Seit 15 Jahren können Frauen zum Heer einrücken. Wir begleiteten eine Kompanie mit drei Soldatinnen einen Tag lang.
Annabel Thaler steht mit ihren zehn Kameraden in einer Reihe, mitten in den Tiroler Alpen, unter strahlend blauem Himmel. An ihren Füßen hat sie Schneeschuhe, Rucksack und Helm liegen ordentlich dahinter. "Waffe anschlagen", befiehlt der Zugskommandant. Rechte Hand nahe dem Abzug legen, die linken Hand zum Laufgriff führen. Durch das Visier schauen, abdrücken und dann die Umgebung nach weiteren Feinden absuchen. "Das Schwierige daran ist, beim Anvisieren nicht zu wackeln", sagt die 20-jährige Soldatin.
Thaler ist eine von drei weiblichen Pionieren aus Salzburg, die momentan in der Wattentaler Lizum stationiert sind. Österreichweit arbeiten derzeit 375 Soldatinnen beim Bundesheer. Für Thaler war schon vor der Matura klar, dass sie sich freiwillig zum Dienst an der Waffe melden will. "Es ist abwechslungsreich und man ist viel im Freien", begründet die 20-Jährige ihre Entscheidung. Wie ihre Karriere beim Heer aussehen soll, weiß sie noch nicht genau. "Aber ich will auf jeden Fall bleiben."
Hauptmann Werner Geosits wird bald mit Thaler ein Gespräch über ihre Karriere als Soldatin führen. "Es ist gut, dass man beim Grundwehrdienst ins Bundesheer hineinschnuppern kann." Thaler könne dadurch sehen, wo ihre Stärken liegen. Auch Geosits wünscht sich, dass Thaler ihr Ziel, Unteroffizier zu werden, erreicht. Die große Flexibilität der Dienstzeiten zwingt aber manche Frau zum Aufgeben: "Die Soldaten sind oft zwei bis drei Wochen durchgehend unterwegs, da fällt die Familienplanung nicht leicht."
Thaler bricht zu einer Skitour auf, während ihre Kameraden eine andere Aufgabe haben: Das Tragseil einer Seilbahn wurde unter dem Schnee begraben und soll nun freigeschaufelt werden. Ein Hubschrauber soll die Truppe zur Bergstation auf 2500 Metern Höhe fliegen. Lawinensonde und Schaufel werden schnell in den Rucksack gepackt, das Lawinensuchgerät angelegt. Geosits erklärt den Rekruten, wie man aus dem Hubschrauber aussteigt: "Wir können landen und müssen also nicht aus dem Hubschrauber springen." Nach dem Aussteigen sollen sich die Soldaten sofort hinknien und die Augen verdecken.
Der Hubschrauber hebt lärmend ab und landet kurz darauf punktgenau zwischen zwei Felsbrocken. "Bei dem Wind ist das gar nicht so leicht", sagt der Hauptmann später, während er die Seilbahntrasse abmarschiert. Immer wieder sinken er und die Rekruten in den Schnee ein, sie atmen schwer. Bei solchen Aufgaben müssen vor allem Soldatinnen an ihre Grenzen gehen: "Weibliche Rekruten haben es zwar bei der Aufnahmsprüfung leichter, bei den Übungen müssen sie aber genauso anpacken", sagt Geosits.
Die Truppe ist an der Stelle angelangt, wo das Tragseil verschüttet wurde. Nun heißt es graben - doch die Rekruten sind trotz der körperlichen Anstrengung bei guter Laune, sie scherzen und lachen in einem fort. Mit der Seilbahn werden später Waffen und Nahrungsmittel transportiert, die bei einer Übungen gebraucht werden. Doch die Bahn kann noch mehr: Sie hilft beim Brückenbau und beim Transport von umgekippten Bäumen. "Wenn zivile Unternehmen keine Lösung mehr finden, dann werden wir gerufen", sagt der Hauptmann. Einmal haben sie sogar einen Polizeihubschrauber aus dem Achensee geborgen - aus 104 Metern Tiefe. Als das Tragseil vom Schnee befreit ist, setzen sich die Rekruten auf die Schaufeln und rutschen den Hang hinunter. "Ein bisschen Spaß darf das schon machen", sagt Geosits und grinst.
In der Unterkunft im Bergkessel trifft die Truppe auf Alexandra Brunner, die an diesem Tag Chargendienst hat. Brunner ist noch nie mit dem Hubschrauber geflogen, "aber ich würde gern", sagt die 19-jährige Soldatin.
Der Zufall brachte sie zum Heer: Sie folgte einer Einladung zum Tag der offenen Tür in Salzburg. "Ich bereue die Entscheidung auf keinen Fall", sagt Brunner. Vor allem das Skitourengehen begeistert sie. "Das Gefühl, wenn man auf dem Gipfel steht, ist unbeschreiblich." Ihre Eltern waren von der Entscheidung überrascht, können jetzt aber gut damit umgehen. "Mein Ziel ist es, Unteroffizier zu werden", sagt die Soldatin.
Langsam legt sich die Dämmerung auf das Lager mitten in den Bergen. "Die Rekruten werden gut schlafen", sagt Hauptmann Geosits. Anfänglich murre schon so mancher Soldat über den Sport, aber viele fänden Gefallen daran: "Die Entbehrungen beim Heer helfen, auf dem Boden zu bleiben - und über das bisherige Leben nachzudenken."
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