Alexander Schmitt

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Schnelle Eingreiftruppe der Nato: Was ist die NRF?

Die Flagge der Nato. © Quelle: Daniel Naupold/dpa

Seit Russland die Ukraine am Donnerstag in einen Krieg gestürzt hat, debattiert auch die Nato neu über ihre Sicherheitsstrategien. Dabei kommt auch immer wieder die NRF zur Sprache. Die Eingreiftruppe, an der Deutschland einen maßgeblichen Anteil hat, im Überblick.

Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine schärft der Westen seine Mechanismen zur Verteidigung und Abschreckung nach. Als Reaktion auf die russischen Truppenbewegungen hatte die Nato bereits in den vergangenen Tagen eine Aufstockung ihrer schnellen Eingreiftruppe NRF beschlossen. Deutschland spielt dabei eine große Rolle. Was hat es mit der Truppe auf sich? Ein Überblick.

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Was ist die NRF?

Die Nato Response Force (kurz: NRF) ist eine schnelle Eingreiftruppe des Militärbündnisses Nato. Sie ist nach Angaben der Organisation eine „höchstbereite und technologisch hochentwickelte" Streitmacht, die aus mehreren nationalen Truppenkontingenten ihrer Mitglieder besteht. Insgesamt zählt die NRF nach Nato-Angaben zum aktuellen Zeitpunkt rund 40.000 Soldaten.

Die NRF hat demnach die Möglichkeit, sowohl an Land, per Luft oder zu Wasser „schnell" von dem Militärbündnis eingesetzt zu werden – „wo auch immer sie gebraucht wird". Laut Nato kann die Truppe auch für Kooperationen, etwa zur Ausbildung und zum Training, für besondere Übungen oder im Katastrophenschutz genutzt werden.

Im Jahr 2014 haben die Mitglieder der Nato zudem beschlossen, die NRF auszubauen. Seitdem existiert nochmals eine gesonderte Truppe als „Speerspitze", die besonders schnell abgerufen werden kann. Diese Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) besteht zur Zeit aus rund 20.000 Soldaten und ist nach Angaben der Nato innerhalb von zwei bis drei Tagen einsatzbereit.

Das befehlshabende Kommando der NRF wechselt seinen Sitz jährlich zwischen dem niederländischen Brunssum und der italienischen Stadt Neapel.

Wie funktioniert die NRF?

Die Eingreiftruppe ist nach einem Rotationsprinzip aufgebaut. Einzelne Partner entsenden Truppenkontingente ihrer eigenen Streitkräfte für eine Zeit von rund zwölf Monaten. Dabei werden die entsendeten Soldaten zunächst vorbereitet und ausgebildet, bevor sie gemeinsam stationiert werden. Laut Nato profitieren alle Mitglieder des Militärbündnisses von dem Rotationsprinzip, weil dadurch ihre eigenen Streitkräfte an die „hohen Standards, Konzepte und Technologien" gewöhnt und an ihnen ausgebildet werden.

Wie beteiligt sich die Bundeswehr an der Einheit?

Für das Kontingent der NRF stellt die Bundeswehr zwischen 2022 und 2024 etwa 16.000 Soldaten zur Verfügung – das ist rund ein Drittel der Eingreiftruppe. Deutschland ist für diese Zeit „verantwortliche Rahmennation und wesentlicher Truppensteller" – im Jahr 2023 auch für die sogenannte Speerspitze der Eingreiftruppe, die VJTF.

Die Bundeswehr sieht ihre Beteiligung als „angemessene Reaktion auf den Bruch des Völkerrechts durch Russland". Insbesondere die Staaten im Baltikum würden sich nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine noch weiter bedroht sehen und müssten geschützt werden. „Die Allianz steht zusammen, stark und geeinter denn je", sagte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD). „Unsere Partner können sich auf unsere Solidarität und die Präsenz unserer Truppen verlassen." Verschiedene weitere Truppen sollen der Ministerin zufolge auch außerhalb der NRF bereitgestellt werden.

Was passierte in den letzten Tagen mit der NRF?

Am Freitag kündigte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg an, die NRF zu aktivieren. Dies geschehe zur Abschreckung Russlands. Angesichts des massiven militärischen Aufmarsches und der anschließenden Invasion in der Ukraine durch Russland sprach Stoltenberg von der „größten Bedrohung für Europa seit Jahrzehnten".

Die Nato habe demnach bereits in den vergangenen Wochen ihre Präsenz in vielen Gebieten verstärkt. Zuletzt waren etwa mehrfach US‑Truppen zur Verstärkung der Nato-Ostflanke nach Polen entsandt worden.

„Wir werden tun, was notwendig ist, um jeden Verbündeten und jeden Zoll der Nato-Gebiete zu beschützen und zu verteidigen", sagte der Generalsekretär am Freitag. Dies ist nach Angaben eines Sprechers das erste Mal, dass die rund 40.000 Mann starke Truppe aktiviert wird. Eine direkte Einmischung der NRF oder sonstiger Nato-Kräfte in den russischen Krieg in der Ukraine ist nach aktuellem Stand jedoch ausgeschlossen.

Warum gibt es die NRF?

Nach Angaben der Nato soll diese schnelle Eingreiftruppe die Möglichkeit bieten, kurzfristig auf militärische Krisen reagieren zu können. Dabei kann es dem Bündnis zufolge sowohl um einen Verteidigungsfall gehen, etwa wenn ein Nato-Mitglied angegriffen wird, als auch, auf konkrete Krisen zu reagieren. Die Truppe gebe der Nato die Möglichkeit, „weltweit schnell auf verschiedene Krisen" reagieren zu können.

Wann wurde die NRF bereits eingesetzt?

Im August vergangenen Jahres wurden Teile der NRF zur Evakuierung ehemaliger afghanischer Ortskräfte der Nato und ihrer Familien eingesetzt. Aber auch bei den Olympischen Spielen in Griechenland im Jahr 2004 wurde die Truppe zum Schutz der Veranstaltung eingesetzt. Beispiele für den Einsatz im Katastrophenschutz sind die Einsätze im September und Oktober 2005, als der Hurrikan „Katrina" in den USA wütete.

(26.02.2022)

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