Anja Lang

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Darmkrebs: Welche Vorsorge gibt es und was bezahlt die Kasse?

Geschrieben von Melanie Heide

Darmkrebs entsteht sehr langsam. Bis sich aus harmlosen Darmpolypen eine bösartige Geschwulst entwickelt, können viele Jahre vergehen. Jahre in denen man absolut beschwerdefrei lebt und nichts von der tickenden Zeitbombe im Unterleib spürt. Treten Beschwerden auf, hat sich in der Regel bereits ein Tumor gebildet. Darmkrebs ist damit keine Sache des Bauchgefühls, sondern oftmals die Folge mangelnder Vorsorge. Deshalb sollte die Darmkrebs-Vorsorge fester Bestandteil Ihres persönlichen Anti-Aging-Programms sein!

Diese Vorsorgen bezahlt die Krankenkasse

Die Wahrscheinlichkeit an Darmkrebs zu erkranken, steigt ab dem 50. Lebensjahr deutlich an. Die gesetzlichen Krankenkassen bieten deshalb ab diesem Zeitpunkt im Rahmen der Früherkennung eine Reihe an kostenlosen Vorsorgemaßnahmen an:

Biochemischer Hämoccult-Test: Ab dem 50. Lebensjahr bis zum 55. Lebensjahr hat jeder gesetzlich Versicherte Anspruch auf die jährliche Durchführung eines Papierstreifen-Tests auf verborgenes (lateinisch: occultes) Blut. Tatsache ist, dass Polypen und Karzinome öfter bluten, als gesunde Darmschleimhaut. Durch einen biochemischen Hämoccult-Test können auch kleinste Blutmengen, die für das bloße Auge nicht sichtbar sind, nachgewiesen werden. Auf insgesamt drei Teststreifen werden dazu jeweils drei unterschiedliche Stuhlproben aufgebracht. Ist Blut enthalten, färbt sich der Streifen ein. Dieser Test ist relativ einfach durchzuführen. Nachteilig ist, dass der Test nicht besonders aussagekräftig ist: Dickdarmkrebs kann bluten, muss aber nicht. Ein negativer Blutnachweis schließt eine Krebserkrankung somit nicht zweifelsfrei aus. Andersherum kann Blut im Stuhl auch andere Ursachen haben. So können bestimmte Nahrungsmittel, wie etwa halbrohes Fleisch, Hämorrhoiden oder auch Medikamente zu einem falsch-positiven Testergebnis führen.

Immunologischer Hämoccult-Test: Keine Kassenleistung! Weniger störanfällig sollen neuere Tests arbeiten, die Blut im Stuhl mittels Antikörper nachweisen. Diese immunologischen Tests weisen tatsächlich nur menschliches Blut nach und zeigten in Studien empfindlichere Reaktionen, als die biochemischen Tests. Experten gehen davon aus, dass die immunologischen Tests bald in das gesetzliche Früherkennungsprogramm aufgenommen werden und dann die bisherigen Tests ersetzen. Bislang sind sie aber noch keine Kassenleistung und müssen deshalb als sogenannte IgeL-Leistung aus eigener Tasche bezahlt werden.

Tastuntersuchung: Die Austastung des Enddarms durch den Arzt ist inzwischen nicht mehr Teil des gesetzlichen Programms zur Früherkennung von Darmkrebs. Sie wird von vielen Ärzten aber weiterhin durchgeführt, zum Beispiel bei der Untersuchung der Prostata bei Männern oder bei Frauen im Rahmen einer gynäkologischen Untersuchung. Dabei führt der Arzt einen handschuhgeschützten Finger in den After ein und tastet den Mastdarm auf auffällige Strukturen hin ab. Etwa zehn Prozent aller Darmkrebs-Erkrankungen lassen sich so entdecken, da viele Tumore in der Nähe des Darmausgangs sitzen.

