Euro. Internet-Zugang? 12 Euro pro Stunde. Fax versenden? 1,50 Euro pro Seite. Sekretariatsservice? Sorry, die Dame hat gerade Pause. Ein kleiner Besprechungsraum für ein, zwei Stunden? Check-in vor 15 Uhr oder Check-out nach 12 Uhr? Mit relaxtem Reisen hat das wenig gemein.
Doch der Geschäftsreise ist bester Kunde in den Stadthotels. Damit er wieder kommt, orientieren sich immer mehr Hotelgesellschaften an Service- und Produkt-Philosophien der Airlines. Dem viel reisenden Vollzahler bieten auch sie eine Business Class. Gegen Cash oder Vorlage der Vielfliegerkarte. Im Hotel-Deutsch heißt das dann Executive Floor: Für einen Aufpreis von durchschnittlich 50 Euro öffnen sich dem Gast die Pforten zu einem etwas angenehmeren Hotel: Das fängt an beim separaten Check-in und Check-out auf einer nicht öffentlichen Etage, geht über komfortablere Zimmer, ein eigens bereit gehaltenes Business-Center mit Rund-um-die-Uhr-Betreuung, kostenlosen Zugang zum Internet bis hin zu einer Lounge mit kostenlosen Drinks, Snacks und kleineren Tagungsräumen.
,Zwar ist der Preis erheblich höher", räumt eine Sprecherin der noblen Le Meridien-Hotels ein, „der Unterschied zu einem regulären Zimmer allerdings auch." Hilton-Direktor Bernhard Zündel erläutert: „Auf den Executive Floors können wir unseren Gast viel individueller begrüßen und betreuen." Wer heute die Dienstleistungen eines Hotels über das reine Bett hinaus in Anspruch nimmt - Frühstück, Minibar, Internet - zahlt meist kräftig drauf. So gesehen schont der Aufenthalt im Executive Floor nicht nur die Nerven, sondern auch die Reisekasse. „Unsere Gäste sind gern bereit, einen Aufpreis zu zahlen dafür, dass sie in Ruhe frühstücken können, sich den ganzen Tag über in einer entspannten Atmosphäre aufhalten und dort sogar Gäste empfangen können und abends auch noch kleine Gerichte serviert bekommen", sagt Luise Hormann, Verkaufsdirektorin bei den Hyatt Hotels.
Hyatt war die erste Hotel- Gesellschaft, die das Potenzial eines „Hotels im Hotel" erkannt hat. Bereits 1971 - vor 34 Jahren - eröffnete die Kette im Hyatt Regency Atlanta ihren ersten „Regency Club" - den ersten Executive Floor seiner Art überhaupt. Heute ist das für die Kette weltweit Standard. Es zahlt sich auch für Hyatt aus: Weltweit sind die Zimmer in den Business-Etagen überproportional belegt.
Auch bei anderen internationalen Ketten läuft das Geschäft mit den kleinen Annehmlichkeiten auf vollen Touren: „Wegen der steigenden Nachfrage" existiert demnächst kein Marriott mehr ohne das Hotel im Hotel, Intercontinental will künftig jedes neue Haus mit einem Executive Floor ausstatten, Ketten wie Mövenpick, Kempinski und Maritim setzen auf entsprechende Etagen in ausgewählten Metropolen. Und auch Hilton International reagiert auf die „vermehrte Nachfrage“ seiner Gäste mit Expansion im Executive-Bereich. Das Hilton Düsseldorf zum Beispiel. General Manager Marc Boettcher hat selbst während der Wirtschaftsflaute nicht nur keinen „Downtrend“ gespürt. Im Gegenteil: 2004 hat er die Zahl seiner Executive-Zimmer sogar fast verdoppelt und erzielt mit rund 64 Prozent Belegung trotzdem eine Auslastung, die deutlich über der seiner Standardzimmer liegt. Tendenz steigend.
„Ein modernes Business Hotel kommt heute nicht mehr ohne aus“, kalkuliert auch Boettchers Münchner Kollege Bernhard Zündel. „Es gibt eine Gästeschicht, die sich nicht in der Masse bewegen will, die sich absetzen will“, weiß der Manager im Hilton München. Seit Frühjahr 2004 empfängt daher auch sein Haus im separaten Executive Floor. Und tatsächlich ist es nicht nur der Hilton-Vielreisende, der sich über seine Plastikkarte in die Executive Etage upgraden lässt. „Wir erreichen auch neue Kundenschichten, die das günstige Verhältnis von Preis und Leistung überzeugt.“
Inzwischen ist das Werben um den Executive-Gast so weit fortgeschritten, dass sich einzelne Häuser immer Neues einfallen lassen, um sich von der nachrüstenden Konkurrenz abzuheben. So wacht über das Wohlbefinden der Gäste in den Le Meridien-Executive Suites ein Butler-Team, im Marriott Berlin kommt mit dem Weckruf eine frische Tasse Kaffee oder Tee, das Intercontinental Frankfurt offeriert die tägliche Reinigung eines Hemdes. Und in den Executive Floors der Mövenpick Hotels stehen dem Manager Hostessen zur Verfügung, die sich um Terminvereinbarungen, Nachrichten und Sekretariatsarbeiten kümmern, den Empfang von Gästen und den IT Support.
Auch Hilton wirbt derzeit mit zusätzlichen Leistungen auf der Bel Etage wie Friseur- oder Massage-Service, Fitness-Menüs und -Specials sowie besonderen Pflegeprodukten für die Dame. Sportlich ambitionierte Gäste brauchen nicht einmal mehr ins Fitness-Center: Auf Wunsch bekommen sie einen Satz Hanteln aufs Zimmer geliefert. Viel Zutrauen in die Ehrlichkeit ihrer besseren Klientel haben die Hilton-Manager aber nicht. Für das Sportgerät, das eigentlich kaum aus dem Hotel geschmuggelt werden könnte, werden auf der Zimmerrechnung kräftige, dreistellige Kautionen verbucht.