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Kühne kündigt

"Für mich ist erst mal Schluss." So wird Klaus-Michael Kühne im "Handelsblatt" zitiert, der nach eigenen Angaben bislang 60 Millionen Euro in den HSV gesteckt hat.

"Für mich ist erst mal Schluss." So wird Klaus-Michael Kühne im "Handelsblatt" zitiert, der nach eigenen Angaben bislang 60 Millionen Euro in den HSV gesteckt hat. Mal wieder zur Unzeit, denn der Hamburger SV hat an diesem Mittwochabend (20.30 Uhr), am fünften Bundesliga-Spieltag, den Tabellenführer Borussia Dortmund zu Gast und muss dabei erneut auf einige Stammspieler verzichten.

In einem Interview mit dem „Handelsblatt" verkündete der 80-jährige Kühne, dass er dem HSV bis auf Weiteres kein Geld mehr zu Verfügung stellen wird. Vorstandsboss Heribert Bruchhagen reagierte jedoch gelassen.

„Für mich ist jetzt erst mal Schluss", sagte Klaus-Michael Kühne. Er hat keine Lust mehr, seinen Lieblingsverein mit Millionensummen aus der Patsche zu helfen. Nach eigenen Aussagen hat der Milliardär in den vergangenen Jahren „ungefähr 60 Millionen Euro" in den HSV gesteckt, wovon rund die Hälfte eine echte Beteiligung an der HSV Fußball AG sei. Weiteres Kapital werde es zunächst einmal nicht mehr geben. Die sportliche Rendite scheint auch in dieser Saison trotz des einigermaßen guten Saisonstarts auszubleiben. Mal sehen, wie lange Kühne dieses Mal sein Versprechen hält. Schon des Öfteren hatte er gedroht „seinem Verein" nicht mehr unter die Arme zu greifen.

Kühne verteidigte in dem Interview mit dem Wirtschaftsblatt auch seine Aussagen aus einem viel beachteten „Spiegel"-Interview, in dem er einzelne Spieler konkret kritisierte. „Ich habe immer nur gesagt, dass die Luschen immer am längsten im Verein hängen bleiben. Das stimmt leider auch", stellte Kühne erneut klar. Namentlich sprach er in diesem Interview unter anderem auch über Stürmer Pierre-Michel Lasogga, der zumindest aktuell nicht mehr im Kader der Hamburger steht. Lasogga wurde zum englischen Zweitligisten Leeds United ausgeliehen.

Gisdols Personalsorgen

Seit 2010 unterstützt der Hamburger Unternehmer (Kühne+Nagel), der in der Schweiz und auf Mallorca lebt, seinen HSV. Des Öfteren hatte er sich in der Vergangenheit in der Öffentlichkeit über den Klub geäußert und für reichlich Unruhe gesorgt. Immer wieder mussten die Verantwortlichen des Bundesliga-Dinos die Aussagen von Kühne erklären, verteidigen oder auch über sich ergehen lassen. Zu viel Geld zahlte Kühne dem HSV, als dass die Verantwortlichen ihm ordentlich hätten die Meinung geigen können. Zu abhängig war man vom Mäzen. Aber Kühne gestand auch ein, dass er „vielleicht das eine oder andere Mal besser geschwiegen hätte, aber er sei halt ein sehr offener Mensch, der gerne seine Meinung sagt".

Am Dienstag versuchten die Verantwortlichen des Vereins, diese Aussagen des Geldgebers mal wieder kleinzureden. „Dieses Interview ist von einem Wirtschaftsblatt geführt worden und hat sich in erster Linie mit professionellen Investitionen auseinandergesetzt", sagte HSV-Vorstandsboss Heribert Bruchhagen. „Der HSV ist ihm nach eigener Aussage eine Herzensangelegenheit. Von daher ist das eine Aussage, die sich nicht mit dem deckt, wie wir direkt mit ihm kommunizieren. Die Beziehung ist nicht belastet."

Aktuell ist der HSV nicht unbedingt auf das Geld des Investors angewiesen. Das Transferfenster öffnet erst wieder Anfang 2018. Dennoch lief in den vergangenen Jahren ohne die finanziellen Spritzen des Unternehmers nicht viel an der Elbe. Erst im März des kommenden Jahres steht dann das Lizenzierungsverfahren für die neue Spielzeit an. Erst dann müsste sich der HSV überlegen, ob er noch einmal Hilfe benötige. „Es kann ja ohne Weiteres sein, dass wir ihn gar nicht bitten. Es muss immer unser Ziel sein, autark zu sein," stellte Bruchhagen klar.

Markus Gisdol reagierte ebenfalls gelassen auf die Aussagen Kühnes. „Es wird immer viel geschrieben und es werden große Dinge daraus gemacht. Meine Konzentration liegt auf dem Sportlichen." Der HSV-Coach hat derzeit auch genug damit zu tun, sich um seine Mannschaft zu kümmern. Am Mittwoch gastiert mit Dortmund der Tabellenführer nach dem vierten Spieltag im Volkspark. Nach zwei Niederlagen in Folge ist beim HSV die aufkeimende Euphorie nach dem tollen Saisonstart schon wieder verflogen.

In der Offensive muss Gisdol auf die Stammspieler Müller (Kreuzbandriss), Hunt (Muskelfaserriss) und Kostic (Muskelfaserriss) verzichten. „Wir wissen, dass wir von der 1 bis zur 25 nicht gleichmäßig besetzt sind", gab Sportchef Jens Todt unumwunden zu. Am Ende der Transferperiode verteidigte er noch zusammen mit Bruchhagen den kleinen Kader. Aufgrund der Verletztenmisere mussten die Hamburger aber feststellen, dass sie die vielen Ausfälle nicht gleichwertig ersetzen können.

Ein bisschen Hoffnung macht in Hamburg die Rückkehr von Stürmer Bobby Wood, der in Hannover noch fehlte. „Wir haben gute Chancen, dass er einsatzfähig ist", sagte Gisdol. Ob Neuzugang Sejad Salihovic, der nach seiner Einwechslung gegen 96 eine gute Vorstellung zeigte, gegen den BVB in der Startelf stehen wird, ließ der Trainer offen. „Ich glaube, er wäre bereit", sagte Gisdol: „Aber wir werden sehen."

Erschienen im Weser-Kurier am 20.09.2017

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