Alexander Schmitt

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Energiekrise: Kann Norwegen das russische Gas ersetzen?

Das norwegische Ölfeld Johan Sverdrup in der Nordsee. (Archivbild) © Quelle: Carina Johansen/NTB scanpix/dpa

Die Sanktionen gegen Russland wegen seines Überfalls auf die Ukraine sind hart. Auch ein Importstopp für russisches Gas ist im Gespräch – könnte aber zu Problemen in Deutschland führen. Der zweitgrößte Erdgaslieferant Deutschlands – Norwegen – könnte zur Lösung des Problems beitragen.

Seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die Europäische Union verschiedene Sanktionen gegen Russland verhängt. Im Gespräch ist auch ein Importstopp russischen Gases. Damit könnte jedoch auch die Versorgung Deutschlands gefährdet sein, denn rund die Hälfte des deutschen Gasbedarfs wird durch Russland gedeckt. Immer wieder kommen Vorschläge auf, das fehlende Gas etwa mit Lieferungen aus Norwegen zu kompensieren. Doch kann das wirklich eine Lösung sein?

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Das skandinavische Königreich ist nach Russland der zweitgrößte Erdgaslieferant Deutschlands. Wie die „Wirtschaftswoche" berichtet, wurden im vergangenen Jahr 110 Milliarden Kubikmeter norwegisches Erdgas in andere europäische Staaten exportiert, gut die Hälfte davon nach Deutschland. Dem Bericht zufolge befinden sich zudem viele Öl- und Gasvorkommen noch unter der Erde – sind also noch nicht abgeschöpft.

Steigende Preise: Ölförderung für Unternehmen lukrativer

Auf einer Vielzahl norwegischer Felder wird nicht nur Gas, sondern auch Öl gefördert. Dem Bericht zufolge ist es nicht möglich, beliebig die jeweiligen Förderungen zu variieren. Würde beispielsweise verstärkt Gas gefördert, könnte der Druck in einem anliegenden Ölreservoir abfallen. Etwas Gas müsste in dem Fall also zurückbleiben, bis genügend Öl gefördert wurde.

Auch richtet sich die Förderung von Öl und Gas nach den Preisen auf dem Markt. Der Ölpreis ist zuletzt stärker gestiegen als der Gaspreis. Für Unternehmen ist es daher lukrativer, verstärkt Öl zu fördern. Die norwegische Regierung rechnet dem Bericht zufolge im laufenden Jahr mit Einnahmen aus dem Öl- und Gasgeschäft in Höhe von umgerechnet 28 Milliarden Euro. Preissteigerungen infolge des russischen Krieges in der Ukraine könnten diese Summe versechsfachen.

Ein großes Problem: Ausgelastete Pipelines, fehlende LNG-Terminals

Ein weiteres Problem bei der Lieferung von norwegischem Gas ist der Transport. Die Leitungen des staatlichen Unternehmens Gassco sind der „Wirtschaftswoche" zufolge nahezu ausgelastet. Für eine Mehrförderung von Gas müssten also zusätzliche Pipelines gebaut werden. Kurzfristig lässt sich das allerdings nicht realisieren. Auch fehlen in Deutschland bisher sogenannte LNG-Terminals, mit denen verflüssigtes Erdgas importiert werden kann.

Bereits im Februar hatte die damalige norwegische Energieministerin Martje Mjøs Persen Anfragen der Europäischen Union aufgrund fehlender Transportmöglichkeiten abgelehnt. Auch nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hieß es, man könne die Liefermengen nicht erhöhen – die Pipelines seien bereits ausgelastet.

Kurzum: Dass norwegisches Gas die Lieferungen aus Russland kurzfristig ersetzen kann, ist unwahrscheinlich. Es fehlt vor allem an Transportmöglichkeiten, die bestehenden Pipelines sind ausgelastet. Auch ist es bei steigenden Ölpreisen für Unternehmen lukrativer, Öl und kein Gas zu fördern. Eine langfristige Lösung könnte durch den Bau von LNG-Terminals zur Annahme von flüssigem Erdgas erreicht werden.

(13.03.2022)

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