Alexander Schmitt

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Aktiver Schmetterlingsschutz: UN-Auszeichnung für Stuttgarter Wildwiesenprojekt

Insektenforscher Lars Krogmann, BUND-Kartiererin Jutta Schneider-Rapp und Wilhelma-Direktor Thomas Kölpin auf einer der Schmetterlingswiesen Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Mehr Wildwiesen, weniger grüne Wüsten: Dafür setzen sich Wilhelma und BUND Stuttgart seit zehn Jahren ein. Für den Kampf für mehr Artenschutz und Artenvielfalt von Schmetterlingen gab es im Rahmen der UN-Dekade „Biologische Vielfalt“ eine Auszeichnung.

Bad Cannstatt - Bunte Inseln statt grüne Wüsten – unter diesem Motto arbeiten die Wilhelma und der BUND-Kreisverband Stuttgart zusammen. Der zoologisch-botanische Garten und der Umweltverband setzen sich seit zehn Jahren in einem Kooperationsprojekt für den Artenschutz und die Artenvielfalt der Faltertiere ein. Dafür haben sie im Rahmen der UN-Dekade „Biologische Vielfalt“ eine Auszeichnung erhalten.

Für Schmetterlinge der ideale Lebensraum

„Die Wiesen wirken wie eine bunte Visitenkarte für den Insektenschutz“, sagt Lars Krogmann, Insektenforscher des Staatlichen Museums für Naturkunde. Gemeint sind die 13 Wildwiesen in der Stadt, für die Wilhelma und BUND Stuttgart gemeinsam Verantwortung tragen. Die Pflege der insgesamt fast sechs Hektar großen Areale ist dabei wenig anspruchsvoll, denn sie sollen im Jahr höchstens zwei Mal gemäht werden. Diese Naturflächen sind für Schmetterlinge und andere Insekten aber der ideale Lebensraum. „Der Schwund der Vielfalt und vor allem der Anzahl an Insekten hat mittlerweile besorgniserregende Ausmaße angenommen. Es ist wichtig, dass Schmetterlinge gezielt unterstützt werden“, so Krogmann. Demnach bräuchte es eine „Bewusstseinsveränderung für mehr Artenschutz und Artenvielfalt“ in der Gesellschaft.

„Wir können in der ganzen Welt Arten retten, aber wir müssen auch hier vor Ort aktiv werden“, sagt Thomas Kölpin. „Nicht nur Nashorn und Gorilla sind bedroht, sondern auch den Insekten in unseren Breiten geht es schlecht. Und hier zeigen wir, wie erfolgreicher Naturschutz funktioniert“, fügt der Direktor der Wilhelma hinzu. Mit den Wildwiesen für Schmetterlinge und andere Insekten käme die Wilhelma laut Kölpin ihrem Auftrag nach, als Landeseinrichtung eine Vorbildfunktion einzunehmen.

„Auf den Wiesen summt und brummt es wieder“

„Als vor zehn Jahren der Startschuss für das Kooperationsprojekt fiel, wollten wir Lösungen anbieten und ganz konkret aufzeigen, wie naturnahe und insektenfreundliche Grünflächenpflege aussehen kann. Inzwischen gibt es 13 Schmetterlingswiesen in Stuttgart“, sagt Berthold Frieß, ehemaliger Landesgeschäftsführer des BUND Baden-Württemberg. „Die Zusammenarbeit zwischen der Parkpflege und den BUND-Ehrenamtlichen hat sich ausgezahlt. Auf den Wiesen summt und brummt es wieder“, so der Mitinitiator des Projekts.

Im Rahmen des Kooperationsprojekts kümmern sich die Wilhelma und der BUND um die Pflege und Kartierung der Wildwiesen in Stuttgart. Ehrenamtliche Kartierer des BUND gehen hierfür alle zwei Wochen im Sommerhalbjahr auf die Wiesen und beobachten und zählen die Schmetterlinge. „Wir laufen immer denselben Zickzack-Kurs durch die Wiese und schauen links und rechts nach Faltern“, sagt Jutta Schneider-Rapp. Die ehrenamtliche Kartiererin wünscht sich mehr Grün in der Stadt. „Möge uns dieser Preis dabei beflügeln“, so die BUND-Aktive.

41 032 Schmetterlinge bei 226 Kartierungsterminen in zehn Jahren

Der BUND Stuttgart kartiert derzeit unter anderem an der Grabkapelle, dem Schlossgarten, der Wilhelma, sowie an zwei Standorten in Vaihingen, aber auch an der Fläche der alten Meierei am Nordbahnhof und im Rosensteinpark. Das ist nicht immer einfach, so wie zum Beispiel am Polizeipräsidium an der Hahnemannstraße. Die Kartierungstermine müssen dort zwei Tage im Voraus angemeldet und darüber hinaus polizeiliche Führungszeugnisse vorgelegt werden. Neue Kartierungsflächen auf bereits bestehenden Wiesen, wie an der Villa Reitzenstein, sind laut BUND Stuttgart bereits in Entwicklung.

In den vergangenen zehn Jahren waren die Ehrenamtlichen des BUND an 226 Terminen unterwegs und haben dabei 41 032 Schmetterlinge gezählt. Insgesamt kamen so 52 verschiedene beobachtete Falterarten zusammen, davon 9 tagaktive Nachtfalter. Die am häufigsten gesichteten Schmetterlinge waren dabei der Hauhechelbläuling mit über 12.000 gezählten Exemplaren, der Kleine Kohlweißling und das Große Ochsenauge.

(21.09.2020)

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