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Keir Starmer, Oppositionsführer Labour Party
»Ein neuer Tory ist an der Spitze. Aber es ist wie immer mit den Konservativen: Erst die Partei, dann das Land.«
Einen Tag im Amt und schon musste sich der neue britische Premierminister Rishi Sunak im Unterhaus der Opposition stellen.
Sunaks Ausgangslage könnte besser sein: Seine Vorgängerin Liz Truss, gegen die er im parteiinternen Rennen um das Amt verloren hatte, hielt nur 50 Tage durch, dann musste sie wegen ihrer sehr umstrittenen Wirtschaftspolitik zurücktreten. Viel Munition für die angriffslustige Opposition.
Keir Starmer, Oppositionsführer Labour Party
»Gestern hat er auf den Stufen der Downing Street zugegeben, was das ganze Land schon weiß: Die Tories haben die Wirtschaft zerstört – und jetzt muss jemand für ihren Schaden zahlen. [...] Das einzige Mal, als er wirklich zur Wahl stand, wurde er von der Ex-Premierministerin geschlagen, die wiederum von einem Salatkopf besiegt wurde. Warum also macht er nicht den Test und lässt die arbeitenden Menschen abstimmen und ruft Neuwahlen aus?«
Lindsay Hoyle, Speaker of the House of Commons
»Es wird lange dauern, wenn wir so weitermachen.«
Rishi Sunak, Premierminister Großbritannien
»Mr. Speaker. Er spricht über Mandate, über Stimmen, über Wahlen. Das ist ein bisschen dick aufgetragen für jemanden, der die größte demokratische Abstimmung in der Geschichte dieses Landes verdrehen will. Unser Mandat basiert auf einer Wahl, die wir gewonnen haben und die sie verloren haben. Ich bin der Erste, der zugibt, dass Fehler gemacht wurden, und deshalb stehe ich jetzt hier. Und das ist der Unterschied zwischen ihm und mir. In diesem Sommer habe ich die Schwierigkeiten, die uns drohen, ehrlich benannt. Als er aber für den Parteivorsitz kandidierte, versprach er der Partei Milliarden Pfund neue Schulden. Ich habe das gesagt, was dem Land dient, er hat seiner Partei erzählt, was sie hören wollte. Führung bedeutet nicht, Märchen zu erzählen. Es bedeutet, sich Herausforderungen zu stellen. Und das wird diese Regierung tun.«
Rishi Sunak brauchte nur die Unterstützung seiner Fraktion im Unterhaus, um Premierminister zu werden – auch deshalb fordert die Opposition Neuwahlen – und angesichts der Krise, in der das Land steckt.
Janet Daby, Abgeordnete Labour Party
»Mein Postfach ist voller Nachrichten von Menschen aus meinem Wahlkreis, die über ihre verzweifelte Situation und Löhne berichten, die einfach nicht hoch genug sind. Ich bekomme auch Nachrichten zu steigenden Mieten, steigenden Energiepreisen, steigenden Hypotheken – und natürlich zu den schon hohen Lebenshaltungskosten. Diese Woche schreiben die Menschen aus meinem Wahlkreis mir und fordern Neuwahlen. Ich stimme ihnen absolut zu. Kann der Premierminister mir und den Menschen in meinem Wahlkreis sagen, wann es Neuwahlen geben wird?«
Rishi Sunak, Premierminister Großbritannien
»Mr. Speaker, wir haben schon darüber gesprochen. Ich würde sagen, wie bereits im Sommer, die Inflation ist natürlich der Feind. Sie macht die Menschen ärmer und schrumpft Erspartes. Und deshalb wird es wichtig für diese Regierung, die Inflation zu senken und die zu unterstützen, die es brauchen – wie wir es schon tun.«
Ein weiterer Angriffspunkt für die Opposition: Der ehemalige Finanzminister Sunak ist der mit Abstand reichste Abgeordnete im Parlament. Über 840 Millionen Euro besitzen er und seine Frau, eine britisch-indische Unternehmerin. Grund genug für die Labour Partei, eine Vermögenssteuer zu fordern.
Richard Burgon, Abgeordneter Labour Party
»Eine Krankenschwester müsste über 20.000 Jahre lang arbeiten, um so reich zu werden wie der Premierminister. Der Premierminister weiß das. Der Premierminister weiß nur zu genau, dass die Superreichen ganz einfach mehr Steuern zahlen könnten. Wäre es also nicht fairer, anstelle von noch mehr Kürzungen eine Vermögensteuer für die Reichsten unserer Gesellschaft einzuführen?«
Rishi Sunak, Premierminister Großbritannien
»Mr. Speaker, wir werden immer unsere hart arbeitenden Krankenschwestern unterstützen. Deshalb habe ich als Finanzminister besseres Training und starke Lohnerhöhungen eingeführt. Aber wie gesagt, wir stehen vor schweren Entscheidungen und werden damit fair und mitfühlend umgehen, weil das unseren Werten entspricht – und das werden wir liefern.«
Eine Antwort, die die Opposition kaum zufriedenstellen dürfte - insgesamt schlug sich Sunak bei seinem ersten Auftritt als Premierminister souverän, die inhaltlichen Gräben zwischen Torys und Labour aber bleiben.
Immerhin in einem waren sich die Abgeordneten einig: Dass Großbritannien mit Sunak erstmals einen Premierminister britisch-asiatischer Abstammung hat, begrüßten Parlamentarier aller Seiten.
(26.10.2022)
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