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Ausflugsvergnügen: Ein Sommerwochenende in Bad Gastein

Ich hab mich verliebt. Und zwar schon letzten Winter in das wunderschöne Bad Gastein, als unsere Autorin Anika ein winterliches Ausflugsvergnügen für uns schrieb. Seitdem wusste ich: Ich muss dahin. Denn Bad Gastein ist irgendwie anders als die anderen kleinen Dörfer in Österreich. Früher noch ein wahnsinnig beliebter Kurort, in den sämtliche Könige und Kaiser pilgerten, um in dem heilenden Thermalwasser zu baden, erfindet sich der Ort schon seit ein paar Jahren neu.

Berliner lassen sich nieder, machen sauleckere Gastro, wunderschöne Hotels und coole Cafés, gleichzeitig ist natürlich noch immer das Alte da, der Stadtkern mit seinen Belle Époque-Bauten steht größtenteils leer - und bevor hier womöglich abgerissen oder neu renoviert wird, sollte man genau jetzt in das 4000-Einwohner-Dorf fahren. Ich habe mich total in den Blick auf das Grand Hotel de l'Europe verguckt. Wer Wes Anderson mag, der wird Bad Gastein lieben.

Freitag, 12.30 Uhr: Ankunft im Hotel Miramonte

Nach dreieinhalb Stunden Fahrt - mit Stau, eigentlich sollte man mit dem Auto nicht länger als drei Stunden nach Bad Gastein brauchen - kommen wir im Hotel Miramonte an. Man kommt genauso bequem mit dem Zug in das österreichische Alpendorf, und nicht nur, dass die Strecke wahnsinnig schön sein soll, es ist auch wesentlich entspannter, denn in Bad Gastein braucht wirklich niemand ein Auto.

Das Hotel Miramonte kennen verrückterweise auch Freunde von mir, die keine Ahnung von Bad Gastein haben. Das Designhotel hat es geschafft, sich auch über die österreichischen Grenzen hinaus herumzusprechen - vollkommen zurecht, denn so gut wie sich hier Alt mit Neu verbindet, sieht man es wirklich selten. Türen, Wandbemalung und Böden sind größtenteils noch aus den 50er und 60er Jahren, dazu gesellen sich modernste Möbel und Designklassiker. Und trotzdem oder genau deswegen passt hier alles perfekt zusammen.

Freitag, 13.00 Uhr: Mittagessen im Haus Hirt

Zum Mittagessen spazieren wir eine Viertelstunde zum Schwestern-Hotel "Haus Hirt" - hier gibt's nämlich jeden Tag einen "Light Lunch" mit einem Mittagsgericht, dazu Salatbuffet, vegane Suppen, regionales Brot, Obst und Kuchen zum Nachtisch. Das Hotel gibt es seit den 20er Jahren, damals noch ein altes Landhaus, kommt es heute wunderschön Wes-Anderson-mäßig daher. Hier isst man mit tollem Ausblick auf die Berge und Blick nach innen auf hübscheste Möbel.

Freitag, 15.00 Uhr: Spaziergang durch Bad Gastein

Nach dem Mittagessen machen wir uns auf "in die Stadt" - das Zentrum von Bad Gastein liegt nur wenige Gehminuten von unserem Hotel entfernt. Es formte sich schon vor hunderten Jahren um einen großen Wasserfall herum, deshalb ist das Städtchen auch an den Steilhängen gebaut, statt Straßen gibt es vor allem kleine Gassen. Mehrere Millionen Liter Wasser entspringen hier täglich aus den heißen Quellen als warmes Thermalwasser, das direkt in die Hotels und Häuser geleitet wird.

Direkt am Fuße des Wasserfalls trinken wir einen Cappuccino im Kraftwerk Café, wie der Name schon vermuten lässt, wurden hier Stühle, Tische und Co. einfach in ein altes Wasserkraftwerk gestellt. Das Café an sich ist eine ziemliche Touristenattraktion - wer es ein wenig hipper mag, der ist wahrscheinlich im The Blonde Beans gut aufgehoben - doch trotz August und Sommerferien ist Bad Gastein überraschend leer. Wer also fernab vom Massentourismus seine Ruhe haben will, der ist hier wirklich mal goldrichtig.

Wir staunen über die teilweise jahrzehntelang verlassenen Gebäude - Haus Austria, Grandhotel Straubinger, das alte Postamt, das Badeschloss und das Kongresshaus. Gleich gegenüber hat dafür das Wally Gastein wieder eröffnet, ein ziemlicher hübscher Modeladen mit Sachen von Lena Hoschek, Closed & Co. Ebenfalls im Gegensatz steht das Artfestival Sommer.Frische.Kunst, bei dem noch bis zum 30. September 2017 in kleinen (Pop-Up-)Galerien jede Menge junger Kunst gezeigt wird.

Freitag, 19.00 Uhr: Abendessen im Hotel Miramonte

Nach so viele Eindrücken entscheiden wir uns abends erst einmal "daheim" zu bleiben und essen im Hotel. Das Miramonte bietet ein Vier-Gänge-Menü für wirklich okaye 25 Euro an. Nach einem kleinen Appetizer und einer Suppe, entscheide ich mich für die Rote-Beete-Nocken mit Ziegenfrischkäse, meine Mama nimmt den Tafelspitz. Zum Nachtisch gönnen wir uns dann noch einen Waldbeer-Topfen mit hausgemachtem Wildkräuter-Eis. Und fallen danach satt und wahnsinnig müde ins Bett.

