Joerg Fieback: Euer erstes Magazin ist gedruckt und liegt in den Läden aus. Würdet ihr das ganze nochmals angehen?
Jörg Meinel: Auf jeden Fall. Auch wenn uns Corona bei der Verbreitung einen Strich durch die Rechnung gemacht hat.
Toni Piskač: Die Branche hat neugierig geschaut. Nach dem Motto, smow spricht das erste Mal über sich, seine Referenzen und Projekte.
JF: Manchen mag wundern, dass ihr nicht auf ein digitales Magazin gesetzt habt, schließlich ist das eure Welt.
Michael Petersen: Das wäre naheliegend gewesen, aber wir sind experimentierfreudig. Ähnlich wie damals, als wir uns aus der Kühle eines Onlineshops heraus gefragt haben, wie würde das Geschäft wohl mit einem Laden funktionieren?
JF: Aus der Idee wurden 14 Stores in 13 Städten...
MP: Genau. Und ähnlich experimentieren wir jetzt aus dem vom Algorithmus getriebenen Marketing heraus mit dem Thema Projekte. Das lässt sich in seiner Komplexität online nicht darstellen. Bei Projekten musst du mehr transportieren, als ein paar Möbel zu zeigen. Ein anderes Medium ist da ein spannendes Versuchsfeld.
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JF: Ihr seid vor allem durch den sehr erfolgreichen Onlineshop bekannt, habt 14 Stores über ganz Deutschland verteilt. Was hat euch zu dem Magazin motiviert?
JM: Uns trieb um, dass wir nichts hatten, das in einer gut gemachten Form über unsere Kunden und Projekte berichtet, denn es gibt eine enorme Nachfrage. Uns war klar, wir brauchen ein Tool, mit dem wir neue Kunden gewinnen können, indem wir erzählen, was wir getrieben haben. Wir haben uns zunächst selbst daran versucht und daraus reifte die Idee einer Referenz-Broschüre. Kein Referenz-Grab, sondern etwas, das die unterschiedlichen Qualitäten abbildet, die wir mitbringen. Wir haben uns mit unserem internen Marketing abgestimmt, und uns war schnell klar, dass wir das mit unseren Kapazitäten alleine nicht abbilden können.
JF: Das war wie eine gemeinsame Redaktionsarbeit. Mein Team hat es beflügelt, dass ihr ihnen den Raum gegeben habt, mit ungewöhnlichen Ideen zu kommen. Auch dass ihr spontan den Fotografen Olaf Martens engagiert habt, der ja eher in der Kunst verortet ist, um euren Spirit darzustellen.
TP: Das macht das Magazin sehr individuell, damit erzählen wir super persönliche Geschichten. Das ist genau das, was wir erreichen wollten. Für manch einen wirkt die Besinnung auf dieses haptische Medium vielleicht ein bisschen oldschool. Menschen zu erreichen funktioniert am besten auf diese emotionale, physische Art. Die Stühle, auf denen wir hier sitzen berühren uns im wahrsten Sinne des Wortes auch auf diese Weise.
JF: Die Form, wie das Ganze aussehen soll, hat sich erst im Laufe der Zusammenarbeit entwickelt.
TP: Es ging uns nicht um die Produkte, also die Stühle oder Tische. Die laufen online hervorragend. Im Magazin geht es um Projekte, um die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit unseren Kundinnen und Kunden an einem Ziel, das über die eigentliche Einrichtung hinausgeht. Das hat natürlich am Ende mit Raum zu tun. Aber es geht vor allem um die Organisation und Kultur einer Firma, die zum Beispiel einen Umzug plant oder mit dem Thema hybrides Arbeiten umzugehen lernt. Wir wollten auf keinen Fall eine Referenz-Broschüre, in der Fotos und Fakten aneinandergereiht sind und wo am Ende alles gleich aussieht. Wir wollten erzählen, worum es im Projekt eigentlich geht - die Zusammenarbeit zwischen den Menschen.
JF: Die Läden hießen bereits smow und jetzt kommt labelfarm dazu.
