Damit die große Vielfalt der Arten erhalten bleibt, will Costa Rica als erstes Land der Welt CO 2-neutral sein - was auch die Menschen glücklich macht.
Leise plätschert das Wasser von einem Stein in den kleinen Pool. Rings herum stehen Palmen und Sträucher im satten Grün, ein Eichhörnchen springt von Ast zu Ast. Nicht ohne Stolz führt Eric durch seine Hotelanlage, es riecht frisch und süß nach Hibiskusblüten, die den Weg säumen. "Wenn ihr warm duschen wollt, wartet einen Moment. Es dauert, bis das Wasser aus dem Boiler der Solaranlage kommt", sagt Eric.
Es ist nicht verwunderlich, dass das Hotel Blue Conga in Puerto Viejo de la Talamanca, mitten im Dschungel von Costa Rica, mit Solarenergie das Wasser erhitzt. Costa Rica will nämlich als erstes Land der Welt CO 2-neutral sein, schon 2021 möchte der mittelamerikanische Staat kein Kohlendioxid mehr an die Atmosphäre abgeben. Dafür plant die Regierung, alle Kohlekraftwerke stillzulegen, Hybrid-Autos zu fördern und Bäume zu pflanzen.
Sie sind auf dem besten Weg dazu: Schon 2009 kamen mehr als drei Viertel der Energie aus erneuerbaren Ressourcen. Es gibt eine Ökosteuer auf Benzin und Waldbesitzer werden bezahlt, um die natürliche Vielfalt der Wälder zu bewahren. Auf der Fahrt im Motorboot nach Tortuguero sieht man, dass sich die Bemühungen lohnen. Der Ort mitten im Naturschutzgebiet ist nur durch eine Bootsfahrt durch den Dschungel zu erreichen. Riesige Äste ragen in den Fluss, eine Schildkröte lässt sich gemächlich von einem Stein ins Wasser gleiten. Die Reiseführerin Alejandra hat ein Fernglas mit an Bord: "Sie mal, da, ein Tukan!" Hoch oben auf einem Baum sitzt der lustige Vogel mit seinem gelben Hals und dem großen Schnabel.
Ruckartig stoppt das Boot und knallt mit dem Bug gegen die Kanister, die um den Steg festgebunden sind. Von hier führt ein schmaler Pfad in den Dschungel von Tortuguero. "Bitte immer auf dem Weg bleiben", sagt Alejandra. In der Ferne schreien die Mantelbrüllaffen, eine Spinne hat ihr riesiges Netz quer über den Weg gespannt. Die Reiseführerin bleibt vor einer Blüte stehen, die aussieht wie ein orangeroter Schwamm. Sie nimmt die Blüte zwischen die Finger, quetscht eine klare Flüssigkeit heraus und erklärt: "Falls jemand Fieber haben sollte, das hilft dagegen."
Die nächste Bemerkung löst besondere Aufmerksamkeit aus: "Ach ja, passt auf die Schlange auf!" In Costa Rica leben 500.000 verschiedene Arten von Tieren und Pflanzen - das sind vier Prozent aller Arten, die es laut Schätzungen auf der Welt gibt. In Österreich sind 53.000 Arten bekannt. Doch Flora und Fauna in Costa Rica sind nicht nur schön: Einige der Lebewesen sind auch giftig.
Wie etwa die Viper, vor der Alejandra nun steht. Die Schlange hat sich an einer Baumrinde zusammengerollt, sie nimmt vielleicht den Platz von drei Quadratzentimetern ein. Wer nicht genau hinsieht, entdeckt das Tier nicht. Trotzdem ist ein Biss der Viper tödlich: "In einer halben Stunde wirkt das Gift und man stirbt. Wenn man sich aufregt, geht es schneller", grinst Alejandra und marschiert weiter den schmalen Weg entlang.
Costa Rica unternimmt viel, um die Vielfalt der Natur zu schützen. Seit den 90er-Jahren lockt das Land Touristen an, die auf Bioresorts, Naturschutzgebiete und nachhaltiges Reisen Wert legen. Die blauen Plastiksäcke, die entlang einer Seilbahn über die Straße gezogen werden, widersprechen dem Bild. In den Säcken sind Bananenstauden, die hauptsächlich für den europäischen Markt produziert werden. Noch immer gehören Bananen und Ananas neben Mikrochips von Intel zu den meistverkauften Exportgütern Costa Ricas. Nur wenige Firmen produzieren die Früchte jedoch unter fairen Bedingungen: Es heißt, manche Unternehmen verwenden Chemikalien, die unter anderem die Alligatoren vergiften, die Abwässer werden ins Meer geleitet, den Mitarbeitern werde verboten, Gewerkschaften beizutreten.
Reiseführer Rubén will von all der Kritik nichts wissen. Er stapft zwischen den schwarzen Gesteinsbrocken umher, die der Vulkan Arenal bei seinem letzten Ausbruch 2010 ausgespuckt hat. Mit seinem Holzstab zeigt er auf die Beweise, wie fruchtbar sein Land sei. "Seht diesen Ast, der den Zaun stützt - wir haben ihn vor zwei Wochen dorthin gesteckt", sagt er. Aus dem Ast ragen junge Triebe, die sich nach der Sonne strecken. Costa Rica sei ein junges Land, erst vor 65 bis 140 Millionen Jahren verband sich eine Kette von Vulkanen durch die Anhebung des Meeresbodens. "Unser Land ist noch voller Energie", sagt Ruben.
Costa Rica ist nicht nur ein Land voller Energie, sondern auch ein Land des Glücks. Nach dem Weltglücksbericht der UNO gehören die Einwohner des Landes zu den glücklichsten der Welt. Für die Experten ist das nur logisch: Nichts mache zufriedener, als gemeinsam an einem höheren Ziel zu arbeiten - sei es eine intakte Umwelt, das Wohlergehen der Menschen und der zukünftigen Generationen oder das Überleben von Pflanzen und Tieren. Kurz: Nichts macht eben glücklicher als Nachhaltigkeit.
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