Samstag, 09.00 Uhr: Yoga und Frühstück

Jeden Morgen gibt's im Miramonte für einen Aufpreis von sieben Euro eine Yogastunde, die findet bei schönem Wetter auf der Sonnenterrasse, bei schlechterem Wetter im hoteleigenen Yogaraum statt. Ich zeige mich, weil ich im Urlaub bin, mal von meiner besten Seite und mache den Sonnengruß um 9 Uhr morgens tatsächlich mit. Danach fühle ich mich nicht nur saugut, sondern habe vor allem sau Hunger.

Das Frühstücksbuffet (das übrigens im Preis enthalten ist) kann sich zum Glück mehr als sehen lassen. Ich probiere mich ein Mal durch - Rühreier, Käse, Orangensaft, Wildkräutersaft, Müsli, Croissant - und befinde alles für sehr gut! Selbst der Cappuccino schmeckt mir, obwohl er aus dem Automaten kommt.

Samstag, 11.00 Uhr: "Wandern" auf den Graukogel

Nach dem Frühstück machen wir Wandern für Faule, was heißen soll: Wir fahren den Hausberg hoch und "wandern" dann herunter. Mit dem Graukogellift, den ich überraschend teuer finde, fahren wir nur eine Teilstrecke, also nur bis auf halbem Wege. Runter führt dann ein ziemlich schöner Weg über Wiesen und durch Wälder. Mama findet zumindest ein paar Pfifferlinge und ist happy, ich sammle glitzernde Steine und bin ebenfalls happy. Für den gemütlichen Weg nach unten brauchen wir vielleicht zwei Stunden. Das reicht auch für faule Wanderer.

Samstag, 14.00 Uhr: Einkehr im Waldhaus Rudolfshöhe

Als wir dann schon fast wieder unten sind, machen wir noch einen kleinen Stopp an der Rudolfshöhe. Schon seit über 600 Jahren steht das Waldhaus hier - und wurde letztes Jahr von zwei Berlinern übernommen. Hier kann man nicht nur ab 12 Uhr einkehren, sondern auch übernachten oder einfach nur abends auf einen Drink vorbeikommen. Die Rudolfshöhe kann sich nämlich auch innen echt sehen lassen - und zu Fuß vom Dorf aus sind es gerade einmal zehn Minuten. Das Bio-Radler schmeckt lecker, ist aber mit 4,50 Euro kein Schnäppchen.

Samstag, 15.00 Uhr: Spa-Nachmittag im Miramonte

Was gibt es besseres als nach dem Wandern ein warmes Thermalbad zu nehmen und sich massieren zu lassen? So ungefähr gar nichts und deshalb ist genau das unser Plan. Im ersten Stock vom Miramonte befindet sich der Spabereich mit großer Terrasse. Das Personal ist im gesamten Hotel wahnsinnig nett und zuvorkommend, ohne aufdringlich zu sein. Die liebe Rezeptionistin lässt uns zwei Thermalbäder ein, danach bekommt jeder von uns eine Massage (35 Euro für 25 Minuten).

Samstag, 20.00 Uhr: Abendessen im Lutter & Wegner in der Villa Solitude

Mama und ich wollen noch mal in die Stadt und obwohl wir nach dem Spa-Nachmittag tiefenentspannt sind und ich fast in der Hängematte auf unserem Balkon einschlafe, raffen wir uns noch einmal auf und suchen zu Fuß ein Restaurant im Zentrum. Schon am Tag davor ist uns die Terrasse vom Lutter & Wegner ins Auge gefallen und auch als wir jetzt direkt vorbeigehen, macht das Restaurant einen super Eindruck. Ich bin kurz gespannt, weil ich sonst nichts darüber gelesen oder gehört habe, doch wir entscheiden uns dann dafür - alleine wegen des schönen Ausblicks.

Ich bestelle Pressknödel mit einer Pfifferling-Kräuter-Sauce (15,90 Euro), meine Mama ein Wildragout mit Polenta (16,90 Euro). Dazu trinken wir Radler und Riesling. Alles schmeckt ganz hervorragend und auch, wenn das Lutter & Wegner wahrscheinlich nicht das günstigste Restaurant in Bad Gastein ist, lohnt es sich absolut. Wir trinken noch einen zweiten Wein, schauen auf den Wasserfall und das nächtlich beleuchtete Bad Gastein. Vor allem, wenn es dunkel ist, wird erst klar, wieviele Gebäude hier leer stehen.

Sonntag, 10.00 Uhr: Ausflug nach Sportgastein

Bevor wir am frühen Nachmittag schon zurück nach München fahren, machen wir noch einen Abstecher nach Sportgastein. Nicht vom Namen in die Irre führen lassen - Sport wird hier nicht gemacht, abgesehen von spazieren gehen. Wer mag, kann hier auch stunden- wahrscheinlich tagelang in die Berge rein wandern. Wir geben uns mit einer zweistündigen Runde zufrieden und machen auf halber Strecke Rast an der Nassfeldalm - hier bestellen wir hausgemachte Kräuterlimo und Buttermilch mit Heidelbeeren. Beides ist total lecker und richtig günstig.

Zur Landschaft muss man nicht viel sagen, ich bin total beeindruckt, wie schön das Licht in das über drei Kilometer lange Tal fällt, mit seinen Wasserfällen, Bächen und Nadelbäumen kommt Sportgastein ein bisschen wie Kanada daher. Oder Irland. Oder Tibet. Auf jeden Fall sieht es auch hier irgendwie anders aus als sonst in Österreich. Danach fahren wir heim und ich habe nicht nur das Gefühl, dass ich länger als zwei Tage weg gewesen sein muss, sondern ich bin auch fasziniert. Immer noch und jetzt noch mehr. Und weiß: Ich komme wieder! Ganz bald.

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