1 Abo und 1 Abonnent
Artikel

Hunderte Notarzt-Ausfälle in Franken: Was passiert, wenn Sanitäter auf sich gestellt sind?

Müssen Notfallsanitäter sich Sorgen machen, eine Straftat zu begehen, wenn sie dem Patienten doch nur helfen wollen? Symbolbild: InFranken.de

Im Sinne des Patienten wendet er zwar weitere Schäden ab und trägt zur Verbesserung des Patientenzustandes bei, doch begibt sich dabei in rechtliche Grauzonen. Denn eigentlich sind Maßnahmen wie die Medikamentengabe, das Legen eines intravenösen Zugangs oder gar drastischere Maßnahmen, wie ein Luftröhrenschnitt bei Schwerverletzten lediglich den Ärzten vorbehalten.


BRK zeigt sich bestürzt - "Wollen den Menschen nur helfen"

Der Pressesprecher des BRK, Sohrab Taheri, erklärte sein Bedauern, dass mit der Schaffung der Ausbildung zum Notfallsanitäter im Jahr 2014 nicht auch die Ausbildung in das Heilkundepraktiker-Gesetz mit aufgenommen wurde. "So müssen die Notfallsanitäter in einer rechtlichen Grauzone agieren. Und das trotz jahrelanger Ausbildung", schildert er.

Karl Hartmannsgruber, Fachanwalt für Medizinrecht, kommentiert die Einschätzung wie folgt: "Das Heilkundepraktiker-Gesetz ist ein Vorkriegsrelikt. Da steht eine ganze Menge nicht drin", meint er. Außerdem sei die Abgrenzung zu anderen Bereichen schwierig, sagt er.

"Da ist die Frage: Wann sollten Berufsgruppen aus dem Pflege oder Heilpraktik-Bereich berücksichtigt werden? Das gilt ja nicht nur für die Notfallsanitäter, sondern auch für Pfleger, Altenpfleger, Krankenschwester und so weiter", sagt Hartmannsgruber.


Bisher wurde kein Sanitäter angeklagt

Das zeigt auch die aktuelle Lage: Bislang wurde kein Notfallsanitäter angeklagt. "Wir sollten es aber nicht drauf ankommen lassen. Schließlich geht es den Notfallsanitätern darum Menschen zu helfen. Stellen Sie sich vor, Sie tun Gutes, retten Leben und wären einer möglichen Strafbarkeit ausgesetzt. Kein gutes Gefühl!", klagt Taheri.

Ein Bürger der sich nicht anders zu helfen weiß als unter der "112" nach Hilfe zu rufen, müsse sich darauf verlassen können, dass binnen zwölf Minuten ein Rettungsteam vor Ort sei. "Und wenn dem Menschen akut geholfen werden muss, warten die Notfallsanitäter nicht erst auf den Notarzt. Sie sind ja dafür ausgebildet worden zu helfen. Das wäre ja unterlassene Hilfeleistung", erklärt er.

Würden die Notfallsanitäter, deren Ausbildung es seit 2014 in Deutschland gibt, vom "Heilkunde-Praktiker-Gesetz" berücksichtigt werden, könnte sich diese Grauzone in ein legales Tätigkeitsfeld verändern. Im aktuellen Status Quo sei die Situation aber für alle Beteiligten unbefriedigend, erklärt der Sprecher des "BRK".


Das sagt der Medizinrechtsexperte dazu

Rechtsanwalt Hartmannsgruber sieht die Problematik nicht so dramatisch. "Da wird ihnen niemand einen Strick draus drehen, wenn der Notfallsanitäter dem Patienten hilft, oder Medizin verabreicht", erklärt er. Dafür gebe es auch den Rechtsbestand der "Nothilfe". "Und diese Nothilfe kann man sehr weit fassen", schildert der Jurist.

Nichtsdestotrotz werde aktuell an einer Aktualisierung der Rechtslage unter Gesundheitsminister Jens Spahn ( CDU) gearbeitet.

Zum Original