Unser Planet ist in der Bredouille und wir haben die Chance, Real-Life-Heros zu werden – aber wie anfangen mit dem nachhaltigen Lifestyle? Bloggerin Annelina Waller hat uns fünf grüne Challenges verraten, die sie sich für das kommende Jahr vorgenommen hat
Es gibt bestimmte Dinge im Leben, die man einmal gelernt, nie mehr vergisst: Fahrradfahren zum Beispiel, Schwimmen, Lesen, Schreiben – oder auch diesen einschneidenden Moment in der dritten Klasse, als man die Lehrerin aus Versehen mit Mama angesprochen und sich für den Rest des Tages zur Zielscheibe des Gespötts gnadenloser 9-Jähriger gemacht hat. Bei unserem Gespräch mit Bloggerin Annelina Waller erwies sich ein weiterer Kandidat als qualifiziert genug, um in die Liste der mentalen Evergreens aufgenommen zu werden: Nachhaltigkeit. Wieso? Dazu müssen wir etwas ausholen.
Annelina Waller ist erfolgreiche Autorin, Bloggerin und Yoga-Lehrerin – geplant war das aber alles eigentlich nicht. Wenn man der 30-Jährigen zuhört, merkt man trotzdem schnell, dass hinter den "Versehen", von denen sie scherzhaft spricht, in Wahrheit Talent und das, was man wohl nur als Schicksal bezeichnen kann, stecken. Seit knapp sieben Jahren versorgt Annelina ihre Follower – allein auf Instagram über 128 Tausend – mit Content rund um pflanzliche Ernährung, Yoga und Achtsamkeit. Der Stein, der alles ins Rollen brachte, findet sich aber in Neuseeland: Bei einem Work-and-Travel-Aufenthalt in dem Inselstaat dreht sich Annelina damals nämlich aus Versehen selbst den Geldhahn zu. Passwort dreimal falsch eingegeben – passiert den Besten. Zu stolz, um Geld von Freunden anzunehmen, nimmt Annelina die erstbeste Stelle an… bei einem Metzger. "Dann haben die mich gefragt, ob ich ein Hühnchen töten will. Ich so: No Way! Dann haben die mich gefragt, ob ich dabei zuschauen möchte. Ich so: Auf keinen Fall!", erinnert sie sich heute lachend. Wenige Wochen nach dem Metzger-Fail wird Annelina vegan und startet ihren Food-Blog.
Dann geht alles ziemlich schnell: Ein Verlag fragt Annelina für ein Buch über ihre veganen Buddha Bowls an, sie geht in Los Angeles auf Buchreise und lernt dort auch die Yoga-Szene näher kennen, die sie wenig später zu einer Yoga-Ausbildung inspiriert. Gerade ist Annelina in Berlin kurz davor, ihre Prüfung zur Ernährungsberaterin abzulegen. Den Master in Gesundheitsmanagement hat sie schon lange in der Tasche. Kommt das Interesse für Umwelt und Nachhaltigkeit also von der veganen Ernährung? Nein, die hat es zwar bestärkt, tatsächlich wurde das Interesse Annelina aber quasi bereits mit dem Babyfläschchen eingeflößt: "Ich bin ziemlich öko erzogen worden. Irgendwann habe ich das verlernt und dann wieder dazu zurückgefunden", sagt sie.
Versteht sich von selbst, dass wir Annelina dazu etwas mehr ausfragen mussten. Zum Anlass der Ding Dong Challenge der Europäischen Union haben wir die Bloggerin deshalb nach den 5 größten grünen Challenges gefragt, die sie sich persönlich für das kommende Jahr vorgenommen hat.
1. Challenge: Minimalistischer leben.
Annelina: "Ich bin in letzter Zeit sehr oft umgezogen und habe gemerkt, wie viele Sachen ich wirklich besitze. An vieles konnte ich mich gar nicht mehr erinnern! Was ich nie vermisst habe, brauche ich auch nicht. Mit jedem Umzug habe ich deshalb mehr und mehr aussortiert. Jetzt bin ich an einem Punkt, an dem mir klar ist: Jeder unnötige Besitz schränkt mich in meinem Denken und Handeln ein – und erfordert auch mehr Arbeit und Energie. Weniger zu besitzen, heißt auch, weniger instand halten müssen und weniger konsumieren- Gerade als Bloggerin ist das gar nicht so einfach. Ich bekomme viele Sachen zugesendet und musste deshalb Wege finden, um mich selbst ein bisschen auszutricksen. Ich habe mir zum Beispiel absichtlich einen Kleiderschrank gekauft, der zu klein ist. So bin ich gezwungen, minimalistischer zu leben und immer wieder auszusortieren.
Am Anfang nimmt man sich am besten jedes Zimmer einzeln vor und räumt einmal aus. Wie genau man vorgeht, ist aber Typsache. Eine große Aktion, bei der alles an einem Wochenende ausgeräumt wird, fällt manchen schwerer, als jeden Tag ein bisschen zu machen. Ein Vorteil des Ausräumens ist auch, dass man danach genau weiß, was man hat – der perfekte Ausgangspunkt für ein minimalistischeres Leben. Mein Tipp: Sobald man sich etwas Neues holt, muss etwas Altes aussortiert werden."