Konventionelle Darmspiegelung (Koloskopie): Eine besonders sichere Diagnosemöglichkeit bietet die Darmspiegelung. Sie wird ab dem 55. Geburtstag als Kassenleistung angeboten und kann nur von speziell dazu ausgebildeten Ärzten durchgeführt werden. Dabei wird zuerst der Darm gereinigt und dann ein Koloskop - das ist ein beweglicher Schlauch, an dessen Spitze eine Kamera angebracht ist - in den After eingeführt. Zentimeter für Zentimeter wird anschließend der Darm nach Schleimhautveränderungen, sogenannten Polypen, abgesucht. Sie gelten als Vorstufe zum Krebs. Man weiß, dass sich aus Darmpolypen später Karzinome entwickeln können. Wird ein Polyp entdeckt, kann dieser sofort mithilfe von Zusatzinstrumenten entfernt werden. Die Untersuchung wird ambulant durchgeführt. In sehr seltenen Fällen kann es zu Komplikationen kommen, z.B. indem die Darmwand verletzt oder durchstochen wird. Patienten empfinden eine Darmspiegelung häufig als wenig angenehm, teilweise sogar als schmerzhaft. Auf Wunsch können Patienten deshalb auch eine Kurznarkose oder ein Beruhigungsmittel bekommen. Bringt der Eingriff keinen positiven Befund, ist erst wieder nach zehn Jahren eine weitere Darmspiegelung nötig.

Alternativen zur konventionellen Darmspiegelung

Wer keine Koloskopie vornehmen lassen möchte, kann alternativ weiterhin alle zwei Jahre den biochemischen Hämoccult-Test auf Kassenkosten durchführen lassen oder den immunologischen Hämoccult-Test selbst bezahlen. Darüber hinaus gibt es noch weitere Vorsorgeuntersuchungen, deren Kosten mitunter von privaten Krankenkassen übernommen werden, von den gesetzlichen Krankenkassen aber in der Regel nicht bezahlt werden.

Virtuelle Darmspiegelung (virtuelle Koloskopie): Keine Kassenleistung! Eine Möglichkeit den Darm ohne Eingriff abzubilden, bietet die virtuelle Darmspiegelung. Dabei muss zuerst der Darm gereinigt werden. Anschließend werden per Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) Schichtaufnahmen vom Bauchraum erstellt, die mit einem 3-D-Computerprogramm dann in ein räumliches Bild vom Darm umgewandelt werden. Für den Patienten ist dieses Verfahren weniger unangenehm, da kein Eingriff vorgenommen werden muss. Nachteil ist, dass kleinere und flache Polypen übersehen werden können. Außerdem darf die Belastung durch Röntgenstrahlen bei der CT nicht außer Acht gelassen werden. Werden verdächtige Strukturen entdeckt, muss trotzdem wieder eine konventionelle Darmspiegelung durchgeführt werden, bei der die entdeckten Polypen entfernt werden. Die virtuelle Koloskopie ist keine Kassenleistung. Sie muss selbst bezahlt werden und kostet etwa 800 Euro. Private Krankenkassen leisten mitunter auf Anfrage.

Dickdarm-Kapselendoskopie: Keine Kassenleistung!: Bei der Dickdarm-Kapselendoskopie schluckt der Patient nach einer gründlichen Darmreinigung - in der neuesten Generation eine 11 mal 31 Millimeter kleine - Kapsel, in der vorne und hinten je zwei winzige Kameras untergebracht ist . Auf dem Weg durch den Darm machen diese Kameras, abhängig von der Geschwindigkeit, insgesamt vier bis 34 Bilder pro Sekunde und schicken diese an einen Rekorder, den der Patient am Gürtel trägt. Danach wird die Kapsel auf natürlichem Wege auf der Toilette wieder entsorgt. Ein Facharzt begutachtet anschließend die Bilder auf dem Rekorder. Die Untersuchung ist völlig schmerzfrei und bot in Studien relativ sichere Ergebnisse. Da die Kapsel - anders als bei der konventionellen Darmspiegelung - von außen aber nicht gesteuert werden kann, sind die Ergebnisse denen einer normalen Darmspiegelung bislang immer noch nicht ebenbürtig. Auch können entdeckte Darmpolypen mit der Kapsel nicht entfernt werden. Dazu muss dann doch wieder eine normale Darmspiegelung per Sonde durchgeführt werden. Die Dickdarm-Kapselendoskopie ist keine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen. Sie kostet etwa 1.200 Euro.