MP: smow und labelfarm ist mittlerweile eins. Ursprünglich wollte ich mit labelfarm für andere Firmen Produkte online vermarkten. Möbel sollten eine Art Pilotprojekt sein. Es war eine Überraschung, dass die Möbel so gut anliefen. Wir haben noch ein paar andere Kunden betreut, aber bald war klar, um das Thema ernsthaft rüberzubringen, müssen wir mehr smow sein.
MP: Das, worauf wir hier sitzen, ist nicht nur ein Sitz mit vier Beinen. Da steckt eine Story dahinter. Wenn ich mir früher einen Schreibtisch gekauft habe, habe ich nicht darüber nachgedacht, was einen Vitra-Schreibtisch von einem aus dem Baumarkt unterscheidet. Da hat sich bei mir persönlich der Blick gewandelt.
JF: Lasst uns über eure unterschiedlichen Standbeine sprechen. Erst die beiden Läden in Leipzig und Chemnitz, dann der Durchbruch mit dem Onlineshop und dann geht ihr mit weiteren Stores in die Offensive.
MP: Ja, das Experiment mit den physischen Läden war krass.
JM: 2002 gab es nur meinen Laden in Leipzig, dann kam Chemnitz, 2008/9 fing online an. Damals sagte ein Hersteller zu mir: ‚Meinel, kauf dir ein gescheites Auto, statt deine Kohle in online zu versenken. Das klappt sowieso nie. Das erleben wir nicht mehr, dass Möbel online bestellt werden.' Damals waren wir mit die Ersten, die den Sprung gewagt haben und dann 2012/13 waren wir die Ersten, die den Sprung zurück zu offline, zu echten Läden, gemacht haben. Online sind in der Zwischenzeit einige nachgezogen und es gab Neugründungen, die rein aufs Online-Geschäft bauen. Aber dann wieder von online nach offline zu gehen, das hat keiner gemacht.
JF: Michael sprach von einer krassen Erfahrung. Hast du das auch so empfunden?
JM: Ja. Wir haben zum ersten Mal an einem funktionieren Wirtschaftskreislauf im Westen teilgenommen. Wir sind in Stuttgart mit einem Laden angetreten, der funktionierte. Wir konnten unserem Partner vor Ort sagen, wir sind online sehr präsent und du kannst davon profitieren.
MP: Das war das Krasse für mich, dass die Online-Mechanismen in einem Laden funktionieren.
TP: Das ist etwas, das die ganze Branche negiert hat ...
JM: ... das war sogar für mich neu.
TP: Bis dahin galt noch immer, teure Marken kannst du nicht online verkaufen. smow hatte gezeigt, dass es funktioniert. Das Geniale war, dass Menschen, die ihre Möbel bereits online bei smow ausgesucht hatten, in einen smow Laden gehen und sich dort aufs Sofa setzen konnten, um sich von der Qualität zu überzeugen.
MP: Auf einer Webseite kann man viel mehr Schein als Sein transportieren und hier hatten sie es zum Anfassen. Das meine ich, wenn ich sage, das Online-Geschäft auch offline zu transportieren. Die Kundinnen und Kunden, die in den Laden kamen, waren überzeugt, dass es ihn schon lange gibt, denn sie kannten smow seit Jahren von den oberen Plätzen in ihrer Suchabfrage. Sie hielten smow für einen Platzhirsch. Nach diesem Muster entwickelten sich auch unsere weiteren Stores.
JF: Euch Neulinge hielt man für Platzhirsche? Ihr habt die Alteingesessenen einfach überholt?
MP: Das kommt sicher auch daher, wie unsere Klientel recherchiert und dass die Kundinnen und Kunden oft neu in eine Stadt kommen. Da spielen Alteingesessene keine entscheidende Rolle.
JM: Das aktuelle Online-Bild ist das, was der Markt hergibt.
TP: Das Konzept funktioniert. Die Corona-Pandemie war der Härtetest. Da wurde offensichtlich, Händlern ohne Online-Geschäft geht es nicht gut und reinen Online-Händlern geht es zwar im Moment gut, aber die Frage ist, wie lange.
JM: Deren Problem ist, dass sie meist nicht profitabel sind.
TP: Jetzt zeigt sich, dass beide Geschäftsfelder zusammen funktionieren, dass sie sich gegenseitig befruchten. Jörg sagt immer: Wir spülen Kundinnen und Kunden in die Läden. Online lenkt die Leute.