2. Challenge: Mehr tauschen statt kaufen.
Annelina: "Gerade ist alles etwas anders, aber vor Corona habe ich mich mit Freundinnen oft im Park zum Picknick getroffen und dann haben wir Bücher getauscht. Jede hat eines mitgebracht und jede hat dann ein anderes mit nach Hause genommen. Initiiert wurde das Ganze von einer Freundin – jetzt ist es zum Ding geworden. Ich will unbedingt noch mehr und noch größere Swaps, also Tauschgeschäfte, machen – gerade, wenn es um Kleidung geht. Meine aktuellen Lieblingsteile, ein Pulli und eine Hose, habe ich von einer Freundin. Man kann die Dinge dann irgendwann auch wieder zurücktauschen.
Die Swaps gehen natürlich nicht nur bei Kleidung oder Büchern, sondern bei allen möglichen Dingen. Ich finde es schön, wenn man sich persönlich trifft und die Sachen zum Tausch mitbringt. Man könnte aber auch einfach eine Whatsapp-Gruppe erstellen und die Swaps dort ausmachen."
3. Challenge: Mehr selbst machen.
Annelina: "Gerade im Haushalt beim Putzen hat man viele Produkte, die man gar nicht braucht oder die so synthetisch hergestellt sind, dass sie superschlecht für die Umwelt und gar nicht nachhaltig sind. Dabei kann man zum Beispiel mit Apfelessig so gut wie alles putzen. Ich hatte einmal eine Phase, da habe ich wirklich alles selbst gemacht: Waschmittel, Putzzeug, Kombucha, Milch… Aber man muss auch nicht übertreiben. Jeder muss seinen eignen Weg finden. Mich hat irgendwann auch gestört, dass dann zum Beispiel die Wäsche nicht gut gerochen hat. Darauf zu achten, wo die Produkte herkommen und ob sie Bio-Qualität haben, bringt schon viel.
Als Bloggerin probiere ich viele Produkte aus, um dann darüber zu berichten und zu vergleichen. Ich versuche aber, darauf zu achten, dass die Produkte natürlich, Bio und am besten selbst hergestellt sind. Auch kurze Transportwege sind wichtig. Ich will wieder mehr selbst machen und mehr darauf achten, überhaupt weniger Pakete zu empfangen, indem ich schon vorher recherchiere, ob das Produkt überhaupt infrage kommt."
4. Challenge: Weniger verschwenden.
Annelina: "Im Alltag ist man oft total unachtsam. Ich habe mir vorgenommen, zum Beispiel immer sofort den Kühlschrank zu schließen oder immer sofort die Lichter und Heizung auszumachen. Klar, manchmal ist man auch einfach zu faul, aber es macht so einen großen Unterschied. Ein weiteres Beispiel ist die Spülmaschine: An sich ist die besser für die Umwelt als von der Hand spülen. Bei der Maschine muss man aber aufpassen, dass man sie wirklich nur anmacht, wenn sie voll ist. Ich habe mir außerdem keinen Wäschetrockner gekauft, weil der so viel Energie verbrennt. Ich hänge die Sachen einfach auf.
Mein Tipp für den Anfang ist, kleine Zettel aufzuhängen – zum Beispiel auf dem Lichtschalter: Ich will nicht immer brennen. Oder: Ich will auch einmal schlafen. Das kann man bei all den Dingen machen, bei denen man von allein nicht darauf achtet. Ansonsten kann man sich auch angewöhnen, vor dem Schlafengehen oder bevor man aus dem Haus geht, noch einmal durch jeden Raum zu gehen und zu schauen, wo noch etwas an ist, das unnötig Energie verbraucht. Am Ende spart man so auch Geld."
5. Challenge: Nachhaltiger reisen.
Annelina: "Nachhaltiger reisen ist für mich ein großer Punkt, denn ich bin sehr viel unterwegs. Ich bekomme viele tolle Anfragen für Events und die machen richtig Spaß. Für mich ist es eine große Challenge, öfter auch einmal Nein zu sagen, nicht zu fliegen und allgemein Transport zu vermeiden. Bisher bin ich oft geflogen, weil mir im Zug und Auto schnell schlecht wird. Rein theoretisch könnte ich mir einen Langstreckenflug gönnen, weil ich mich pflanzlich ernähre und damit schon viel CO2 einspare – aber ich will das natürlich nicht mit Flügen kompensieren. Ich habe mir Statistiken angeschaut, um herauszufinden, wie viel CO2 ich durch meine Ernährung wirklich einspare und wie ich selbst mit Flügen noch unter dem durchschnittlichen Fußabdruck läge. Gleichzeitig ist mir dabei bewusst geworden, wie krass so ein Flug für die Umwelt ist.
Ich bin auch regelmäßig bei Fridays for Future dabei und habe mich da mit ein paar Experten unterhalten. Die haben mir Bilder gezeigt und Analysen von Wahrscheinlichkeiten, wie die Welt in 20 Jahren aussehen würde, wenn wir so weitermachen. Das war so schockierend für mich."