Anja Lang

Freie Fachautorin für Medizinthemen, München

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Darmkrebs: Untersuchung per Videokapsel

Geschrieben von Melanie Heide

Darmkrebs zählt in den westlichen Ländern zu den häufigsten Krebsarten überhaupt. Jedes Jahr erkranken in Deutschland mehr als 60.000 Menschen daran. Rund 26.000 sterben. Eine Darmspiegelung ist noch immer die verlässlichste Methode zur Früherkennung und sollte fest zu Ihrem Vorsorge-Programm gehören. Doch inzwischen wird auch die sogenannte Kapselendoskopie - eine völlig schmerzfeie Diagnosetechnik - in manchen Fällen von den Krankenkassen bezahlt. Wie funktioniert eine Kapselendoskopie und in welchen Fällen bezahlt dies die Krankenkasse?

Sie wiegt nur wenige Gramm, hat die Größe einer dicken Vitaminpille und liefert gestochen scharfe Bilder von der Innenwand des Darms. Die Rede ist einer Videokapsel, die bei der sogenannten Kapselendoskopie eingesetzt wird. Die Untersuchung des Darms per Videokapsel wird bereits seit 2001 praktiziert. Seit 2011 wird diese Methode in Deutschland - unter gewissen Voraussetzungen - auch von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt.

Wie läuft eine Kapselendoskopie ab?

Die Kapselendoskopie ist ein ambulantes Verfahren. Dazu muss der Patient nüchtern in der Praxis erscheinen. Dort bekommt er eine kleine Kapsel mit etwas Wasser zu schlucken, die 26 Millimeter lang und 11 Millimeter dick ist und damit in etwa der Größe eines kleinen Bonbons entspricht. Diese Kapsel enthält am Kopf eine winzige Kamera und ist komplett mit Batterien, einer Lichtquelle und einem Sender ausgestattet. Die Videokapsel ist frei schwimmend und macht auf dem Weg durch den Darm etwa acht Stunden lang, je nach Geschwindigkeit zwischen zwei und sechs Bildern pro Sekunde. Sämtliche Daten werden an einen Rekorder übermittelt, den der Patient an seinem Gürtel trägt. Hat der Patient die Kapsel geschluckt, kann er die Praxis wieder verlassen und sich frei bewegen, auch arbeiten, wenn er möchte. Sobald die Kapsel den Magen passiert, wandert sie mit der Flüssigkeit durch den gesamten Darm. Insgesamt werden dabei 50.000 bis 60.000 Bilder geliefert. Die Kapsel ist ein Einmalprodukt und verlässt den Körper auf natürlichem Wege wieder, landet also in der Toilette. Nach der vereinbarten Zeit bringt der Patient den Rekorder wieder in die Praxis zurück, wo die Daten dann vom Arzt gesichtet und ausgewertet werden.

Kapselendoskopie zur Untersuchung des kompletten Magen-Darm-Traktes

Die Kapselendoskopie wurde ursprünglich zur Untersuchung des mit normalem Endoskop nur schwer zugänglichen Dünndarms entwickelt. Inzwischen lassen sich aber auch alle anderen Abschnitte des Magen-Darm-Traktes kapselendoskopisch untersuchen. Für die Untersuchung der Speiseröhre, des Magens des Dickdarms sowie des Dünndarm werden jeweils unterschiedliche Videokapseln eingesetzt.

Wann die Krankenkasse leistet

Diagnostiziert der Arzt „unklare Blutungen im Magen-Darm-Trakt", übernehmen seit 2011 die gesetzlichen Krankenkassen eine Kapselendoskopie in der Regel ohne weiteren Antrag. Das gilt bislang allerdings nur für die Abklärung von Beschwerden im Dünndarm. Denn gerade der bis zu sieben Meter lange Dünndarm ließ sich vorher nur schwer untersuchen. Nur der Anfang und das Ende konnten über den Magen bzw. den Dickdarm, im Rahmen einer Spiegelung, mit einer Sonde eingesehen werden. Zu eng sind die Windungen und zu lang ist der Dünndarm insgesamt. So blieb als Diagnoseverfahren per Krankenkasse vor 2011 nur das Röntgen bzw. die Computertomographie (CT). Beide Verfahren liefern jedoch nur ungenaue Auskünfte. Außerdem ist der Patient einer zusätzlichen Strahlenbelastung ausgesetzt. Die Dünndarmkapselendoskopie als Kassenleistung hat diese Lücke nun endlich geschlossen.

Kapselendoskopie ist deutlich schonender

Für die Untersuchung des Dickdarms mit weit höherer Krebsquote - im Rahmen der Vorsorge - wird von Ärzten allerdings weiterhin die reguläre optische Darmspiegelung per Sonde empfohlen. Hier kann der Arzt auffällige Stellen gezielter untersuchen, er kann direkt Gewebeproben entnehmen und Darmkrebsvorstufen - sogenannte Polypen - sofort entfernen. Die optische Darmspiegelung wird von den gesetzlichen Krankenkassen nach dem 55. Geburtstag bezahlt. Viele Patienten empfinden sie allerdings als etwas unangenehm, wenn nicht gar schmerzhaft. Auch fühlen sich viele in ihrem Intimbereich gestört. Alternativ dazu lässt sich natürlich auch der Dickdarm per schonender Kapselendoskopie untersuchen. Das Procedere ist in etwa dasselbe, wie bei der Dünndarmkapsel-Endoskopie, nur muss dazu eine etwas größere Kapsel mit zwei Kameras verwendet werden und eine etwas gründlichere Darmreinigung erfolgen.

Kapselendoskopie ist teuer und weniger aussagekräftig

Im Gegensatz zur konventionellen Darmspiegelung, können die Bilder bei der Kapselendoskopie allerdings nur in eine Richtung aufgenommen werden, da der Arzt die Kapsel nicht steuern kann. Auffällige Stellen können also nicht so intensiv betrachtet werden, wie das bei einer regulären Darmspiegelung der Fall ist. Immerhin können aber rund 80% bis 90% aller Polypen entdeckt werden. Zum Entfernen von Darmpolypen muss der Patient dann allerdings doch wieder eine Darmspiegelung über sich ergehen lassen, denn die Kapselendoskopie ist nur ein reines Diagnoseverfahren. Die Kosten für eine Dickdarmkapsel-Endoskopie werden deshalb von den gesetzlichen Krankenkassen nur in Ausnahmefällen übernommen.

Kosten der Kapselendoskopie

Eine Kapselendoskopie ist relativ teuer und kostet etwa 1.200 Euro. Allein die Kapsel schlägt schon mit ca. 600 Euro zu Buche. Zur Abklärung von unklaren Blutungen im Dünndarmbereich wird eine Kapselendoskopie inzwischen aber auch von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt. Eine Kapselendoskopie des Dickdarms - als Alternative zur regulären Darmspiegelung per Sonde - bezahlen die gesetzlichen Krankenkassen in der Regel aber nicht. Private Krankenkassen erstatten hier zum Teil.

Kapsel contra Sonde im Rahmen der Darmkrebsvorsorge

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