Übersicht über die Vorsorgeformen:

Biochemischer Hämoccult-Test

50-54 Jahre: jährlich

einfache, unkomplizierte Handhabung

geringe Sicherheit, mit dem Alter steigendes Restrisiko

Immunologischer Hämoccult-Test

50-54 Jahre: jährlich

einfache, unkomplizierte Handhabung, in Studien dem biochemischen Hämoccult-Test überlegen

mit dem Alter steigendes Restrisiko, keine Kassenleistung

Optische Darmspiegelung (Koloskopie)

ab 55 Jahre: alle 10 Jahre

sehr große Sicherheit, Entfernung der Vorstufen von Darmkrebs

aufwendiger, eher unangenehm empfundener Eingriff

Virtuelle Darmspiegelung (virtuelle Koloskopie)

ab 50 Jahre

kein Eingriff nötig, drei-dimensionale Darstellung des Darms

kleine, flache Polypen können übersehen werden, bei Auffälligkeiten ist trotzdem eine Darmspiegelung nötig, Röntgenbelastung bei CT, keine Kassenleistung

Dickdarm-Kapselendoskopie

ab 50 Jahre

kein Eingriff nötig, völlig schmerzfrei

reines Diagnoseverfahren, Bilder nur in eine Richtung, keine Kassenleistung, relativ teuer

Risikogruppen müssen früher zur Vorsorge

Die genannten Vorsorgemaßnahmen gelten für gesunde Personen ohne spezifische Beschwerden oder Vorbelastungen. Menschen mit Risikofaktoren sollten dagegen entsprechend früher mit der Vorsorge starten bzw. sich engmaschiger kontrollieren lassen.

Vererbung: Gibt es Fälle von Darmkrebs in der näheren Verwandtschaft, besteht ein erhöhtes Risiko ebenfalls daran zu erkranken. Je nach Häufigkeit und Verwandtschaftsgrad ist hier eine Darmkrebsvorsorge manchmal sogar schon in jungen Jahren sinnvoll.

Diabetes Typ II: Patienten mit Typ-II-Diabetes haben gegenüber der Normalbevölkerung ein dreifach erhöhtes Darmkrebsrisiko. Verantwortlich hierfür, ist nach Meinung von Experten die wachstumsfördernde Wirkung von Insulin. Typ-II-Diabetiker sollten deshalb engmaschiger zur Kontrolle.

Chronisch entzündliche Darmerkrankung: Auch Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa und Morbus Crohn haben ein erhöhtes Erkrankungsrisiko. In beiden Fällen sollte eine besonders intensive Früherkennung durchgeführt werden.

Ernährung und Lebensstil: spielen bei der Entstehung von Darmkrebs ebenfalls eine entscheidende Rolle. Einseitige Ernährung mit viel Fett und Fleisch sowie regelmäßig Alkohol fördert nachweislich die Entstehung von Darmkrebs. Eine passive Lebensweise mit wenig Bewegung und Übergewicht wirkt sich ebenfalls negativ aus. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass bei etwa 14 Prozent der Darmkrebspatienten körperliche Inaktivität mit eine Ursache für das Entstehen der Krankheit sein könnte. Auch Rauchen erhöht das Darmkrebsrisiko. Bei langjährigen Rauchern werden deutlich mehr gefährliche Darmpolypen gefunden, die das Potential haben zu entarten.

So schützen Sie sich vor Darmkrebs

Achten Sie deshalb auf eine möglichst gesunde und ausgewogene Ernährung mit vielen Vollkornprodukten, frischem Obst und Gemüse. Trinken Sie nur mäßig Alkohol und versuchen Sie möglichst auf das Rauchen zu verzichten. Bringen Sie mehr Bewegung in Ihr Leben. Dazu müssen Sie nicht täglich Gast im Fitnessstudio sein. Es reicht schon, öfters mal zu Fuß zugehen, statt ins Auto zu steigen und häufiger die Treppe statt den Aufzug zu benutzen. Das schützt nicht nur vor Darmkrebs, sondern auch vor vielen anderen ernsthaften Krankheiten. Wenn Sie dann zusätzlich noch die Angebote der Darmkrebsvorsorge wahrnehmen, kann Ihnen der Schrecken Darmkrebs eigentlich nicht mehr viel anhaben.

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