Erstmals seit 2002 konnte die SPD wieder eine Bundestagswahl gewinnen - entsprechend feierten die wiederauferstandenen Sozialdemokraten im Willy-Brandt-Haus. Nur: Wo war die Parteispitze? Ein Video von Simon Garschhammer und Alexander Schmitt
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Es ist der Moment des Abends. Das Willy-Brandt-Haus bebt, als die ersten Hochrechnungen bekannt gegeben werden. Fast 20 Jahre lang mussten die Sozialdemokraten auf einen Wahlsieg warten. Nun der Moment, den vor ein paar Wochen noch kaum jemand erwartet hätte: Die SPD wird stärkste Kraft.
Olaf Scholz, SPD-Kanzlerkandidat
»Und natürlich freue ich mich über das Wahlergebnis, das die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes gewählt haben. Sie haben entschieden, dass die Sozialdemokratische Partei bei allen Balken nach oben geht, und das ist ein großer Erfolg.«
Beständigkeit, aber kein Beben versprüht Olaf Scholz bei seinem Auftritt. Ob aus ihm in diesem Leben noch eine Partykanone wird?
Robin Fugmann, Juso-Mitglied
»Ja gut, Olaf Scholz hat ein hanseatisches Gemüht.«
Malu Dreyer, Ministerpräsidentin Rheinland-Pfalz
»Ich habe im Wahlkampf immer schon gesagt Hamburger Humor versteht auch nicht jeder. Ich verstehe ihn.«
Für einen kurzen Moment versammelt sich die Parteiführung auf der Bühne und lässt sich von der Basis feiern. Doch so plötzlich, wie sie kam, waren sie wieder weg. Auf der anschließenden Party keine Spur von Esken, Walter-Borjans und Co.
Jon Klockow, Juso-Mitglied
»Ja, also wir sind hier, das Willy-Brandt-Haus hat keinen Keller. Von Versteckspiel kann eigentlich keine Rede sein.«
Aber wo feiert nun die Parteispitze?
Hanna Reichhardt, Stellvertretende Juso-Bundesvositzende
»Das kann ich Ihnen auch nicht sagen.«
Robin Fugmann, Juso-Mitglied
»Das ist eine gute Frage. Es ist manchmal ein bisschen schwierig mit dem Personenschutz, mit den BKA Leuten, die die Promis begleiten. Aber das stimmt. Bisschen mehr können sie ja schon rumlaufen.«
Für die Parteimitglieder: Kein Grund für Kummer.
Malte Behrmann, SPD-Mitglied
»Jetzt wird erst mal gefeiert. Wir waren vor sechs Monaten bei 14 Prozent. Das ist schon ein Unterschied. Und niemand wird behaupten können, dass die SPD nicht irre aufgeholt hat. Das ist schon mal eine Riesenparty wert.«
Malu Dreyer, Ministerpräsidentin Rheinland-Pfalz
»Ich bin total in Feierstimmung. Aber ich hab's immer. Ich mache es immer so, ich freue mich riesig, aber macht dann erst mal meine ganzen O-Tönen. Und am Ende trinke ich dann richtig mit den Kolleginnen und Kollegen. Also es ist ein wunderschöner Tag für die SPD heute.«
Doch nicht alle trauen den ersten Hochrechnungen des Abends.
Jana Pfenning, Juso-Mitglied
»Also, kommt drauf an, welche Prognose man glauben soll. Wenn's nach der ZDF-Prognose geht, dann ist es ein Siegesbier. Aber wenn es nach der ARD-Prognose geht, dann ist es ein: Wir warten nochmal ab Bier. Die SPD hat ja wirklich sehr stark zu kämpfen gehabt und ganz viele haben ihr schon den Charakter als Volkspartei abgesprochen. Insofern ist das heute einfach ein toller Tag für uns. Die SPD ist Volkspartei Partei, die SPD ist wieder da. Und deshalb ist es doppelt schön heute.«
Nicht unerheblich für den Erfolg war die Geschlossenheit der Partei. Doch was erwartet die Basis von den kommenden Gesprächen?
Jon Klockow, Juso-Mitglied
»Ich denke, die Ampelkoalition ist schon das, worauf wir hinarbeiten sollten. Natürlich, also inhaltlich Rot-Rot-Grün. Wenn man sich anschaut, wie viele Fragen im Wahl-O-Mat identisch beantwortet wurden, dann ist Rot-Rot-Grün die naheliegendste Koalition. Es reicht aber nicht. Dementsprechend müssen wir schauen, wo wir bleiben. Und ich denke, Rot-Grün wäre natürlich unser Traum gewesen, dafür reicht es naheliegenderweise auch nicht. Und dann müssen wir gucken, progressive Bündnisse finden. Und da sehe ich dann die FDP im Zweifel in der Verantwortung mit uns im Gespräch zu bleiben.«
Über mögliche Koalitionen will an diesem Abend nicht jeder sprechen. Denn:
Mattheus Berg, Juso-Mitglied
»Das ist Schnee von morgen.«
Ampel, Jamaika, Kenia für die meisten Parteimitglieder jetzt noch Zukunftsmusik. An diesem Abend wird gefeiert, auch ohne Parteiführung.
(27.09.2021)
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