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Kuchler misst den Klimawandel

Gerhard Schauer erhebt als Einziger in Österreich belastbare Daten zur Analyse des Klimawandels. Die Arbeit am Sonnblick sei sein Schicksal, sagt er.


Fernab von Autos und Menschen, mitten in den Alpen, steigt die Konzentration von CO2 in der Luft. Das zeigen die Geräte von Gerhard Schauer: Der 50-jährige Kuchler ist Techniker und für das Observatorium am Sonnblick auf 3106 Metern Seehöhe zuständig.

Seine Geräte messen die chemische Zusammensetzung der Luft, neben CO2 etwa auch Feinstaub. Die Lage am Berg sei bewusst gewählt. "Wir wollen die Konzentration ungestört von lokaler Beeinflussung bestimmen", sagt Schauer. Das macht die Station einzigartig: Würde man am Rudolfsplatz messen, würde der Wert laufend schwanken - je nachdem ob Autos oder Menschen vor Ort sind.

Vor Kurzem ehrte das Land Salzburg Schauer mit dem Umweltverdienstzeichen. Seine Messungen seien in Österreich die einzigen, die für Klimawandelanalysen herangezogen werden könnten, heißt es in der Begründung. Der 50-Jährige arbeitet für diese Analysen mit dem Umweltbundesamt zusammen. Schauer hat mit dem Verdienstzeichen nicht gerechnet: "Positive Rückmeldungen sind selten."

Als er vor 17 Jahren seinen Job als Techniker der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) begann, fuhr er ein Mal die Woche vom Büro in der Stadt Salzburg auf den Sonnblick. Eine Materialseilbahn habe ihn zum Observatorium gebracht, erzählt er. Die Arbeitstage waren oft lang, bis neun Uhr abends saß er vor den Instrumenten. "In einer sternenklaren Nacht mit der Seilbahn ins Tal fahren ist dafür sehr schön." Außer das Thermometer zeigt minus 32 Grad.

Lange Zeit war Schauer allein für Heizung, Seilbahn, Instrumente sowie deren Kalibrierung am Sonnblick zuständig. Mittlerweile hat er Kollegen, sie wechseln sich am Berg ab. Der Personalmangel - nicht Schnee oder Eis - sei die größte Hürde gewesen. "Ich musste die Messgeräte so aufbauen, dass sie hieb- und stichfeste Daten liefern - und aus der Ferne erreichbar sind."

30 Stationen weltweit erfassen in ähnlicher Form die Zusammensetzung der Luft, in Europa seien es nur eine Handvoll. "Die Stationen genügen aber, um zu zeigen, dass wir handeln müssen", sagt Schauer. Die Konzentration von CO2 sei zu hoch und steige weiter an. Kurzfristig sei das für die Umwelt verkraftbar. Bis 2050 müsse sich der Wert aber einpendeln und bis Ende des Jahrhunderts unter dem heutigen Wert liegen. "Der Mensch trägt dazu bei, dass das CO2 in der Atmosphäre immer mehr wird", sagt Schauer.

Die Auswirkungen davon bemerkt er nicht nur in den Tabellen, die er vom Sonnblick schickt. Ein Mal im Jahr bahnt er sich mit seinen Ski den Weg zum Gipfel. In den vergangenen 17 Jahren habe sich der Gletscher massiv verändert: "Es sind plötzlich Steigungen und Flanken entstanden - wo ich bisher zwei Spitzkehren brauchte, sind jetzt sechs nötig."

Die Arbeit am Sonnblick sei für ihn vorgezeichnet gewesen, sagt Schauer. "Das hat so sein müssen." In Graz hat er Telematik studiert - und zusätzlich vier Semester in Meteorologie absolviert. Danach nahm er einen Bürojob an, bis er auf dem Weg in den Urlaub über die Alpen flog: "Mir ist klar geworden, dass ich eine Arbeit will, in der man hinauskommt und Forschung betreiben kann." Den Sonnblick kannte er damals schon. Es war sein erster 3000er, er hat ihn mit acht Jahren bestiegen.


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